Ansatzvoraussetzungen für eine Pensionsrückstellung; vGA
Kurzbesprechung
BFH v. 28.2.2024 - I R 29/21
EStG § 6a Abs 1 Nr. 3
KStG § 8 Abs 3 S 2
Streitig war die einkommenserhöhende Auflösung von Pensionsrückstellungen und den Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA).
1. Pensionsrückstellung
Pensionszusagen sind anhand der allgemein geltenden Auslegungsregeln auszulegen, soweit ihr Inhalt nicht bereits klar und eindeutig feststeht. Erforderlich ist, dass sich der Inhalt der Zusage zweifelsfrei feststellen lässt, wobei allenfalls bei der Auslegung die Wortlautgrenze von ausdrücklich angeführten Regelungsinhalten zu beachten ist.
Zweck dieser formalen Voraussetzung der Rückstellungsbildung ist die Beweissicherung. Es soll vermieden werden, dass über den Umfang der Pensionszusage, insbesondere über die für die Bemessung wesentlichen Faktoren (z.B. Zusagezeitpunkt, Leistungsvoraussetzungen, Widerrufsvorbehalte) Unklarheiten bestehen oder später Streit entsteht.
Im Streitfall war das FG zutreffend von einer steuerschädlichen Uneindeutigkeit der Pensionszusage hinsichtlich der Zusage einer Altersversorgung der Begünstigten (vorzeitiger Bezug) ausgegangen. Der Wortlaut der Regelung ("Sie haben auch die Möglichkeit, zu einem früheren oder einem späteren Zeitpunkt als der Vollendung des 65. Lebensjahres bei Ausscheiden aus der Firma eine Altersrente gemäß Punkt A-1. zu beziehen.") kann in dem Sinne verstanden werden, dass unmittelbar mit dem Ausscheiden der tatsächliche Rentenbezug einsetzen muss. Für diese Auslegung spricht insbesondere der Wortlaut der Zusage, wonach die Möglichkeit besteht, "zu einem früheren Zeitpunkt ... bei Ausscheiden ... eine Rente zu beziehen". Diese Formulierung legt ein Verständnis in dem Sinne nahe, dass der Rentenbeginn mit dem Ausscheiden aus der Firma zusammenfällt; denn es ist nicht formuliert, dass die Möglichkeit besteht, "zu einem früheren Zeitpunkt ...nach Ausscheiden ... eine Rente zu beziehen". Auch der Umstand, dass sich im Normalfall, das heißt bei einem Ausscheiden mit dem 65. Lebensjahr, unmittelbar der Rentenbezug anschließt, spricht nach für eine derartige Verknüpfung. Dass mit der Vorverlegung des Zeitpunktes "65. Lebensjahr" auch die Verknüpfung zwischen Ausscheiden und unmittelbarem Rentenbezug aufgelöst werden sollte, ist jedenfalls aus der Pensionszusage nicht unmittelbar erkennbar.
Die Pensionszusage könnte aber auch in einem anderen Sinne verstanden werden. Nach dem Wortlaut der Regelung ist der vorzeitige Bezug der Rente nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Dies könnte auch in dem Sinne verstanden werden, dass zuvor lediglich auf das Ausscheiden vor Vollendung des 65. Lebensjahres abgestellt wird, ohne dass dieses frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres erfolgt, der Begünstigte die Altersrente aber erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erhält.
Das FG hatte schließlich auch die weitere vertragliche Bestimmung zum Rentenbeginn, wonach der vorzeitige Bezug der Rente entsprechend den Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich sei, als unklar gewürdigt. Allerdings hatte das FG die Rechtsfolgen dieser Uneindeutigkeit der Pensionszusage nicht zutreffend bestimmt.
Die Begriffe "wenn und soweit" in § 6a Abs. 1 EStG haben in der Gesetzessprache eine gängige Bedeutung. Die Konjunktion "soweit" wird verwendet, wenn die Bedingung einen Spielraum eröffnen soll, die Rechtsfolge damit nur in dem durch die Regelung festgelegten Umfang gelten soll, während das "wenn" eine uneingeschränkte oder absolute Bedingung kennzeichnet, die die Rechtsfolge ganz ausschließt oder ganz zulässt Rechtsfolge des § 6a EStG ist der (zulässige) Ansatz einer Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz. Mit der Formulierung "wenn und soweit" wird demnach der Ansatz der Rückstellung nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach ("Umfang") angeordnet. Neben der steuerlichen Nichtanerkennung und der steuerlichen (Voll-)Anerkennung kann es folglich auch zu einer steuerlichen Teil-Anerkennung von Pensionszusagen kommen. Auch ist "innerhalb" eines bestimmten Leistungsversprechens eine Teilbarkeit vorstellbar und mit dem Wortlaut des Gesetzes zu vereinbaren.
