Bearbeitungsdauer von 13 Monaten rechtfertigt keinen Anspruch auf Erlass von Nachforderungszinsen
BFH v. 3.12.2019 - VIII R 25/17
Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 2012 als Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer sowie Notar tätig und erzielte als Gesellschafter mehrerer Partnerschaftsgesellschaften Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Aufgrund einer Mitteilung des Finanzamts A vom 7.4.2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen betreffend die Beteiligung des Klägers an einer Steuerberatungsgesellschaft, die beim beklagten Finanzamt am einen Tag später einging, änderte dieses mit auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestütztem Änderungsbescheid vom 5.5.2015 die für das Streitjahr festgesetzte Einkommensteuer und setzte erstmalig Nachzahlungszinsen i.H.v. 305 € fest.
Mit Schreiben vom 26.5.2015 beantragte der Kläger den Erlass der Nachzahlungszinsen i.H.v. 140 €. Er war der Ansicht, der Änderungsbescheid vom 5.5.2015 sei erst 13 Monate nach Eingang der Mitteilung beim Finanzamt erlassen worden. Soweit die übliche Bearbeitungszeit von sechs Monaten überschritten sei, dürfe sich dies bei der Zinsberechnung nicht zu ihrem Nachteil auswirken. Die auf die überlange Bearbeitungsdauer entfallenden Zinsen müssten aus Billigkeitsgründen erlassen werden.
Das Finanzamt lehnte den beantragten Erlass der Nachzahlungszinsen allerdings ab. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass der Nachzahlungszinsen.
Die Erhebung der streitigen Nachzahlungszinsen ist nicht unbillig i.S.d. § 227 AO. Die Entscheidung über den Erlass ist eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde und unterliegt gemäß § 102 FGO lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen ist daher bei einer Erlassablehnung nur, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Im Einzelfall kann der Ermessensspielraum aber so eingeengt sein, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht ist (sog. Ermessensreduktion auf Null). Ist nur der Erlass eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ermessensgerecht, kann das Gericht gemäß § 101 Satz 1 FGO die Verpflichtung zum Erlass aussprechen.
Nach diesen Maßstäben hat das FG die Entscheidung des Finanzamtes, keinen Erlass der Nachzahlungszinsen zu gewähren, zu Recht nicht als ermessensfehlerhaft i.S.d. § 102 FGO angesehen. Eine verzögerte Bearbeitung des Steuerfalles durch die Finanzbehörde ist für sich genommen nicht geeignet, eine abweichende Zinsfestsetzung aus Billigkeitsgründen zu begründen. Insofern ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Hinweis der Kläger auf eine Bearbeitungszeit von 13 Monaten seit dem Eingang der Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen im Finanzamt für sich betrachtet keinen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen rechtfertigt. Etwas anderes folgt für den Streitfall auch nicht daraus, dass die Änderung des Einkommensteuerbescheids, welche die Zinspflicht nach § 233a AO auslöste, auf dem Erlass eines Grundlagenbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO beruhte.
Das FG hat ebenfalls zutreffend entschieden, dass die Einwendungen des Klägers gegen die Höhe des Zinssatzes nach § 233a Abs. 1, § 238 Abs. 1 Satz 1 AO keinen Erlass der Nachzahlungszinsen aus Billigkeitsgründen rechtfertigen. Derartige Einwendungen betreffen die Rechtmäßigkeit der Zinsfestsetzung einschließlich der Verfassungsmäßigkeit der einfach-rechtlichen Grundlagen und sind vorrangig im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Zinsfestsetzung und nicht im Erlassverfahren geltend zu machen. Ausweislich der Gründe des angegriffenen Urteils ist die Zinsfestsetzung im Streitfall in Bestandskraft erwachsen.
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Der Kläger war im Streitjahr 2012 als Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer sowie Notar tätig und erzielte als Gesellschafter mehrerer Partnerschaftsgesellschaften Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Aufgrund einer Mitteilung des Finanzamts A vom 7.4.2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen betreffend die Beteiligung des Klägers an einer Steuerberatungsgesellschaft, die beim beklagten Finanzamt am einen Tag später einging, änderte dieses mit auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestütztem Änderungsbescheid vom 5.5.2015 die für das Streitjahr festgesetzte Einkommensteuer und setzte erstmalig Nachzahlungszinsen i.H.v. 305 € fest.
Mit Schreiben vom 26.5.2015 beantragte der Kläger den Erlass der Nachzahlungszinsen i.H.v. 140 €. Er war der Ansicht, der Änderungsbescheid vom 5.5.2015 sei erst 13 Monate nach Eingang der Mitteilung beim Finanzamt erlassen worden. Soweit die übliche Bearbeitungszeit von sechs Monaten überschritten sei, dürfe sich dies bei der Zinsberechnung nicht zu ihrem Nachteil auswirken. Die auf die überlange Bearbeitungsdauer entfallenden Zinsen müssten aus Billigkeitsgründen erlassen werden.
Das Finanzamt lehnte den beantragten Erlass der Nachzahlungszinsen allerdings ab. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass der Nachzahlungszinsen.
Die Erhebung der streitigen Nachzahlungszinsen ist nicht unbillig i.S.d. § 227 AO. Die Entscheidung über den Erlass ist eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde und unterliegt gemäß § 102 FGO lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen ist daher bei einer Erlassablehnung nur, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Im Einzelfall kann der Ermessensspielraum aber so eingeengt sein, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht ist (sog. Ermessensreduktion auf Null). Ist nur der Erlass eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ermessensgerecht, kann das Gericht gemäß § 101 Satz 1 FGO die Verpflichtung zum Erlass aussprechen.
Nach diesen Maßstäben hat das FG die Entscheidung des Finanzamtes, keinen Erlass der Nachzahlungszinsen zu gewähren, zu Recht nicht als ermessensfehlerhaft i.S.d. § 102 FGO angesehen. Eine verzögerte Bearbeitung des Steuerfalles durch die Finanzbehörde ist für sich genommen nicht geeignet, eine abweichende Zinsfestsetzung aus Billigkeitsgründen zu begründen. Insofern ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Hinweis der Kläger auf eine Bearbeitungszeit von 13 Monaten seit dem Eingang der Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen im Finanzamt für sich betrachtet keinen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen rechtfertigt. Etwas anderes folgt für den Streitfall auch nicht daraus, dass die Änderung des Einkommensteuerbescheids, welche die Zinspflicht nach § 233a AO auslöste, auf dem Erlass eines Grundlagenbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO beruhte.
Das FG hat ebenfalls zutreffend entschieden, dass die Einwendungen des Klägers gegen die Höhe des Zinssatzes nach § 233a Abs. 1, § 238 Abs. 1 Satz 1 AO keinen Erlass der Nachzahlungszinsen aus Billigkeitsgründen rechtfertigen. Derartige Einwendungen betreffen die Rechtmäßigkeit der Zinsfestsetzung einschließlich der Verfassungsmäßigkeit der einfach-rechtlichen Grundlagen und sind vorrangig im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Zinsfestsetzung und nicht im Erlassverfahren geltend zu machen. Ausweislich der Gründe des angegriffenen Urteils ist die Zinsfestsetzung im Streitfall in Bestandskraft erwachsen.