Antrag auf schlichte Änderung einer Einspruchsentscheidung
FG Düsseldorf 3.11.2016, 11 K 2694/13 EDie Beteiligten hatten ursprünglich um die Einkünfteerzielungsabsicht zur Vermietung eines Zweifamilienhauses der Kläger gestritten. Das Finanzamt wies die Einsprüche gegen die Ablehnung des Antrags auf schlichte Änderung des Einkommensteuerbescheids 2009 und 2010 am 28.6.2013, dahingehend, die Einkommensteuer 2009 unter Berücksichtigung von Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 8/12 von 9.863 € festzusetzen, als unbegründet zurück. Schließlich seien seit 2005 keine Mieteinnahmen erklärt worden, erst am 5.1.2007 sei ein Makler beauftragt worden und es lägen lediglich drei Mietabsichtserklärungen aus dem Jahr 2009 vor. Es fehle daher an ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsbemühungen.
Auch die ab 2012 erfolgte Vermietung an den Bruder und dessen Lebensgefährtin lasse rückwirkend keine Vermietungsabsicht für die Streitjahre 2009 und 2010 erkennen, weil auch hier die Umstände wegen des bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses, der Mietzahlungen in einer Summe für die Monate Mai bis Juli 2012 und der Zeitpunkt der Anmeldung bei der Stadt am 17.10.2012 rückwirkend zum 1.4.2012, obwohl der Einzug erst am 1.5.2012 erfolgt sein solle, zweifelhaft seien. Das Grundstück sei offenbar unentgeltlich überlassen worden.
Die Kläger haben durch Schreiben vom 30.7.2013 Klage erhoben. So habe sich spätestens im April 2009 aufgrund der ausbleibenden Kaufpreiszahlung durch einen vermeintlichen Käufer abgezeichnet, dass der Grundstücksverkauf scheitern würde. Der Kläger habe daher seine Vermietungsbemühungen wieder aufgenommen. Überdies behaupteten sie, dass der Kläger wegen der Schwierigkeiten bei der Vermietung aufgrund des schlechten Wohnungszustandes ab dem Jahr 2009 versucht habe, an anspruchslosere Mieter zu vermieten. Leider habe es sich dabei immer um Mietnomaden gehandelt, die die vereinbarte Miete nicht zahlten, Strom und Wasser verbraucht und sich auch bei den Versorgungsunternehmen nicht angemeldet hätten. Die seinerzeit abgeschlossenen Mietverträge seien beim Kläger nach einem Umzug nicht mehr auffindbar.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die schlichte Änderung der Steuerfestsetzung für 2009 war entgegen der Ansicht des Beklagten gem. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a AO möglich.
Danach darf ein Steuerbescheid geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zu Gunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft. S. 2 der Vorschrift stellt klar, dass eine Änderung auch nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung möglich ist. § 172 Abs. 1 S. 3 AO bestimmt weiter, dass eine Änderung ebenfalls möglich ist, wenn der Steuerpflichtige noch vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; lediglich Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 AO in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht mehr berücksichtigt werden.
Der BFH hat hierzu entschieden, dass eine Einspruchsentscheidung nach dem Gesetzeszweck grundsätzlich eine abschließende Entscheidung des Finanzamtes darstellt, so dass Tat- und Rechtsfragen, über die in der Einspruchsentscheidung bereits entschieden wurde, regelmäßig nicht wegen eines Antrags auf Änderungsfestsetzung nach § 172 AO erneut zu prüfen sind. Dies gilt aber nur dann, wenn ein solcher Antrag einen zweiten Rechtsweg zur sachlichen Überprüfung der im Einspruchsverfahren vorgebrachten Streitpunkte eröffnen soll (BFH v. 5.2.2010, Az.: VIII B 139/08).
Im vorliegenden Fall hatten die Kläger mit ihrem schlichten Änderungsantrag keinen zweiten Rechtsweg zur Prüfung eines in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ausdiskutierten Sachverhaltes erlangt, weil die nunmehr geltend gemachte Vermietungsabsicht im Rahmen der Einspruchsentscheidung weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht geprüft worden war. Im Übrigen ergibt sich im Umkehrschluss aus § 364b AO, dass ein neuer Tatsachenvortrag, der keiner Ausschlussfrist unterfällt, im Rahmen eines Antrags auf schlichte Änderung zu berücksichtigen ist. Insofern ist ein möglicherweise im Rahmen des § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a AO maßgebendes Ermessen des FA auf Null reduziert, d.h. bei Vorliegen der sachlichen Änderungsvoraussetzungen ist das Finanzamt zur Durchführung der Änderung verpflichtet, sofern den Steuerpflichtigen kein grob schuldhaftes, verspätetes Einreichen von Unterlagen vorgeworfen werden kann.
Da die Frage, ob bzw. inwieweit eine Prüfung im Einspruchsverfahren einen schlichten Änderungsantrag innerhalb der Klagefrist ausschließt, grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO hat, wurde die Revision zum BFH zugelassen.
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