01.09.2014

Anrufung des EuGH zur Klärung der Definition "finaler Verluste"

Das FG Köln hat den EuGH zur Vorabentscheidung angerufen, um die Definition "finaler Verluste" zu klären. Die Anrufung des EuGH war gem. Art. 267 Abs. 2 AEUV geboten, weil die Auslegung der Art. 43 und 48 des EGV, jetzt in Gestalt der Art. 49 und 54 des AEUV in der Fassung vom 30.3.2010 in entscheidungserheblicher Weise zweifelhaft ist.

FG Köln 19.2.2014, 13 K 3906/09
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine deutsche Kapitalgesellschaft. Sie gehört zu einer französischen Unternehmensgruppe und unterhielt ab Oktober 1997 eine Vertriebs-Betriebstätte in Österreich. Diese wurde Ende August 2005 entgeltlich auf eine Handels-GmbH in Österreich übertragen, die zu dem gleichen Konzern wie die Klägerin gehört. Gegenstand des Kaufvertrages war insbesondere das Inventar. Der Kundenstock wurde zu einem Preis von 1 € übertragen, da die Kunden bereits Kunden der erwerbenden Schwestergesellschaft waren.

Die Körperschaftsteuer 2005 wurde unter Berücksichtigung der Hinzurechnung i.H.v. 216.634 € auf 60.213 € festgesetzt. Dagegen wandte sich die Klägerin. In der Folgezeit stritt sie mit dem Finanzamt inhaltlich über die Berechtigung der Behörde, in den Jahren 1997 und 1998 nach § 2a Abs. 3 S. 1 u. 2 EStG a.F. bei der Besteuerung der Klägerin berücksichtigte Verluste aus ihrer österreichischen Betriebstätte nach § 2a Abs. 3 u. 4 i. V. m. § 52 Abs. 3 EStG 2005 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG wieder hinzuzurechnen, sowie außerdem über die Verpflichtung des Finanzamtes, Verluste der österreichischen Betriebstätte aus den Jahren 1999 bis 2004 im Hinblick auf die konzerninterne Veräußerung der Betriebstätte im Streitjahr 2005 zu berücksichtigen.

Das Finanzamt war der Ansicht, die Regelung in § 2a Abs. 3 EStG sei europarechtskonform, wie sich aus der EuGH-Entscheidung in der Sache Krankenheim Ruhesitz am Wannsee (Urt. v. 23.10.2008, C-157/07 - KR Wannsee) ergebe. Zwar würden in den Fällen des § 2a Abs. 4 EStG keine bereits erwirtschafteten Gewinne hinzugerechnet. Durch die Veräußerung der Betriebstätte würden jedoch ggf. später zu erzielende Gewinne der Nachversteuerung in Deutschland entzogen. Ohne die Nachversteuerung der abgezogenen Verluste zum Zeitpunkt der Veräußerung bestünde die Möglichkeit, eine Nachversteuerung z.B. durch Ansatz eines niedrigen Verkaufspreises oder andere Gestaltungen durch die Steuerpflichtigen zu umgehen. Zur Verhinderung einer doppelten Verlustnutzung sei die Hinzurechnung gerechtfertigt.

Das FG setzte das Verfahren aus und legte es dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Die Gründe:
Die Anrufung des EuGH war gem. Art. 267 Abs. 2 AEUV geboten, weil die Auslegung der Art. 43 und 48 des EGV, jetzt in Gestalt der Art. 49 und 54 des AEUV in der Fassung vom 30.3.2010 in entscheidungserheblicher Weise zweifelhaft ist.

Der Senat hat dem EuGH zunächst die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 49 AEUV (Art. 43 EGV) so zu verstehen ist, dass er einer Regelung wie § 52 Abs. 3 EStG entgegensteht, soweit Ursache der Hinzurechnung in Höhe zuvor steuermindernd berücksichtigter Verluste aus einer ausländischen Betriebstätte die Veräußerung dieser Betriebstätte an eine andere Kapitalgesellschaft, die zu dem gleichen Konzern wie die Veräußerin gehört, und nicht die Erzielung von Gewinnen ist?

Der Senat sieht die Frage der europarechtlichen Zulässigkeit der Hinzurechnung nach § 52 Abs. 3 i.V.m. § 2a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG trotz der Entscheidung KR Wannsee als nicht geklärt an. Der EuGH hat zwar im Zusammenhang mit dem Verfahren KR Wannsee das hier zur Entscheidung anstehende Regelungsprinzip des § 2a EStG, also die Hinzurechnung i.H.v. Betriebstättengewinnen im Hinblick auf zuvor - auf Antrag - bei der deutschen Besteuerung berücksichtigten Betriebstättenverluste grundsätzlich als europarechtskonform qualifiziert. Er nahm dabei eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit an, da die Rechtssituation bei einer Muttergesellschaft mit inländischer Betriebstätte günstiger sei als bei einer ausländischen Betriebstätte, hielt diese aber wegen der Kohärenz der Regelungen und der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten der Union (damals war Österreich noch nicht in der EU; Art. 31 EWR entsprach aber Art. 43 EGV) für gerechtfertigt.

Außerdem hat der Senat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Art. 49 AEUV (Art. 43 EGV) so zu verstehen ist, dass er einer Regelung wie Art. 23 Abs. 1a des DBA Deutschland/Österreich 2000, wonach von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer Einkünfte aus Österreich ausgenommen werden, wenn diese in Österreich besteuert werden dürfen, entgegensteht, wenn in einer österreichischen Betriebstätte einer deutschen Kapitalgesellschaft angefallene Verluste deshalb nicht mehr in Österreich berücksichtigt werden können, weil die Betriebstätte an eine österreichische Kapitalgesellschaft, die zu dem gleichen Konzern gehört wie die deutsche Kapitalgesellschaft, veräußert wird?

Die Klage kann daher nur dann Erfolg haben, wenn das DBA wegen Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit i.S.d. Art. 49 AEUV nicht angewendet werden darf. Der Senat hat aber erhebliche Zweifel, ob Art. 49 AEUV, wie von der Klägerin vertreten, der Anwendung des DBA 2000 tatsächlich entgegensteht.

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