15.08.2013

Anwaltskosten für familiengerichtliche Unterhaltsverfahren sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig

Nach der nunmehr vom BFH vertretenen Auffassung ergibt sich die rechtliche Zwangsläufigkeit der für die Durchführung eines Zivilprozesses entstandenen Kosten unabhängig vom Gegenstand des Verfahrens aus dem staatlichen Gewaltmonopol und der daraus folgenden Notwendigkeit für den Steuerpflichtigen, streitige Ansprüche gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren. Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastungen ist jedoch, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat.

FG Köln 26.6.2013, 7 K 2700/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger machte gegenüber dem Finanzamt Anwaltskosten, die ihm im Zusammenhang mit der gerichtlichen Festsetzung des Unterhalts für sein uneheliches Kind und dessen Mutter entstanden waren, als außergewöhnliche Belastungen geltend. Die Mutter des Kindes hatte eine Abänderung der bisher in den vollstreckbaren Urkunden (Jugendamtsurkunde und notarielles Schuldanerkenntnis) festgesetzten Unterhaltsbeträge durch das Familiengericht begehrt. Das Verfahren endete mit einem Prozessvergleich. Der Anwalt rechnete ausschließlich gesetzliche Anwaltsgebühren nach dem RVG ab. Vom RVG abweichende Vergütungsvereinbarungen nach § 3a RVG, die über die gesetzlichen Rahmengebühren hinausgehen, wurden nicht berechnet.

Das Finanzamt verweigerte im Einkommensteuerbescheid für 2011 die steuerliche Berücksichtigung der Anwaltskosten. In den Erläuterungen des Steuerbescheids wies es insoweit darauf hin, dass die Kosten eines Zivilprozesses den Steuerpflichtigen in aller Regel nicht zwangsläufig träfen und daher keine außergewöhnlichen Belastungen seien. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf unterschiedliche Entscheidungen zum Abzug von Prozesskosten die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die im Rahmen des familiengerichtlichen Unterhaltsstreits im Streitjahr entstandenen Anwaltskosten stellten in vollem Umfang außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG dar.

Die Kosten eines Zivilprozesses wurden bis zum Ergehen der Grundsatzentscheidung des BFH vom 12.5.2011 (Az.: VI R 42/10) lediglich in besonders gelagerten Fällen als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die erforderliche Zwangsläufigkeit der Kosten wurde nur dann bejaht, wenn die Durchführung eines Gerichtsverfahrens prozessrechtlich der einzige Weg war, das Klageziel zu erreichen. Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats im Hinblick auf die o.g. Grundsatzentscheidung jedoch überholt. Der BFH hat mit diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung geändert.

Nach der nunmehr vom BFH vertretenen Auffassung ergibt sich die rechtliche Zwangsläufigkeit der für die Durchführung eines Zivilprozesses entstandenen Kosten unabhängig vom Gegenstand des Verfahrens aus dem staatlichen Gewaltmonopol und der daraus folgenden Notwendigkeit für den Steuerpflichtigen, streitige Ansprüche gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren. Die für die Anerkennung außergewöhnlicher Belastungen erforderliche Unausweichlichkeit liegt für den Steuerpflichtigen bereits darin, dass er - will er sein Recht durchsetzen - im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten muss. Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastungen ist jedoch, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Demgemäß sind Zivilprozesskosten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot.

Der Kläger hatte die ursprünglich vereinbarten Unterhaltsleistungen regelmäßig erbracht. Die Mutter des gemeinsamen Kindes begehrte eine Abänderung der bisher in den vollstreckbaren Urkunden festgesetzten Unterhaltsbeträge. Der Kläger konnte sich dem Verfahren nicht entziehen. Dass Anlass für eine Rechtsverteidigung bestand und der Kläger auch keinen Grund hatte, die geforderten Mehrbeträge einfach zu akzeptieren, ergab sich schon daraus, dass er sich mit der Kindesmutter im Rahmen eines Prozessvergleichs einvernehmlich geeinigt hat. Dass der Kläger den Vergleich in der Hauptsache durch ein unter objektiven Gesichtspunkten nicht gerechtfertigtes Zugeständnis bei der Kostenverteilung erreicht hatte, die Kostenaufhebung mithin nicht der zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bestehenden Sach- und Rechtslage entsprach und damit möglicherweise nicht unausweichlich war, war nicht ersichtlich.

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