Im Streitfall war daher eine Pensionsrückstellung für die Altersrentenzusage dem Grunde nach zu bilden und der Höhe nach auf der Grundlage eines Pensionsalters von 65 Jahren zu ermitteln. Denn insoweit ist eine Eindeutigkeit der Pensionszusage gegeben, die nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass die Voraussetzungen für einen vorgezogenen Rentenbezug "unklar" (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) geregelt sind.
2. Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)
Die in den Streitjahren 2011 und 2012 von der Steuerpflichtigen geleisteten Rentenzahlungen an die beherrschenden Gesellschafter Z und Y hatte das FG zu Recht als vGA im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG qualifiziert. Die Zahlungen sind jedenfalls deshalb als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen, weil die den Zahlungen zugrunde liegenden Vereinbarungen dem sogenannten formellen Fremdvergleich nicht genügen.
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn es für die Leistung der Kapitalgesellschaft an einer klaren und eindeutigen, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (formeller Fremdvergleich). In diesen Fällen indiziert das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft und ihres Gesellschafters oder der diesem nahestehenden Person die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis.
Im Streitfall waren die Pensionszusagen zugunsten von Z und Y im Hinblick auf die Voraussetzungen für einen vorzeitigen Altersrentenbezug indes nicht eindeutig. Deshalb ist unklar, ob Rentenzahlungen vor Erreichen des 65. Lebensjahres überhaupt beansprucht werden konnten oder nicht. Es spricht nichts dafür, dass sich die Anforderung, die § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG an die Eindeutigkeit einer Leistungszusage stellt, von dem Eindeutigkeitserfordernis im Rahmen des formellen Fremdvergleichs unterscheiden könnte. Die tatsächlich vorgenommenen Rentenzahlungen auf der Grundlage einer unklaren Vereinbarung waren nicht fremdüblich; dies indiziert die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis.
Da das FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung keine tatsächlichen Feststellungen zur Bemessung der zu bildenden Rückstellung getroffen hate, verwies der BFH den Streitfall an die Vorinstanz zur weiteren Sachverhaltsermittlung und erneuten Entscheidung zurück.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 6a Abs 1 Nr. 3
KStG § 8 Abs 3 S 2
Streitig war die einkommenserhöhende Auflösung von Pensionsrückstellungen und den Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA).
1. Pensionsrückstellung
Pensionszusagen sind anhand der allgemein geltenden Auslegungsregeln auszulegen, soweit ihr Inhalt nicht bereits klar und eindeutig feststeht. Erforderlich ist, dass sich der Inhalt der Zusage zweifelsfrei feststellen lässt, wobei allenfalls bei der Auslegung die Wortlautgrenze von ausdrücklich angeführten Regelungsinhalten zu beachten ist.
Zweck dieser formalen Voraussetzung der Rückstellungsbildung ist die Beweissicherung. Es soll vermieden werden, dass über den Umfang der Pensionszusage, insbesondere über die für die Bemessung wesentlichen Faktoren (z.B. Zusagezeitpunkt, Leistungsvoraussetzungen, Widerrufsvorbehalte) Unklarheiten bestehen oder später Streit entsteht.
Im Streitfall war das FG zutreffend von einer steuerschädlichen Uneindeutigkeit der Pensionszusage hinsichtlich der Zusage einer Altersversorgung der Begünstigten (vorzeitiger Bezug) ausgegangen. Der Wortlaut der Regelung ("Sie haben auch die Möglichkeit, zu einem früheren oder einem späteren Zeitpunkt als der Vollendung des 65. Lebensjahres bei Ausscheiden aus der Firma eine Altersrente gemäß Punkt A-1. zu beziehen.") kann in dem Sinne verstanden werden, dass unmittelbar mit dem Ausscheiden der tatsächliche Rentenbezug einsetzen muss. Für diese Auslegung spricht insbesondere der Wortlaut der Zusage, wonach die Möglichkeit besteht, "zu einem früheren Zeitpunkt ... bei Ausscheiden ... eine Rente zu beziehen". Diese Formulierung legt ein Verständnis in dem Sinne nahe, dass der Rentenbeginn mit dem Ausscheiden aus der Firma zusammenfällt; denn es ist nicht formuliert, dass die Möglichkeit besteht, "zu einem früheren Zeitpunkt ...nach Ausscheiden ... eine Rente zu beziehen". Auch der Umstand, dass sich im Normalfall, das heißt bei einem Ausscheiden mit dem 65. Lebensjahr, unmittelbar der Rentenbezug anschließt, spricht nach für eine derartige Verknüpfung. Dass mit der Vorverlegung des Zeitpunktes "65. Lebensjahr" auch die Verknüpfung zwischen Ausscheiden und unmittelbarem Rentenbezug aufgelöst werden sollte, ist jedenfalls aus der Pensionszusage nicht unmittelbar erkennbar.
