Begrenzung der rückwirkenden Auszahlung festgesetzten Kindergeldes auf sechs Monate
Kurzbesprechung
BFH v. 25.4.2024 - III R 27/22
EStG § 31 S 1, § 31 S 2, § 31 S 5, § 32 Abs 6, § 52 Abs 50 S 1, § 66 Abs 3, § 70 Abs 1 S 2
GG Art 1, Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1, Art 20 Abs 3
Der Antragsteller beantragte am 5.8.2019 die Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds für die Monate ab August 2018 für seine Stieftochter A. Mit Bescheid vom 07.05.2020 setzte die Familienkasse Kindergeld für den Zeitraum August 2018 bis einschließlich Oktober 2019 fest. Zugleich wurde die Auszahlung des festgesetzten Kindergelds auf den Zeitraum Februar 2019 bis Oktober 2019 begrenzt. Insoweit verwies die Familienkasse auf die Sechsmonatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG, die für nach dem 18.07.2019 eingehende Anträge gelte.
Den gegen die Beschränkung der Auszahlung gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 18.08.2021 als unbegründet zurück. Die nachfolgend eingelegte Klage wies das FG ab. Auch die Revision blieb ohne Erfolg.
Der BFH entschied, dass das FG zutreffend davon ausgegangen ist, dass der Steuerpflichtige im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, im Streitfall der Einspruchsentscheidung, gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. des Art. 9 Nr. 9 des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11.07.2019 (BGBl 2019, 1066) keinen Auszahlungsanspruch hinsichtlich des für die Monate August 2018 bis einschließlich Januar 2019 festgesetzten Kindergelds hatte.
Nach dieser Vorschrift erfolgt die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Nach den Feststellungen des FG beantragte der Antragsteller am 5.8.2019 Kindergeld. Die rückwirkende Auszahlung des von der Familienkasse für den Zeitraum August 2018 bis einschließlich Oktober 2019 festgesetzten Kindergelds war daher auf die sechs Monate vor August 2019, also Februar bis Juli 2019, beschränkt. Für die vor diesem Sechsmonatszeitraum liegenden Monate August 2018 bis einschließlich Januar 2019 wird sie durch § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen. Die laufende Auszahlung des Kindergelds ab August 2019 wird durch die Ausschlussfrist nicht berührt.
Im Streitfall war der zeitliche Anwendungsbereich des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG auch eröffnet. Nach dem durch Art. 9 Nr. 5 Buchst. b des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch geänderten § 52 Abs. 50 Satz 1 EStG ist § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG auf Anträge anzuwenden, die nach dem 18.07.2019 eingehen. Beide geänderten Vorschriften traten gemäß Art. 18 Abs. 1 des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch am Tag nach dessen Verkündung (17.07.2019) und mithin am 18.07.2019 in Kraft. Da der Antrag des Klägers erst nach dem 18.07.2019 eingegangen ist, kommt § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG zur Anwendung.
Die Regelung über den zeitlichen Anwendungsbereich ist auch nicht willkürlich, sondern lässt sich durch sachliche Gründe rechtfertigen. Da der Tatbestand des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG auf ein bestimmtes Verhalten des Kindergeldberechtigten, nämlich die Antragstellung, abstellt und hieran Rechtsfolgen knüpft, hält es der BFH für sachlich gerechtfertigt, auch die Regelung über den zeitlichen Anwendungsbereich dieser Norm von dem nach dem Inkrafttreten der Regelung liegenden Zeitpunkt der Antragsstellung abhängig zu machen.
Auch den Hinweis auf den vom Gesetzgeber zu gewährleistenden Schutz der Familie ließ der BFH nicht gelten. Soweit das Kindergeld der Förderung der Familie dient (§ 31 Satz 2 EStG), liegt die Einführung einer Ausschlussfrist innerhalb des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 31 S 1, § 31 S 2, § 31 S 5, § 32 Abs 6, § 52 Abs 50 S 1, § 66 Abs 3, § 70 Abs 1 S 2
GG Art 1, Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1, Art 20 Abs 3
Der Antragsteller beantragte am 5.8.2019 die Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds für die Monate ab August 2018 für seine Stieftochter A. Mit Bescheid vom 07.05.2020 setzte die Familienkasse Kindergeld für den Zeitraum August 2018 bis einschließlich Oktober 2019 fest. Zugleich wurde die Auszahlung des festgesetzten Kindergelds auf den Zeitraum Februar 2019 bis Oktober 2019 begrenzt. Insoweit verwies die Familienkasse auf die Sechsmonatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG, die für nach dem 18.07.2019 eingehende Anträge gelte.
Den gegen die Beschränkung der Auszahlung gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 18.08.2021 als unbegründet zurück. Die nachfolgend eingelegte Klage wies das FG ab. Auch die Revision blieb ohne Erfolg.
Der BFH entschied, dass das FG zutreffend davon ausgegangen ist, dass der Steuerpflichtige im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, im Streitfall der Einspruchsentscheidung, gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. des Art. 9 Nr. 9 des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11.07.2019 (BGBl 2019, 1066) keinen Auszahlungsanspruch hinsichtlich des für die Monate August 2018 bis einschließlich Januar 2019 festgesetzten Kindergelds hatte.
Nach dieser Vorschrift erfolgt die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Nach den Feststellungen des FG beantragte der Antragsteller am 5.8.2019 Kindergeld. Die rückwirkende Auszahlung des von der Familienkasse für den Zeitraum August 2018 bis einschließlich Oktober 2019 festgesetzten Kindergelds war daher auf die sechs Monate vor August 2019, also Februar bis Juli 2019, beschränkt. Für die vor diesem Sechsmonatszeitraum liegenden Monate August 2018 bis einschließlich Januar 2019 wird sie durch § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen. Die laufende Auszahlung des Kindergelds ab August 2019 wird durch die Ausschlussfrist nicht berührt.
Im Streitfall war der zeitliche Anwendungsbereich des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG auch eröffnet. Nach dem durch Art. 9 Nr. 5 Buchst. b des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch geänderten § 52 Abs. 50 Satz 1 EStG ist § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG auf Anträge anzuwenden, die nach dem 18.07.2019 eingehen. Beide geänderten Vorschriften traten gemäß Art. 18 Abs. 1 des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch am Tag nach dessen Verkündung (17.07.2019) und mithin am 18.07.2019 in Kraft. Da der Antrag des Klägers erst nach dem 18.07.2019 eingegangen ist, kommt § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG zur Anwendung.
Die Regelung über den zeitlichen Anwendungsbereich ist auch nicht willkürlich, sondern lässt sich durch sachliche Gründe rechtfertigen. Da der Tatbestand des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG auf ein bestimmtes Verhalten des Kindergeldberechtigten, nämlich die Antragstellung, abstellt und hieran Rechtsfolgen knüpft, hält es der BFH für sachlich gerechtfertigt, auch die Regelung über den zeitlichen Anwendungsbereich dieser Norm von dem nach dem Inkrafttreten der Regelung liegenden Zeitpunkt der Antragsstellung abhängig zu machen.
Auch den Hinweis auf den vom Gesetzgeber zu gewährleistenden Schutz der Familie ließ der BFH nicht gelten. Soweit das Kindergeld der Förderung der Familie dient (§ 31 Satz 2 EStG), liegt die Einführung einer Ausschlussfrist innerhalb des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers.