20.01.2022

Auskunftsanspruch nach der DSGVO gegenüber dem Finanzamt

Die DSGVO ist auf die Datenverarbeitung sämtlicher durch das Finanzamt verwalteten Steuern - auch der direkten - anwendbar. Art. 15 DSGVO gewährt einen nicht in das Ermessen gestellten Auskunftsanspruch über die vom Finanzamt verarbeiteten Daten.

FG München v. 4.11.2021, 15 K 118/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte unter Berufung auf Art. 15 DSGVO Auskunft über alle vom Finanzamt verarbeiteten Daten beantragt. Dabei kam es ihm insbesondere auf eine vollständige (Farb-) Kopie der Steuerakten samt aller Nebenakten und der darauf enthaltenen Vermerke an. Er warf dem Finanzamt Aktenmanipulationen und die "Aufnahme falscher Daten" vor. Diesbezüglich waren Strafanträge und Aufsichtsbeschwerden vorangegangen. Auch sei nach vielen Bescheidänderungen nach Prüfungen, Einspruchs- und Klageverfahren die Steuerfestsetzung nicht mehr nachvollziehbar.

Das Finanzamt überließ dem Kläger Zweitdrucke sämtlicher offenen Steuerbescheide, sowie des dem Erstjahr vorangegangenen Jahres (über 10 Jahre), einen Ausdruck des Erhebungskontos, sowie eine Grunddaten- und eine E-Daten-Übersicht. Weitergehende Auskünfte lehnte es ab.

Die Klage richtete sich auf Verpflichtung zur Vorlage weiterer Daten und insbesondere einer vollständigen Aktenkopie. In der mündlichen Verhandlung legte das Finanzamt umfangreiche weitere Ausdrucke aus seinen Datenbanken vor, verweigerte jedoch weiterhin Auskünfte aus den Bereichen "festsetzungsnahe Daten, BP-Informationen, Risikomanagementsystem" und insbesondere die Überlassung einer Kopie der Steuerakten.

Das FG hat die Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Der Kläger hat einen Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO, der allerdings mit der Übergabe der weiteren Kopien aus den Datenbanken des Finanzamts in der mündlichen Verhandlung erfüllt wurde. Das Finanzamt ist aus dem Auskunftsanspruch nicht verpflichtet, darüber hinaus Akteneinsicht in die Steuerakten zu gewähren, Kopien der Akte zu überlassen oder Daten aus der Steuerakte herauszusuchen und mitzuteilen.

Die DSGVO ist auf die Datenverarbeitung sämtlicher durch das Finanzamt verwalteten Steuern - auch der direkten - anwendbar. Art. 15 DSGVO gewährt einen nicht in das Ermessen gestellten Auskunftsanspruch über die vom Finanzamt verarbeiteten Daten. Er umfasst das Recht auf Ausdrucke oder online zur Verfügung gestellte Daten aus den Datenbanken des Finanzamts, insbesondere die "Grunddaten" und die "eDaten", bei den Festsetzungsdaten die Eingabedaten und Berechnungsergebnisse, die Festsetzungsauskunft, die Erhebungsübersicht und die Datenbank Rechtsbehelfe, sowie das Erhebungskonto. Dagegen gewährt er keine Auskunft über Kontrollmaterial oder Verdachtsspuren, wie etwa BP-Meldungen, BP-Informationen, das Datenblatt Risikomanagementsystem, die "festsetzungsnahen Daten", sowie Vermerke zur Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsdokumentation. Er umfasst grundsätzlich nicht das Recht auf Einsicht in die Steuerakte oder einzelne Verwaltungsdokumente oder Überlassung einer Kopie hiervon. Der Anspruch ist zeitlich auf die Daten nicht abgeschlossener Besteuerungszeiträume begrenzt.

Solange der BFH nicht entschieden hat, muss auch nach Ergehen der Berichtsentscheidung die Frage der Anwendbarkeit der DSGVO auf die Verwaltung direkter Steuern als offen angesehen werden. Hinsichtlich der weiteren entschiedenen Fragen bietet das Urteil zwar eine erste Orientierung. Gleichwohl kann angesichts in Einzelfragen auch anderslautender Instanzrechtsprechung hinsichtlich der weiteren Fragen nicht ausgeschlossen werden, dass andere Gerichte diese anders beantworten.

Mehr zum Thema:

Niedersächsisches FG v. 28.01.2020 - 12 K 213/19
Verfahren nach § 32i AO; Datenschutzrechtliche Verfahren nach EU-DSGVO
Volltext der Entscheidung in der Datenbank Otto Schmidt online.

StEK online
Zur Anwendung der DSGVO in der AO.

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