14.03.2017

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung bei einer Schubladenkasse eines Friseurs

Ob der Steuerpflichtige als Inhaber eines Friseurgeschäfts mit dem besonderen Geschäftszweig "Haarverlängerung" von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung suspendiert ist, lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht eindeutig entnehmen. Die fehlende Abstimmung des Kassenbestandes ist nur unschädlich, wenn die in den Kassenbericht eingetragene Summe an Hand von aufbewahrten Kassenzetteln oder Bons nachvollziehbar ist.

FG Berlin-Brandenburg 13.2.2017, 7 V 7345/16
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller betreibt als Einzelunternehmer ein Friseurgeschäft, das einen wesentlichen Teil seiner Umsätze mit Haarverlängerungen erzielt. Dazu erteilten ihm die Kundinnen auch in den Streitjahren 2011 bis 2013 vorab schriftliche Aufträge, in denen für eine genauer vereinbarte Art und Zahl von Strähnen stets "glatte" Komplettpreise vereinbart wurden (zwischen 125,- € und 900,- €).

Seine Einkünfte ermittelte der Antragsteller durch Bestandsvergleich. Seine Ladeneinnahmen dokumentierte er durch handschriftliche Kassenberichte, in denen ein Anfangsbestand eingetragen wurde und sodann die Tageseinnahme. Von der danach berechneten Zwischensumme zog er die Geschäftsausgaben und als sonstige Ausgaben die mit Geldkarte bargeldlos beglichenen Umsätze sowie Bankeinzahlungen ab. Danach wurde der Endbestand ausgewiesen.

Nach einer Außenprüfung, die u.a. die Einkommensteuer 2011 bis 2013 umfasste, gelangte der Prüfer zu der Ansicht, dass die Kassenbuchführung nicht ordnungsmäßig sei. Es seien keine auf täglichen Auszählungen beruhenden Kassenberichte erstellt und vorgelegt worden. Die Kassenberichte in der Buchführung seien bloße Kassenbestandsrechnungen, worauf auch die hohen Kassenbestände (bis zu 9.375 €) hinweisen würden. Dies nahm der Prüfer zum Anlass, die Einnahmen aus den Haarverlängerungen nachzukalkulieren.

Infolgedessen änderte das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013, so dass Nachzahlungen i.H.v. 12.423 € für 2011, 15.030 € für 2012 und 16.594 € für 2013 angefordert wurden. Das FG gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide teilweise statt.

Die Gründe:
Die vom Antragsteller als Gewinnermittler nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG gem. § 146 Abs. 1 S. 2 AO zu führenden Kassenaufzeichnungen waren in den Streitjahren nicht ordnungsmäßig. Der Antragsteller war jedenfalls nach § 22 UStG grundsätzlich verpflichtet, seine Umsätze einzeln aufzuzeichnen. Allerdings ist anerkannt, dass diese Verpflichtung nicht besteht, wenn Betriebe Waren von geringerem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden. Ob der Antragsteller als Inhaber eines Friseurgeschäfts mit dem besonderen Geschäftszweig "Haarverlängerung" von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung suspendiert war, lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht eindeutig entnehmen.

Für die Fälle, in denen Waren von geringerem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Aufbewahrung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen nicht erforderlich ist, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird. Andererseits ist für eine allein auf einen täglichen Kassenbericht gestützte Kassenbuchführung erforderlich, dass Anfangs- und Endbestände abgestimmt und nicht nur rechnerisch fortgeführt werden. Der erkennende Senat versteht diese Rechtsprechung dahin gehend, dass der Kassenbestand täglich nach Geschäftsschluss ausgezählt werden muss. Die fehlende Abstimmung des Kassenbestandes ist nur unschädlich, wenn die in den Kassenbericht eingetragene Summe an Hand von aufbewahrten Kassenzetteln oder Bons nachvollziehbar ist.

Der Antragsteller hatte zwar tägliche Kassenberichte geführt, die jedoch nicht auf täglichen Auszählungen, sondern auf der Weiterberechnung der vom Vortag übernommenen Kassenbestände beruhten. Grundlage dieser Weiterberechnung waren handschriftlichen Aufzeichnungen auf DIN-A-4-Blättern, die keine Uraufzeichnungen darstellten, da sie nicht im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Vereinnahmung der dort aufgeführten Entgelte, sondern auf der Grundlage von losen, im Wesentlichen undatierten Notizzetteln erstellt worden waren. Unklar blieb, ob diese Notizzettel für sämtliche Öffnungstage des Streitzeitraums vorlagen. Der Umstand, dass der Prüfer nur den Kassenbericht und die DIN-A-4-Blätter beispielhaft dokumentiert hatte, sprach dagegen. Das Fehlen der Uraufzeichnungen führte dazu, dass die im Kassenbericht eingetragene Summe nicht anhand von aufbewahrten Kassenzetteln oder Bons nachvollziehbar war.

Allerdings hatte der Senat Bedenken gegen die vom Finanzamt vorgenommene Nachkalkulation. Die Vornahme einer eigenständigen Nachkalkulation ausgehend von den vorstehend geschilderten veränderten Kalkulationsgrundlagen übersteigt den Rahmen einer dem Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO angemessenen summarischen Prüfung. Infolgedessen wendet der Senat entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung wegen der erheblichen Bedeutung der Buchführungsmängel einen Unsicherheitszuschlag i.H.v. 10 % auf die erklärten Umsätze an.

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