Arbeitslohn im Zusammenhang mit der Veräußerung von GmbH-Anteilen
BFH 30.6.2011, VI R 80/10Streitig ist, ob die Ausübung von Optionen auf den Erwerb von Aktien, die im Zusammenhang mit der Veräußerung von GmbH-Anteilen in einem Geschäftsführervertrag eingeräumt worden sind, zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt. Der Kläger war im Streitjahr (1998) verheiratet und wurde mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariellem Vertrag vom 23.12.1997 verkauften die Eheleute ihre Beteiligungen an der X-GmbH und der Q-GmbH für insgesamt rd. 7,75 Mio. US-Dollar an die P-GmbH (heute: A-GmbH), eine Tochtergesellschaft der C-Corporation mit Sitz in den USA.
Der Kläger war am Stammkapital der X-GmbH von 100.000 DM zu 98 % und am Stammkapital der Q-GmbH von 100.000 DM zu 90 % beteiligt. Die übrigen Anteile hielt seine Ehefrau. Zugleich schlossen der Kläger und die P-GmbH und die C-Corporation einen Geschäftsführervertrag. Darin war neben der Höhe des Gehalts (19.000 DM mtl.) u.a. geregelt, dass dem Kläger eine Option eingeräumt wird, 15.000 Aktien an der C-Corporation zu dem Preis zu erwerben, welcher der letzten Börsennotierung dieser Aktien an der NASDAQ-Börse vor Unterzeichnung dieses Vertrages entspricht.
Der Geschäftsführervertrag wurde mit Vereinbarung von Januar 1998 in gegenseitigem Einvernehmen aus betriebsbedingten Gründen mit Wirkung zum 1.4.1998 aufgehoben. Der Kläger erhielt zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung. Die weiterhin geltende Aktienoption macht der Kläger im Juli 1998 geltend. Die Aktien wurden im November 1998 in ein Bankdepot des Klägers - gegen Zahlung von 337.500 USD - eingebucht. Ihr Börsenwert betrug an diesem Tag 933.750 USD. Das Finanzamt erhöhte in der Einkommensteuerfestsetzung 1998 den Arbeitslohn des Klägers wegen des geldwerten Vorteils aus der Ausübung des Aktienoptionsrechts um 1.007.664 DM.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Das FG ist zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der am 23.12.1997 gewährten Aktienoption zu Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit führt. Die getroffenen Feststellungen tragen diese Würdigung nicht.
Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind, wenn also der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Kein Arbeitslohn liegt allerdings vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Als derartige Zuwendungen auf Grund von Sonderrechtsbeziehungen kommen insbes. die Veräußerung und die entgeltliche (zeitlich befristete) Nutzungsüberlassung von Sachen oder Rechten in Betracht.
Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichtsteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist aufgrund einer in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegenden tatsächlichen Würdigung zu entscheiden. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt ein Verstoß gegen Denkgesetze vor.
Ein solcher Rechtsanwendungsfehler war vorliegend zu bejahen. Denn der Schluss des FG, dass dem Kläger die streitigen Aktienoptionen im Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis überlassen worden sind, wird nicht von entsprechenden Feststellungen getragen. Im Einkommensteuerrecht ist der verwirklichte Lebenssachverhalt nach seinem wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu beurteilen. Ausschlaggebend ist nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte. Belastbare Feststellungen hierzu hat das FG jedoch nicht getroffen.
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