Begünstigungstransfer bei der Erbschaftsteuer
Kurzbesprechung
BFH v. 15.5.2024 - II R 12/21
ErbStG § 13a Abs 3 S 2, § 13b Abs 3, § 13c Abs 2 S 3, § 13 Abs 1 Nr. 4c S 4
ErbStH H E13a.11
Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. bleibt zudem der nicht unter § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. fallende Teil des Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG a.F. vorbehaltlich des Satzes 3 der Norm außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150.000 € nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Zum begünstigten Vermögen gehören nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a.F. unter anderem ein Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG.
1. Übertragung KG - Anteil
Nach § 13a Abs. 3 Satz 2 kann ein Erwerber den Verschonungsabschlag nach Abs. 1 und den Abzugsbetrag nach Abs. 2 nicht in Anspruch nehmen, soweit er Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG a.F. im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Miterben überträgt. Gibt der Miterbe ("Dritte") dabei nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich nach § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Miterben um den Wert des hingegebenen Vermögens. Der Begünstigungstransfer führt danach zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Steuerbefreiung und nicht zu einer Veränderung der Zurechnung der Erwerbsgegenstände, da für die Erbschaftsteuer nach § 11 ErbStG das Stichtagsprinzip gilt. Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, also der Zeitpunkt des Todes des Erblassers.
Dieser sogenannte Begünstigungstransfer setzt nach § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. voraus, dass die Übertragung des Betriebsvermögens auf den Miterben "im Rahmen der Teilung des Nachlasses" erfolgt. Die Begünstigung wirkt nur insoweit, als im Gegenzug nicht begünstigtes Vermögen hingegeben wird.
Eine Frist für die Teilung des Nachlasses oder weitere Voraussetzungen sieht die Vorschrift nicht vor. Der BFH teilt nicht die Auffassung der Finanzverwaltung, nach der die Auseinandersetzungsvereinbarung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgen muss (H E 13a.11 der Hinweise zu den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 zur Nachfolgeregelung § 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG n.F. und BMF-Schreiben vom 14.03.2006, BStBl I 2006, 253, Rz 8). Ausreichend ist, dass ein innerer Zusammenhang zum Erbfall besteht.
Beruht der Entschluss, den Nachlass zu teilen und dabei begünstigtes (Betriebs-)Vermögen gegen nicht begünstigtes Vermögen zu übertragen, auf einer neuen Willensbildung der Erbengemeinschaft, die den Nachlass zunächst willentlich ungeteilt belassen hat, erfolgt die Übertragung nicht im Rahmen der Teilung des Nachlasses und der Begünstigungstransfer ist ausgeschlossen.
Ob die Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt, ist im Wege der Auslegung des ihr zugrunde liegenden Erbteilungsvertrages unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei bildet der zeitliche Abstand zwischen dem Anfall des Nachlasses und der Übertragung der Vermögensgegenstände nur ein Indiz dafür, ob die Übertragung noch im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. Je nach dem Umfang des Nachlasses und den Schwierigkeiten bei der Bewertung einzelner Vermögensgegenstände kann im Einzelfall auch bei einem über sechs Monate hinausgehenden Zeitraum zwischen Erbfall und Übertragung des Vermögens noch von einer Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses ausgegangen werden.
Im Streitfall war das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Übertragung des zunächst vom Bruder des Steuerpflichtigen im Wege der Erbfolge erlangten anteiligen KG-Anteils gemäß § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. "im Rahmen der Teilung des Nachlasses" erfolgte und für den übernommenen Anteil die Begünstigung des Betriebsvermögens nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. zu gewähren war.
2. Steuerbegünstigung für Wohnraum
Die Steuerbegünstigung für Wohnraum (§ 13c Abs. 1 ErbStG a.F.) war im Streitfall ebenfalls im Wege der Erbauseinandersetzung übertragen worden. Überträgt ein Erbe erworbenes begünstigtes Vermögen im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich nach § 13c Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des übertragenen Vermögens.
Der Begünstigungstransfer nach § 13c Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. entspricht dem des § 13a Abs. 3 und § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. § 13c Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. verlangt ebenfalls, dass die Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt und benennt dafür keinen konkreten Zeitraum. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, ist auch im Rahmen dieser Vorschrift durch eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen zu prüfen.
Im Streitfall war das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Begünstigungstransfer nicht deshalb ausgeschlossen war, weil die Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Grundvermögens erst etwas mehr als zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers erfolgte. Die Begünstigung des Steuerpflichtigen war daher auf die von ihm nach der Übertragung der Miteigentumsanteile im Alleineigentum stehenden Grundstücke zu beschränken und für diese Grundstücke in voller Höhe zu gewähren. Schließlich war auch die Steuerbegünstigung für das selbst genutzte Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) in dem beantragten Umfang zu gewähren.
