Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs - Verpächterwahlrecht bei Realteilung einer Mitunternehmerschaft
Kurzbesprechung
BFH v. 17. 5. 2018 - VI R 73/15
EStG § 4 Abs 1 S 5, § 6 Abs 3, § 13, § 14 S 2, § 15 Abs 1 S 1 Nr. 2, § 16 Abs 3
EStDV § 7 Abs 1
Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt. Diese Definition gilt nach § 14 Satz 2 EStG auch für die Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs.
Ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben. Denn der Grund und Boden ist für dessen Betriebsfortführung unerlässlich. Die bloße Verkleinerung eines Eigentumsbetriebs führt demgegenüber nicht zu einer Betriebsaufgabe. Das gilt auch dann, wenn die verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Flächen eine ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr ermöglichen.
Nach diesen Maßstäben wurde im Streitfall der Betrieb (eine Mitunternehmerschaft) durch die Teilauseinandersetzung aufgegeben. Die beiden Mitunternehmer teilten mit notariell beurkundetem Vertrag die bisher in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücke ‑‑mit Ausnahme eines Flurstücks ‑‑ vollständig untereinander auf.
Mit der Übertragung der Flurstücke wurde der (ruhende) landwirtschaftliche Betrieb der Miteigentümergemeinschaft, sofern er bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch bestanden haben sollte, als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens aufgelöst. Denn damit war der land- und forstwirtschaftliche Eigentumsbetrieb seiner Existenzgrundlage vollständig enthoben. Trotz Zurückbehaltung eines Flurstücks konnte ausgeschlossen werden, dass die Miteigentümergemeinschaft einen verkleinerten Betrieb fortgeführt hat. Es ging vielmehr mit der Aufteilung der übrigen Grundstücke zwingend in das Privatvermögen der Miteigentümer über.
Zwar erfordert ein Eigentumsbetrieb weder eine Mindestgröße noch eine Hofstelle oder einen vollen Besatz an Betriebsmitteln. Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann aber nicht angenommen werden, wenn die Größe und die Art den Rahmen einer privaten Gartenbewirtschaftung für Eigenbedarfszwecke nicht überschreiten. Ein landwirtschaftlicher Betrieb liegt in der Regel nicht vor, wenn die bewirtschafteten Grundstücksflächen insgesamt nicht größer als 3 000 qm sind, sofern es sich nicht um Intensivnutzungen für Sonderkulturen handelt, z.B. für Gemüse-, Blumen- und Zierpflanzenanbau, Baumschulen oder Weinbau. Das zurückbehaltene Flurstück wies nur eine Größe von 2 250 qm auf. Es handelte sich um ein Wiesengrundstück, bei dem nach den Feststellungen des FG keine Intensivnutzung für Sonderkulturen vorlag. Folglich konnte nicht (mehr) von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgegangen werden. Denn im Streitfall wurde mit der (Teil-) Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft deren betrieblicher Organismus vollständig aufgelöst. Es verblieb nicht lediglich ein verkleinerter Betrieb, der ggf. nicht mehr ertragreich bewirtschaftet werden konnte. Das einzig noch vorhandene Flurstück konnte wegen seiner sehr geringen Fläche vielmehr allein überhaupt nicht Gegenstand einer landwirtschaftlichen Nutzung und damit eines landwirtschaftlichen Betriebs sein.
Den Mitunternehmern wurden bei der (Teil-)Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft auch keine Betriebe oder Teilbetriebe übertragen, die sie zu Buchwerten hätten fortführen können (§ 7 Abs. 1 EStDV a.F.; nunmehr § 6 Abs. 3 EStG). Die tatrichterliche Würdigung des FG, dass die Miteigentümergemeinschaft mit den Flurstücken, die die Mitunternehmer im Rahmen der (Teil-)Auseinandersetzung zugewiesen wurden, keine Teilbetriebe unterhielt, war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Mit der Aufgabe des Betriebs der Miteigentümergemeinschaft haben die landwirtschaftlichen Grundstücke ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen verloren. Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür, die Flurstücke auch nach Auflösung der Miteigentümergemeinschaft (weiterhin) als Betriebsvermögen der Mitunternehmer zu behandeln. Diese hatten weder das Verpächterwahlrecht noch führten die Grundsätze der Realteilung im Streitfall zur Annahme von Betriebsvermögen. Das Verpächterwahlrecht stand in erster Linie der Miteigentümergemeinschaft als dem bisherigem Unternehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu. Denn bei der Betriebsverpachtung ist auf die Verhältnisse des verpachtenden Unternehmens abzustellen. Die Miteigentümergemeinschaft hatte ihr Betriebsvermögen aber mit der Aufteilung des Grundbesitzes auf die Mitunternehmer mit Ausnahme eines Flurstücks vollständig verloren. Es bestand damit keine Möglichkeit mehr, dass die Mitunternehmer den Betrieb nach Beendigung etwaiger Pachtverhältnisse wieder aufnehmen und fortführen konnten. Kein Mitunternehmer hatte alle oder zumindest die wesentlichen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Miteigentümergemeinschaft übernommen. Es konnte im Streitfall daher nicht davon ausgegangen werden, dass ‑‑wie es für die Anwendung der Grundsätze der Betriebsverpachtung erforderlich ist‑‑ im Zeitpunkt des Beginns einer gegebenenfalls erfolgten Verpachtung des Grundbesitzes durch die Mitunternehmer der (vormalige) Betrieb der Miteigentümergemeinschaft in seinem Wesen unverändert (fort-)bestand und als solcher von den Mitunternehmern als Verpächter einem Pächter zur Nutzung überlassen wurde.
