Aufteilung von Finanzierungskosten auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen und auf sonstige Einkünfte
BFH v. 11.12.2018 - VIII R 7/15Der Kläger hatte in den Jahren 2003, 2004 und 2006 drei sog. Sicherheits-Kompakt-Renten (SKR) abgeschlossen. Die Vertragspakete sahen als sog. Versorgungskomponente den Abschluss einer Rentenversicherung mit sofort beginnenden, lebenslangen Rentenzahlungen und als sog. Tilgungskomponente den Abschluss einer fondsgebundenen Kapitallebensversicherung oder Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht mit Laufzeiten zwischen 14 und 18 Jahren jeweils gegen Einmalbeträge vor.
Die Einmalbeträge beider Komponenten sowie anfallende Nebenkosten wurden durch endfällige Darlehen finanziert. Bei Fälligkeit sollten die Darlehen vollständig mit der Ablaufleistung aus der Tilgungskomponente bedient werden, wobei die prognostizierten Ablaufleistungen - bei erwarteten Renditen zwischen 6 % und 7 % - die endfälligen Darlehen übersteigen sollten. Nach der Gesamtkonzeption sollten, nach prozentualer Aufteilung der Finanzierungskosten auf beide Komponenten, sowohl die Rentenversicherungen als auch die Lebensversicherungen erhebliche Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten erbringen.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2010 und 2011 begehrte der Kläger die gesamten Finanzierungskosten der sog. Tilgungsdarlehen bei den sonstigen Einkünften zu berücksichtigen. Das Finanzamt berücksichtigte allerdings nur einen Teil der Rente. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Verträge über die Lebensversicherungen habe der Kläger nicht abgeschlossen, um Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen. Sie hätten vielmehr allein der Finanzierung der Rentenversicherungen gedient. Allerdings fehle es bezüglich der sonstigen Einkünfte an der Einkünfteerzielungsabsicht, so dass der geltend gemachte Werbungskostenüberschuss steuerlich nicht zu berücksichtigen sei.
Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage im Ganzen ab.
Gründe:
Das FG hat rechtsfehlerhaft die Finanzierungskosten der SKR-Pakete 1 und 2 ausschließlich den Renteneinkünften als Werbungskosten zugeordnet. In einem Fall wie dem vorliegenden ist der Werbungskostenabzug jeweils anteilig bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (Erträge aus dem Abschluss der Lebensversicherung) und den sonstigen Einkünften vorzunehmen.
Werbungskosten sind gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Stehen Aufwendungen zu mehreren Einkunftsarten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, entscheidet der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang. Danach sind die Aufwendungen derjenigen Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt.
Soweit der Kläger die Darlehen sowohl zum Erwerb der Rentenversicherungen als auch zum Erwerb der Lebensversicherungen verwendet hat, besteht somit ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang der Schuldzinsen jeweils zu den aus diesen Quellen erzielten bzw. noch zu erzielenden Einnahmen. Die Schuldzinsen sind deshalb entsprechend der tatsächlichen Verwendung der Darlehen aufzuteilen.
Ein ausschließlicher bzw. vorrangiger Veranlassungszusammenhang der anteilig auf die Lebensversicherungen entfallenden Schuldzinsen zu den Renteneinkünften besteht dagegen nicht. Vielmehr treten die Lebensversicherungen auch bei einer solchen Sichtweise als eigenständige Erwerbsquellen steuerpflichtiger Einnahmen zwischen die Schuldzinsen und die Renteneinnahmen und verdrängen damit den (etwaigen) - entfernteren - Veranlassungszusammenhang der Schuldzinsen mit den Einnahmen aus den Rentenversicherungen.
Die Verwendung der Erträge aus den Lebensversicherungen zur Tilgung der "Rentendarlehen" vermag somit den unmittelbaren Veranlassungszusammenhang der Schuldzinsen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen (soweit sie darauf entfallen) nicht zu verdrängen, selbst wenn der Steuerpflichtige dadurch die Dauer der Fremdfinanzierung der Rentenversicherungen abkürzt. Dies stellt lediglich, wie auch die Verwendung anderer Eigenmittel zu diesem Zweck, eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar.
Auch der Umstand, dass mit der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 für Kapitaleinkünfte i.S. d. § 20 EStG das Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 S. 1 Hs. 2 EStG eingeführt wurde, rechtfertigt keine vollständige Zurechnung der Werbungskosten zu den sonstigen Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 1 EStG. Die Norm beschränkt (pauschalierend) lediglich den Abzug von Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen der Höhe nach in verfassungskonformer Weise, trifft aber keine Regelung über die vorgelagerte Frage, ob es sich im konkreten Fall dem Grunde nach um Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen handelt.
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