14.07.2022

Auflösung einer GmbH wegen Insolvenzeröffnung führt noch nicht zu einer Verlustrealisierung i.S.d. § 17 EStG

Bei einer Auflösung der Gesellschaft wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens lässt sich diese Feststellung regelmäßig noch nicht treffen. Der Auflösungsgewinn oder ‑verlust ist nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu ermitteln, soweit die Eigenart der Gewinnermittlung nach § 17 EStG keine Abweichungen von diesem Grundsatz erfordert. Danach ist insbesondere das Realisationsprinzip zu beachten.

FG Düsseldorf v. 12.4.2022, 10 K 1175/19 E
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Frühjahr 2014 Geschäftsanteile an einer GmbH zum symbolischen Kaufpreis von 1 € erworben. Daneben gewährte sie der GmbH ein verzinsliches Darlehen i.H.v. 320.000 €, um deren drohende Insolvenz abzuwenden. Das Darlehen war mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten ordentlich, daneben bei einem Insolvenzeröffnungsantrag gegenüber der GmbH auch mit sofortiger Wirkung außerordentlich kündbar. Als Sicherheit übereignete die GmbH der Klägerin Fahrzeuge im Gesamtwert von (max.) 38.000 € sowie ein Ersatzteillager im Wert von 40.000 €.

Im September 2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet, womit die GmbH qua Gesetz aufgelöst wurde; zugleich wurde Masseunzulänglichkeit angezeigt. Aus dem Bericht des Insolvenzverwalters ging hervor, dass die Klägerin im Mai 2014 eine Rückzahlung auf das von ihr gewährte Darlehen i.H.v. 16.000 € erhalten und im Übrigen die zu ihren Gunsten besicherten Fahrzeuge teilweise veräußert habe. Schlussendlich seien noch Vermögenswerte i.H.v. 44.000 € für die Insolvenzmasse frei.

Die Klägerin begehrte für den Veranlagungszeitraum 2014 die Berücksichtigung eines Verlustes aus § 17 EStG i.H.v. 320.001 €. Infolge der Insolvenzeröffnung sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr mit einer Rückzahlung des der GmbH gewährten Darlehens zu rechnen gewesen. Der Ausfall der Darlehensforderung sei zu diesem Zeitpunkt endgültig gewesen und habe zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung geführt.

Das Finanzamt lehnte eine Verlustberücksichtigung im Veranlagungszeitraum 2014 ab, weil in diesem Jahr noch nicht ersichtlich gewesen sei, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten anfallen würden. Das von der Klägerin gewährte Darlehen hätte bereits keinen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Finanzamt ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Streitjahr kein Verlust nach § 17 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden kann.

Bei einer Auflösung der Gesellschaft wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens lässt sich diese Feststellung regelmäßig noch nicht treffen. Der Auflösungsgewinn oder ‑verlust ist nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu ermitteln, soweit die Eigenart der Gewinnermittlung nach § 17 EStG keine Abweichungen von diesem Grundsatz erfordert. Danach ist insbesondere das Realisationsprinzip zu beachten.

Im Streitjahr war kein Auflösungsverlust zu berücksichtigen. Aus dem Bericht des Insolvenzverwalters war vielmehr ersichtlich, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses, also dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, nicht vermögenslos gewesen war. Zudem hatte der gemeine Wert des der Klägerin zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens im Streitjahr nicht festgestanden, denn aus der gebotenen ex-ante Perspektive war nicht bekannt, ob die Rückzahlung von 16.000 € vom Insolvenzverwalter angefochten werden und ob etwaige Erlöse aus der Verwertung der besicherten Fahrzeuge der Insolvenzanfechtung unterliegen würden.

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Aufsatz
Burkhard Binnewies / Norbert Mückl / Klaus Olbing
Aktuelles Steuerrecht rund um die GmbH 2021/2022
GmbHR 2021, 1293

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FG Düsseldorf - Newsletter 14.7.2022
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