26.01.2012

Arbeitszimmer bilden bei Hochschullehrern und Richtern auch nach neuem Recht nicht den beruflichen Mittelpunkt

Für die Berufsgruppen der Hochschullehrer und Richter bildet das Arbeitszimmer (wie bisher) nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung mit der Folge, dass sie die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer auch nach neuem Recht nicht als Werbungskosten abziehen können. Damit hat der BFH erstmals zur Neuregelung der Abzugsbeschränkung bei häuslichen Arbeitszimmern entschieden.

BFH 8.12.2011, VI R 13/11 u.a.
Der Sachverhalt:
Im Fall Az.: VI R 71/10 war der Kläger als Hochschullehrer an einer Universität tätig und bezog Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wohnte allerdings in einer anderen Stadt. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2007 machte der Kläger Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. 1.080 € als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt versagte ihm dies, weil das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers bilde.

Ähnlich verhielt es sich im Fall Az.: VI R 13/11. Hier war die Klägerin als Richterin am AG tätig. Auch sie erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Gerichtsgebäude stand ihr ein eigenes Dienstzimmer zur Verfügung, das sie im Streitjahr 2008 auch nutzte. Zudem führte sie regelmäßig einmal in der Woche mündliche Verhandlungen im Sitzungssaal des AG durch.

Die Klägerin wohnte im Streitjahr gemeinsam mit ihrem Sohn in ihrem Einfamilienhaus in einem Nachbarort. In dem Haus hatte sie sich in einem Anbau, der vom Wohnzimmer aus betreten werden konnte, ein häusliches Arbeitszimmer eingerichtet. In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Klägerin u.a. als Werbungskosten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. 1.728 € steuermindernd geltend. Auch hier berücksichtigte das Finanzamt die Aufwendungen nicht.

Beide Klagen wurden von den FG abgewiesen und blieben auch im Revisionsverfahren vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Beide FG hatten im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die jeweiligen Kosten für die häuslichen Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen waren.

Nachdem das BVerfG das frühere Gesetz gekippt hatte, hat der Gesetzgeber im Jahressteuergesetz 2010 eine Neuregelung geschaffen, die rückwirkend auch in den Streitfällen anwendbar war. Danach können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abgezogen werden, wenn entweder ein anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht oder wenn (wie bisher) das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen oder betrieblichen Betätigung bildet. Der BFH ging infolgedessen davon aus, dass es sich hierbei um zwei getrennt voneinander zu beurteilende Tatbestände handelt.

Ein Abzug nach der ersten Variante (wegen fehlenden Arbeitsplatzes) kam in beiden Streitfällen nicht in Betracht, weil beide Kläger einen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nutzen konnten. Aber auch nach der zweiten Variante (Mittelpunkt) blieb den Klägern der Erfolg versagt. Denn der Mittelpunkt der gesamten Betätigung muss - wie bisher - qualitativ und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu bestimmen sein. Das gilt jedenfalls, wenn der Steuerpflichtige - wie in den Streitfällen - lediglich eine einzige berufliche Tätigkeit ausübt.

Danach ist für den Beruf des Hochschullehrers die Vorlesung in der Universität und für den Richter die Ausübung der rechtsprechenden Tätigkeit im Gericht prägend. In diesen Fällen können beide Tätigkeiten nicht im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden. Unerheblich ist insofern, wie viele Stunden der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer zubringt.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext von Az.: VI R 13/11 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
  • Um direkt zum Volltext von Az.: VI R 71/10 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 6 vom 25.1.2012
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