Anspruch auf Unterlassung von Negativbemerkung auf Internetplattform kann vermögensrechtliche Streitigkeit sein
OLG Dresden v. 5.1.2024 - 4 W 797/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt eine Immobilienagentur. Im Ausgangsverfahren nahm sie die Beklagte als mittelbare Störerin wegen einer auf der von dieser betriebenen Plattform "Google Maps" abgegebenen Bewertung eines "Herrn B." in Anspruch. Nachdem die Beklagte diese Bewertung gelöscht hatte, erlegte ihr das LG die Kosten des Rechtsstreits auf und setzte den Streitwert auf 7500 € fest. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie eine Heraufsetzung des Streitwerts auf 10.000 € begehrt.
Das LG half der Beschwerde nicht ab. Die Beklagte hatte im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. Auf die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin änderte das OLG den Streitwertbeschluss des LG ab und setzte den Streitwert auf 10.000 € fest.
Die Gründe:
Die Bemessung des Streitwerts richtet sich vorliegend nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Denn es handelt sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit.
Vermögensrechtlich ist jeder Anspruch, der entweder auf einer vermögensrechtlichen Beziehung beruht oder im Wesentlichen wirtschaftlichen Interessen dienen soll. Unterlassungsansprüche können dann vermögensrechtlich sein, wenn sie allein oder maßgeblich aus wirtschaftlichen Gründen verfolgt werden. Grundsätzlich ist zwar der mit einem Unterlassungsanspruch verfolgte Ehrenanspruch und der soziale Geltungsanspruch auch des selbständigen Unternehmers nichtvermögensrechtlich, sofern das Rechtsschutzbegehren nicht wesentlich auch wirtschaftlichen Belangen dient, etwa wenn es in erster Linie um das berufliche Ansehen geht. Dieser Gesichtspunkt steht bei der Klägerin, einer selbständigen Immobilienagentur, jedoch ersichtlich nicht im Vordergrund. Maßgeblich wird der Anspruch vielmehr mit der Wahrung ihrer wirtschaftlichen Belange begründet, auch wenn sie sich in der Klageschrift auf die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts beruft.
Schon im Ausgangspunkt der Bemessung ist daher nicht von den Auffangstreitwerten der § 52 Abs. 2 GKG, 23 Abs. 3 Satz 2 RVG auszugehen, die nur für eine Bemessung nach § 48 Abs. 2 GKG herangezogen werden können. Auch bei einer vermögensrechtlichen Streitigkeit hat sich aber die Bemessung an konkreten Anhaltspunkten zu orientieren, die eine Schätzung des Interesses unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nach § 3 ZPO erlauben. Derartige Anhaltspunkte können sich aus Umsatzzahlen- oder Erwartungen, dem tatsächlichen oder potentiellen Verbreitungsgrad der Äußerung oder der Wahrscheinlichkeit ergeben, dass die konkrete Bewertung zu negativen Auswirkungen auf die geschäftliche Tätigkeit führen kann. Auch das geschäftliche Umfeld sowie Inhalt und Umfang der beanstandeten Bewertung sind hier einzubeziehen.
Vorliegend hat die Klägerin zwar lediglich pauschal behauptet, dass sie "im höchsten Maße auch durch Onlinebewertungen Kunden gewinnt oder verliert", hat aber zugleich darauf hingewiesen, dass die Beklagte "in Deutschland laut Statistiken zum Jahr 2022 über einen Marktanteil von 80,82% im Bereich Desktop, 95,68% im Bereich Mobile und 90,23% im Bereich Tablet [verfügt]". Hieraus ergibt sich eine erhebliche Reichweite der über ihr Bewertungsportal verbreiteten Beiträge. Angesichts der beschränkten Anzahl von Marktteilnehmern im Immobilienbereich in Plauen ist andererseits davon auszugehen, dass bereits einzelne negative Bewertungen die Marktchancen einzelner Vermittlungsagenturen empfindlich beeinträchtigen können. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die konkrete Bewertung einen umfangreichen Textteil aufweist, der einen vorausgegangenen Kontakt mit der Klägerin nahelegt und mit der Bewertung der Klägerin als "dreiste Karikatur einer Hausverwaltung" auch eine drastische Abwertung enthält.