Die Pensionszusage könnte aber auch in einem anderen Sinne verstanden werden. Nach dem Wortlaut der Regelung ist der vorzeitige Bezug der Rente nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Dies könnte auch in dem Sinne verstanden werden, dass zuvor lediglich auf das Ausscheiden vor Vollendung des 65. Lebensjahres abgestellt wird, ohne dass dieses frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres erfolgt, der Begünstigte die Altersrente aber erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erhält.
Das FG hatte schließlich auch die weitere vertragliche Bestimmung zum Rentenbeginn, wonach der vorzeitige Bezug der Rente entsprechend den Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich sei, als unklar gewürdigt. Allerdings hatte das FG die Rechtsfolgen dieser Uneindeutigkeit der Pensionszusage nicht zutreffend bestimmt.
Die Begriffe "wenn und soweit" in § 6a Abs. 1 EStG haben in der Gesetzessprache eine gängige Bedeutung. Die Konjunktion "soweit" wird verwendet, wenn die Bedingung einen Spielraum eröffnen soll, die Rechtsfolge damit nur in dem durch die Regelung festgelegten Umfang gelten soll, während das "wenn" eine uneingeschränkte oder absolute Bedingung kennzeichnet, die die Rechtsfolge ganz ausschließt oder ganz zulässt Rechtsfolge des § 6a EStG ist der (zulässige) Ansatz einer Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz. Mit der Formulierung "wenn und soweit" wird demnach der Ansatz der Rückstellung nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach ("Umfang") angeordnet. Neben der steuerlichen Nichtanerkennung und der steuerlichen (Voll-)Anerkennung kann es folglich auch zu einer steuerlichen Teil-Anerkennung von Pensionszusagen kommen. Auch ist "innerhalb" eines bestimmten Leistungsversprechens eine Teilbarkeit vorstellbar und mit dem Wortlaut des Gesetzes zu vereinbaren.
Im Streitfall war daher eine Pensionsrückstellung für die Altersrentenzusage dem Grunde nach zu bilden und der Höhe nach auf der Grundlage eines Pensionsalters von 65 Jahren zu ermitteln. Denn insoweit ist eine Eindeutigkeit der Pensionszusage gegeben, die nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass die Voraussetzungen für einen vorgezogenen Rentenbezug "unklar" (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) geregelt sind.
2. Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)
Die in den Streitjahren 2011 und 2012 von der Steuerpflichtigen geleisteten Rentenzahlungen an die beherrschenden Gesellschafter Z und Y hatte das FG zu Recht als vGA im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG qualifiziert. Die Zahlungen sind jedenfalls deshalb als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen, weil die den Zahlungen zugrunde liegenden Vereinbarungen dem sogenannten formellen Fremdvergleich nicht genügen.
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn es für die Leistung der Kapitalgesellschaft an einer klaren und eindeutigen, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (formeller Fremdvergleich). In diesen Fällen indiziert das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft und ihres Gesellschafters oder der diesem nahestehenden Person die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis.
Im Streitfall waren die Pensionszusagen zugunsten von Z und Y im Hinblick auf die Voraussetzungen für einen vorzeitigen Altersrentenbezug indes nicht eindeutig. Deshalb ist unklar, ob Rentenzahlungen vor Erreichen des 65. Lebensjahres überhaupt beansprucht werden konnten oder nicht. Es spricht nichts dafür, dass sich die Anforderung, die § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG an die Eindeutigkeit einer Leistungszusage stellt, von dem Eindeutigkeitserfordernis im Rahmen des formellen Fremdvergleichs unterscheiden könnte. Die tatsächlich vorgenommenen Rentenzahlungen auf der Grundlage einer unklaren Vereinbarung waren nicht fremdüblich; dies indiziert die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis.
Da das FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung keine tatsächlichen Feststellungen zur Bemessung der zu bildenden Rückstellung getroffen hate, verwies der BFH den Streitfall an die Vorinstanz zur weiteren Sachverhaltsermittlung und erneuten Entscheidung zurück.