Denn für die Begründung des Verpächterwahlrechts kommt es unbeschadet der Befugnis des Verpächters, die Zusammensetzung seines Betriebsvermögens zu ändern, darauf an, ob im Zeitpunkt des Beginns der Verpachtung der Betrieb in seinem Wesen unverändert besteht und als solcher vom Verpächter dem Pächter zur Nutzung überlassen wird. Dies war im Streitfall nicht gegeben. Bei Auflösung der Miteigentümergemeinschaft und Beginn einer (etwaigen) Verpachtung des Grundbesitzes durch die ehemaligen Mitunternehmer gehörten zum Betrieb der Miteigentümergemeinschaft als wesentliche Betriebsgrundlagen die den ehemaligen Mitunternehmern zugeteilten Flurstücke. Diese hatten aber allenfalls ihre Flurstücke bei Auflösung der Miteigentümergemeinschaft verpachtet und damit nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen.
Im Streitfall kamen auch die Grundsätzen der Realteilung nicht zur Anwendung. Denn im Streitfall wurden die vorgenannten Flurstücke nicht in ein Betriebsvermögen der ehemaligen Mitunternehmer übertragen. Diese legten sie weder in einen neu eröffneten noch in einen bestehenden Betrieb ein.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 4 Abs 1 S 5, § 6 Abs 3, § 13, § 14 S 2, § 15 Abs 1 S 1 Nr. 2, § 16 Abs 3
EStDV § 7 Abs 1
Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt. Diese Definition gilt nach § 14 Satz 2 EStG auch für die Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs.
Ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben. Denn der Grund und Boden ist für dessen Betriebsfortführung unerlässlich. Die bloße Verkleinerung eines Eigentumsbetriebs führt demgegenüber nicht zu einer Betriebsaufgabe. Das gilt auch dann, wenn die verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Flächen eine ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr ermöglichen.
Nach diesen Maßstäben wurde im Streitfall der Betrieb (eine Mitunternehmerschaft) durch die Teilauseinandersetzung aufgegeben. Die beiden Mitunternehmer teilten mit notariell beurkundetem Vertrag die bisher in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücke ‑‑mit Ausnahme eines Flurstücks ‑‑ vollständig untereinander auf.
Mit der Übertragung der Flurstücke wurde der (ruhende) landwirtschaftliche Betrieb der Miteigentümergemeinschaft, sofern er bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch bestanden haben sollte, als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens aufgelöst. Denn damit war der land- und forstwirtschaftliche Eigentumsbetrieb seiner Existenzgrundlage vollständig enthoben. Trotz Zurückbehaltung eines Flurstücks konnte ausgeschlossen werden, dass die Miteigentümergemeinschaft einen verkleinerten Betrieb fortgeführt hat. Es ging vielmehr mit der Aufteilung der übrigen Grundstücke zwingend in das Privatvermögen der Miteigentümer über.
