14.05.2013

Auch bei Veräußerungen zur Vermeidung von Zwangsversteigerungen liegt in der Regel gewerblicher Grundstückshandel vor

Persönliche oder finanzielle Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien sind für die Zuordnung zum gewerblichen Grundstückshandel oder zur Vermögensverwaltung grundsätzlich unerheblich. Dies gilt auch im Hinblick auf wirtschaftliche Zwänge wie etwa die Ankündigung von Zwangsmaßnahmen durch einen Grundpfandgläubiger.

BFH 27.9.2012, III R 19/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger war in den Streitjahren 1996 bis 1998 Allein- und Miteigentümer zahlreicher Grundstücke. Außerdem war er an einer u.a. auf dem Gebiet des Handels mit Industriegütern und KFZ tätigen GmbH beteiligt. Aufgrund von Steuerschulden in Millionenhöhe infolge einer die Vorjahre betreffenden kombinierten Steuerfahndungs- und Betriebsprüfung hatte das Finanzamt im Jahr 1997 im Arrestwege die im Alleineigentum des Klägers stehenden Grundstücke O, erworben im Jahr 1988, M, erworben im Jahr 1995, B, erworben im Jahr 1995, K, erworben im Jahr 1997 und H, erworben im Jahr 1997 sowie weitere im Miteigentum des Klägers und seiner Ehefrau stehende Grundstücke mit Sicherungshypotheken belastet.

Zu einer Zwangsversteigerung der Objekte kam es aber nicht, da die Finanzbehörde dem Kläger einen freihändigen Verkauf der Grundstücke gestattet hatte. Im weiteren Verlauf des Streitjahres 1998 veräußerten der Kläger bzw. der Kläger und seine Ehefrau daraufhin die genannten Grundstücke. Später kam das beklagte Finanzamt zu der Auffassung, dass der Kläger und seine Ehefrau zum einen jeweils persönlich, zum anderen aber auch gemeinsam einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hätten. Zu dem Betriebsvermögen des von dem Kläger persönlich betriebenen gewerblichen Grundstückshandels hätten die Grundstücke M, O, B, K und H gehört.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hatte die Verkäufe der Grundstücke B, K und H durch den Kläger zu Unrecht als private Vermögensverwaltung angesehen und daher das Vorliegen der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels verneint.

Von einem gewerblichen Grundstückshandel kann im Regelfall ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf, d.h. von etwa fünf Jahren, mindestens vier Objekte veräußert werden, weil die äußeren Umstände dann den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt. Der Kläger hatte im Verlauf des Streitjahres 1998 u.a. die beiden im Jahr 1995 erworbenen Grundstücke M und B sowie die beiden 1997 erworbenen Grundstücke K und H veräußert und bereits damit die objektiven Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels erfüllt.

Die durch die Verkäufe indizierte Annahme, dass der Kläger bereits beim Erwerb der Grundstücke mit bedingter Veräußerungsabsicht handelte, wurde nicht widerlegt. Denn die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien sind für die Zuordnung zum gewerblichen Grundstückshandel oder zur Vermögensverwaltung unerheblich. Dies gilt auch für wirtschaftliche Zwänge wie z.B. die Ankündigung von Zwangsmaßnahmen durch einen Grundpfandgläubiger.

Die Drei-Objekt-Grenze hat die Bedeutung eines Anscheinsbeweises, der - ohne dass es dafür weiterer Indizien bedarf - den Schluss auf die innere Tatsache des Erwerbs des jeweiligen Grundstücks in bedingter Veräußerungsabsicht zulässt. Ihre Geltungskraft kann zwar im Einzelfall durch den Nachweis eines atypischen Sachverhaltsverlaufs erschüttert werden. Dafür kommen aber grundsätzlich weder die Gründe der Veräußerung noch Absichtserklärungen in Betracht, sondern vornehmlich Gestaltungen des Steuerpflichtigen in zeitlicher Nähe zum Erwerb, die eine Veräußerung innerhalb eines Zeitrahmens von etwa fünf Jahren erschweren oder unwirtschaftlicher machen. Dies kann etwa eine langfristige Finanzierung oder eine langfristige Vermietung bzw. Verpachtung sein, wenn diese sich im Falle einer Veräußerung voraussichtlich ungünstig auswirken oder zusätzliche finanzielle Belastungen auslösen würde. Derartige Indizien hatte das FG allerdings nicht festgestellt.

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