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Die Klägerin betreibt eine Immobilienagentur. Im Ausgangsverfahren nahm sie die Beklagte als mittelbare Störerin wegen einer auf der von dieser betriebenen Plattform "Google Maps" abgegebenen Bewertung eines "Herrn B." in Anspruch. Nachdem die Beklagte diese Bewertung gelöscht hatte, erlegte ihr das LG die Kosten des Rechtsstreits auf und setzte den Streitwert auf 7500 € fest. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie eine Heraufsetzung des Streitwerts auf 10.000 € begehrt.
Das LG half der Beschwerde nicht ab. Die Beklagte hatte im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. Auf die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin änderte das OLG den Streitwertbeschluss des LG ab und setzte den Streitwert auf 10.000 € fest.
Die Gründe:
Die Bemessung des Streitwerts richtet sich vorliegend nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Denn es handelt sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit.
Vermögensrechtlich ist jeder Anspruch, der entweder auf einer vermögensrechtlichen Beziehung beruht oder im Wesentlichen wirtschaftlichen Interessen dienen soll. Unterlassungsansprüche können dann vermögensrechtlich sein, wenn sie allein oder maßgeblich aus wirtschaftlichen Gründen verfolgt werden. Grundsätzlich ist zwar der mit einem Unterlassungsanspruch verfolgte Ehrenanspruch und der soziale Geltungsanspruch auch des selbständigen Unternehmers nichtvermögensrechtlich, sofern das Rechtsschutzbegehren nicht wesentlich auch wirtschaftlichen Belangen dient, etwa wenn es in erster Linie um das berufliche Ansehen geht. Dieser Gesichtspunkt steht bei der Klägerin, einer selbständigen Immobilienagentur, jedoch ersichtlich nicht im Vordergrund. Maßgeblich wird der Anspruch vielmehr mit der Wahrung ihrer wirtschaftlichen Belange begründet, auch wenn sie sich in der Klageschrift auf die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts beruft.
Schon im Ausgangspunkt der Bemessung ist daher nicht von den Auffangstreitwerten der § 52 Abs. 2 GKG, 23 Abs. 3 Satz 2 RVG auszugehen, die nur für eine Bemessung nach § 48 Abs. 2 GKG herangezogen werden können. Auch bei einer vermögensrechtlichen Streitigkeit hat sich aber die Bemessung an konkreten Anhaltspunkten zu orientieren, die eine Schätzung des Interesses unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nach § 3 ZPO erlauben. Derartige Anhaltspunkte können sich aus Umsatzzahlen- oder Erwartungen, dem tatsächlichen oder potentiellen Verbreitungsgrad der Äußerung oder der Wahrscheinlichkeit ergeben, dass die konkrete Bewertung zu negativen Auswirkungen auf die geschäftliche Tätigkeit führen kann. Auch das geschäftliche Umfeld sowie Inhalt und Umfang der beanstandeten Bewertung sind hier einzubeziehen.
Vorliegend hat die Klägerin zwar lediglich pauschal behauptet, dass sie "im höchsten Maße auch durch Onlinebewertungen Kunden gewinnt oder verliert", hat aber zugleich darauf hingewiesen, dass die Beklagte "in Deutschland laut Statistiken zum Jahr 2022 über einen Marktanteil von 80,82% im Bereich Desktop, 95,68% im Bereich Mobile und 90,23% im Bereich Tablet [verfügt]". Hieraus ergibt sich eine erhebliche Reichweite der über ihr Bewertungsportal verbreiteten Beiträge. Angesichts der beschränkten Anzahl von Marktteilnehmern im Immobilienbereich in Plauen ist andererseits davon auszugehen, dass bereits einzelne negative Bewertungen die Marktchancen einzelner Vermittlungsagenturen empfindlich beeinträchtigen können. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die konkrete Bewertung einen umfangreichen Textteil aufweist, der einen vorausgegangenen Kontakt mit der Klägerin nahelegt und mit der Bewertung der Klägerin als "dreiste Karikatur einer Hausverwaltung" auch eine drastische Abwertung enthält.
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