Zwar erfordert ein Eigentumsbetrieb weder eine Mindestgröße noch eine Hofstelle oder einen vollen Besatz an Betriebsmitteln. Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann aber nicht angenommen werden, wenn die Größe und die Art den Rahmen einer privaten Gartenbewirtschaftung für Eigenbedarfszwecke nicht überschreiten. Ein landwirtschaftlicher Betrieb liegt in der Regel nicht vor, wenn die bewirtschafteten Grundstücksflächen insgesamt nicht größer als 3 000 qm sind, sofern es sich nicht um Intensivnutzungen für Sonderkulturen handelt, z.B. für Gemüse-, Blumen- und Zierpflanzenanbau, Baumschulen oder Weinbau. Das zurückbehaltene Flurstück wies nur eine Größe von 2 250 qm auf. Es handelte sich um ein Wiesengrundstück, bei dem nach den Feststellungen des FG keine Intensivnutzung für Sonderkulturen vorlag. Folglich konnte nicht (mehr) von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgegangen werden. Denn im Streitfall wurde mit der (Teil-) Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft deren betrieblicher Organismus vollständig aufgelöst. Es verblieb nicht lediglich ein verkleinerter Betrieb, der ggf. nicht mehr ertragreich bewirtschaftet werden konnte. Das einzig noch vorhandene Flurstück konnte wegen seiner sehr geringen Fläche vielmehr allein überhaupt nicht Gegenstand einer landwirtschaftlichen Nutzung und damit eines landwirtschaftlichen Betriebs sein.
Den Mitunternehmern wurden bei der (Teil-)Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft auch keine Betriebe oder Teilbetriebe übertragen, die sie zu Buchwerten hätten fortführen können (§ 7 Abs. 1 EStDV a.F.; nunmehr § 6 Abs. 3 EStG). Die tatrichterliche Würdigung des FG, dass die Miteigentümergemeinschaft mit den Flurstücken, die die Mitunternehmer im Rahmen der (Teil-)Auseinandersetzung zugewiesen wurden, keine Teilbetriebe unterhielt, war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Mit der Aufgabe des Betriebs der Miteigentümergemeinschaft haben die landwirtschaftlichen Grundstücke ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen verloren. Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür, die Flurstücke auch nach Auflösung der Miteigentümergemeinschaft (weiterhin) als Betriebsvermögen der Mitunternehmer zu behandeln. Diese hatten weder das Verpächterwahlrecht noch führten die Grundsätze der Realteilung im Streitfall zur Annahme von Betriebsvermögen. Das Verpächterwahlrecht stand in erster Linie der Miteigentümergemeinschaft als dem bisherigem Unternehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu. Denn bei der Betriebsverpachtung ist auf die Verhältnisse des verpachtenden Unternehmens abzustellen. Die Miteigentümergemeinschaft hatte ihr Betriebsvermögen aber mit der Aufteilung des Grundbesitzes auf die Mitunternehmer mit Ausnahme eines Flurstücks vollständig verloren. Es bestand damit keine Möglichkeit mehr, dass die Mitunternehmer den Betrieb nach Beendigung etwaiger Pachtverhältnisse wieder aufnehmen und fortführen konnten. Kein Mitunternehmer hatte alle oder zumindest die wesentlichen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Miteigentümergemeinschaft übernommen. Es konnte im Streitfall daher nicht davon ausgegangen werden, dass ‑‑wie es für die Anwendung der Grundsätze der Betriebsverpachtung erforderlich ist‑‑ im Zeitpunkt des Beginns einer gegebenenfalls erfolgten Verpachtung des Grundbesitzes durch die Mitunternehmer der (vormalige) Betrieb der Miteigentümergemeinschaft in seinem Wesen unverändert (fort-)bestand und als solcher von den Mitunternehmern als Verpächter einem Pächter zur Nutzung überlassen wurde.
Denn für die Begründung des Verpächterwahlrechts kommt es unbeschadet der Befugnis des Verpächters, die Zusammensetzung seines Betriebsvermögens zu ändern, darauf an, ob im Zeitpunkt des Beginns der Verpachtung der Betrieb in seinem Wesen unverändert besteht und als solcher vom Verpächter dem Pächter zur Nutzung überlassen wird. Dies war im Streitfall nicht gegeben. Bei Auflösung der Miteigentümergemeinschaft und Beginn einer (etwaigen) Verpachtung des Grundbesitzes durch die ehemaligen Mitunternehmer gehörten zum Betrieb der Miteigentümergemeinschaft als wesentliche Betriebsgrundlagen die den ehemaligen Mitunternehmern zugeteilten Flurstücke. Diese hatten aber allenfalls ihre Flurstücke bei Auflösung der Miteigentümergemeinschaft verpachtet und damit nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen.
Im Streitfall kamen auch die Grundsätzen der Realteilung nicht zur Anwendung. Denn im Streitfall wurden die vorgenannten Flurstücke nicht in ein Betriebsvermögen der ehemaligen Mitunternehmer übertragen. Diese legten sie weder in einen neu eröffneten noch in einen bestehenden Betrieb ein.