Auch nicht ausgebaute Dachgeschossräume können der Entnahmefiktion unterfallen
Schleswig-Holsteinisches FG 17.2.2015, 3 K 165/11Die Klägerin ist Eigentümerin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, den sie im Jahr 1977 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ihrer Mutter übernommen hatte. Sie stritt mit dem Finanzamt darüber, ob der Dachboden eines Wirtschaftsgebäudes durch den Ausbau des unter dem Dachboden liegenden Geschosses zu einer privat verwendeten Wohnung bereits im Zuge der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung zum 1.1.1993 (steuerfrei) ins Privatvermögen überführt worden war, oder ob die Entnahme (steuerpflichtig) erst im Wirtschaftsjahr 2002/2003 - nachdem das Dachgeschoss zu einer eigenständigen rund 128 m² großen Wohnung ausgebaut und dem Sohn der Klägerin unentgeltlich überlassen worden war - erfolgte.
Das Finanzamt vertrat den Standpunkt, dass die Dachgeschosswohnung im Hinblick auf die unentgeltliche Überlassung aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zu entnehmen sei. Durch den Bausachverständigen wurde ein Entnahmewert von 25.000 € ermittelt und der Gewinn des Wirtschaftsjahres 2002/2003 entsprechend erhöht. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Die vom Finanzamt im Wirtschaftsjahr 2002/2003 vorgenommene Gewinnerhöhung durch den Ansatz einer Privatentnahme des Dachgeschosses war zu Unrecht erfolgt, weil das Dachgeschoss bereits mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung als entnommen galt und damit im Wirtschaftsjahr 2002/2003 Gegenstand des Privatvermögens war.
Die Dachgeschossfläche gehörte zur Wohnung i.S.v. § 52 Abs. 15 EStG a.F., da sie eine vom einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang erfasste Räumlichkeit der selbst genutzten Wohnung darstellte (sog. "gefangener Raum"). Nach dem unstreitigen klägerischen Vortrag zur tatsächlichen Nutzung des Dachgeschosses war sie - selbst wenn das Gebäude in seiner ursprünglichen Gestalt als reines Wirtschaftsgebäude genutzt worden sein sollte - jedenfalls seit dem Ausbau ausschließlich privat genutzt worden. Die alleinige Verwendung der Räumlichkeiten zum Aufbewahren privater Gegenstände sowie zum Spielen und Sport treiben der Kinder ließ nach Auffassung des Senats bei objektiver Betrachtung einen engen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zu den darunterliegenden Wohn-/Schlaf- und sonstigen Räumen der Wohnung erkennen.
Dem stand insbesondere nicht entgegen, dass
- der Dachboden nicht mit ausgebaut worden war, da im Streitfall eine Wiederaufnahme der Räume zu betrieblichen Zwecken gleichwohl nicht ohne weiteres möglich war,
- das Dachgeschoss durch Umbaumaßnahme in eine eigene (von der darunter liegenden Wohnung abgetrennte) räumliche Einheit umgestaltet werden konnte,
- die Kläger die streitigen Räume in dem von ihnen ausgefüllten Vordruck "ESt 55" seinerzeit nicht als privat genutzte Räume deklariert hatten,
- die Kläger die streitigen Räume auch nicht in der von ihnen ausgefüllten "Anlage W" als privat genutzte Räume bezeichnet hatten.
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