Ausschluss des Sonderausgabenabzugs bei beschränkt Steuerpflichtigen kann europarechtswidrig sein
FG Münster 17.11.2011, 2 K 507/07 EDer Kläger ist deutscher Staatsbürger, lebt allerdings im EU-Ausland. Er bekan im Jahr 1989 von seinem Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge einen Gesellschaftsanteil übertragen, mit dem er in den Streitjahren 1999 bis 2002 inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Im Gegenzug gewährte der Kläger seinem Vater wiederkehrende Leistungen, die dauernde Lasten im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (a.F.) darstellten.
Das Finanzamt versagte den beantragten Sonderausgabenabzug unter Hinweis auf § 50 Abs. 1 EStG. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist allerdings unter dem Az. I B 190/11 beim BFH anhängig.
Die Gründe:
Die vom Kläger in den Streitjahren geleisteten Zahlungen sind dem Grunde nach als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. zu qualifizieren.
Trotz des entgegenstehenden Wortlauts des § 50 Abs. 1 S. 4 EStG hinderte diese Vorschrift im Streitfall nicht die steuermindernde Berücksichtigung der vom Kläger in den Jahren 1999 bis 2002 gezahlten dauernden Lasten. Denn es verstößt gegen die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV), wenn dauernde Lasten, die ein Inländer für die Übertragung einer inländischen Einkunftsquelle leistet, steuerlich abzugsfähig sind, während ein entsprechender Abzug bei einem gebietsfremden Steuerpflichtigen ausgeschlossen ist. Dies geht aus dem EuGH-Urteil vom 31.03.2011 (Az. C-450/09, Rechtssache "Schröder") hervor.
Ein unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Anteilserwerber kann nach dem derzeit anzuwendenden innerstaatlichen Einkommensteuerrecht die Gewinnanteile, die sich der (vorweggenommene) Erblasser vorbehalten hat, als Versorgungsleistungen i.S.d. § 10 EStG steuermindernd geltend machen. Diese Möglichkeit besteht bei wortgetreuer Auslegung des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG für einen beschränkt steuerpflichtigen Übernehmer eines solchen Gesellschaftsanteils nicht. Auch diese Benachteiligung kann einen im Inland Ansässigen davon abhalten, als Begünstigten einer vorweggenommenen Erbfolge eine Person zu benennen, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland wohnt. Eine derartige Rechtslage stellt eine unzulässige Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.
Wegen der klaren Rechtsausführungen in diesem Urteil ließ der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zu.
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