Anwendung der DSGVO im Bereich der Steuerverwaltung
KurzbesprechungEUV 2016/679 Art 15 Abs 1, 2016/679 Art 15 Abs 3 S 1, 2016/679 Art 12 Abs 5 S 2, 2016/679 Art 2 Abs 2 Buchst a
AEUV Art 267 Abs 3
AO § 32i
FGO § 40 Abs 1 Alt 2, § 40 Abs 1 Alt 3
Streitig war, inwiefern aus Art. 15 Abs. 3 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ein Anspruch auf Zurverfügungstellung von (elektronischen) Kopien von Steuerakten mit personenbezogenen Daten besteht. Der BFH hat hierzu folgende Grundsätze aufgestellt:
- Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Finanzverwaltung unterfällt dem Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Auf eine Differenzierung nach der Art der Aktenführung, der Art der Dokumente oder der Form der Bearbeitung kommt es nicht an.
- Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO beschränkt die Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung nicht auf den Bereich der harmonisierten Steuern.
- Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO gewährt keinen gegenüber Art. 15 Abs. 1 DSGVO eigenständigen Anspruch gegenüber dem Verantwortlichen auf Zurverfügungstellung von Dokumenten mit personenbezogenen Daten.
- Nur wenn eine Kopie von Dokumenten unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung der ihr durch die Datenschutz-Grundverordnung verliehenen Rechte zu ermöglichen, besteht nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO ein Anspruch darauf, eine Kopie von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken, die unter anderem diese Daten enthalten, zur Verfügung gestellt zu bekommen.
- Ein Ausschluss des Auskunftsrechts nach Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO kommt nur in Betracht, wenn sich der Verantwortliche hierauf beruft und darlegt, dass ein offenkundig unbegründeter oder exzessiver Antrag vorliegt.
Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall an das FG zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurück. Das FG muss nun prüfen, inwiefern der Steuerpflichtige der ihm obliegenden Darlegungslast nachgekommen ist und die Zurverfügungstellung von (elektronischen) Kopien der Akten des FA zur wirksamen Ausübung seiner ihm nach der Datenschutz-Grundverordnung zustehenden Rechte unerlässlich ist.
Hierbei wird das FG die Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen haben, dass sich die Wiedergabe von Auszügen aus Dokumenten oder von ganzen Dokumenten als unerlässlich erweisen kann, wenn diese in ihrem Zusammenhang dargestellt werden müssen, um ihre Verständlichkeit zu gewährleisten. Insbesondere wenn personenbezogene Daten aus anderen Daten generiert werden oder wenn sie auf freien Feldern beruhen, das heißt einer fehlenden Angabe, aus der eine Information über die betroffene Person hervorgeht, ist der Kontext, in dem diese Daten Gegenstand der Verarbeitung sind, unerlässlich, damit die betroffene Person eine transparente Auskunft und eine verständliche Darstellung dieser Daten erhalten kann.
Das FG muss zudem im zweiten Rechtsgang Feststellungen nachholen, inwiefern das FA der ihm nach Art. 12 Abs. 5 Satz 3 DSGVO obliegenden Nachweispflicht nachgekommen ist und ein offenkundig unbegründeter oder exzessiver Antrag vorliegt. Hierbei ist die Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen, wonach sich die beiden Gründe, bei denen der Verantwortliche dem Begehren des Betroffenen nach Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO nicht nachkommen muss, auf Fälle des Rechtsmissbrauchs beziehen.
Der BFH sah darüber hinaus keine Notwendigkeit für eine EuGH-Vorlage, da die Rechtslage im Streitfall eindeutig ist.