Verlag Dr. Otto Schmidt
ErbStG § 13a Abs 3 S 2, § 13b Abs 3, § 13c Abs 2 S 3, § 13 Abs 1 Nr. 4c S 4
ErbStH H E13a.11
Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. bleibt zudem der nicht unter § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. fallende Teil des Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG a.F. vorbehaltlich des Satzes 3 der Norm außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150.000 € nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Zum begünstigten Vermögen gehören nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a.F. unter anderem ein Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG.
1. Übertragung KG - Anteil
Nach § 13a Abs. 3 Satz 2 kann ein Erwerber den Verschonungsabschlag nach Abs. 1 und den Abzugsbetrag nach Abs. 2 nicht in Anspruch nehmen, soweit er Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG a.F. im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Miterben überträgt. Gibt der Miterbe ("Dritte") dabei nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich nach § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Miterben um den Wert des hingegebenen Vermögens. Der Begünstigungstransfer führt danach zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Steuerbefreiung und nicht zu einer Veränderung der Zurechnung der Erwerbsgegenstände, da für die Erbschaftsteuer nach § 11 ErbStG das Stichtagsprinzip gilt. Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, also der Zeitpunkt des Todes des Erblassers.
Dieser sogenannte Begünstigungstransfer setzt nach § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. voraus, dass die Übertragung des Betriebsvermögens auf den Miterben "im Rahmen der Teilung des Nachlasses" erfolgt. Die Begünstigung wirkt nur insoweit, als im Gegenzug nicht begünstigtes Vermögen hingegeben wird.
Eine Frist für die Teilung des Nachlasses oder weitere Voraussetzungen sieht die Vorschrift nicht vor. Der BFH teilt nicht die Auffassung der Finanzverwaltung, nach der die Auseinandersetzungsvereinbarung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgen muss (H E 13a.11 der Hinweise zu den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 zur Nachfolgeregelung § 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG n.F. und BMF-Schreiben vom 14.03.2006, BStBl I 2006, 253, Rz 8). Ausreichend ist, dass ein innerer Zusammenhang zum Erbfall besteht.
Beruht der Entschluss, den Nachlass zu teilen und dabei begünstigtes (Betriebs-)Vermögen gegen nicht begünstigtes Vermögen zu übertragen, auf einer neuen Willensbildung der Erbengemeinschaft, die den Nachlass zunächst willentlich ungeteilt belassen hat, erfolgt die Übertragung nicht im Rahmen der Teilung des Nachlasses und der Begünstigungstransfer ist ausgeschlossen.
Ob die Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt, ist im Wege der Auslegung des ihr zugrunde liegenden Erbteilungsvertrages unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei bildet der zeitliche Abstand zwischen dem Anfall des Nachlasses und der Übertragung der Vermögensgegenstände nur ein Indiz dafür, ob die Übertragung noch im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. Je nach dem Umfang des Nachlasses und den Schwierigkeiten bei der Bewertung einzelner Vermögensgegenstände kann im Einzelfall auch bei einem über sechs Monate hinausgehenden Zeitraum zwischen Erbfall und Übertragung des Vermögens noch von einer Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses ausgegangen werden.
Im Streitfall war das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Übertragung des zunächst vom Bruder des Steuerpflichtigen im Wege der Erbfolge erlangten anteiligen KG-Anteils gemäß § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. "im Rahmen der Teilung des Nachlasses" erfolgte und für den übernommenen Anteil die Begünstigung des Betriebsvermögens nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. zu gewähren war.
2. Steuerbegünstigung für Wohnraum
Die Steuerbegünstigung für Wohnraum (§ 13c Abs. 1 ErbStG a.F.) war im Streitfall ebenfalls im Wege der Erbauseinandersetzung übertragen worden. Überträgt ein Erbe erworbenes begünstigtes Vermögen im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich nach § 13c Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des übertragenen Vermögens.
Der Begünstigungstransfer nach § 13c Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. entspricht dem des § 13a Abs. 3 und § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. § 13c Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. verlangt ebenfalls, dass die Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt und benennt dafür keinen konkreten Zeitraum. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, ist auch im Rahmen dieser Vorschrift durch eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen zu prüfen.
Im Streitfall war das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Begünstigungstransfer nicht deshalb ausgeschlossen war, weil die Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Grundvermögens erst etwas mehr als zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers erfolgte. Die Begünstigung des Steuerpflichtigen war daher auf die von ihm nach der Übertragung der Miteigentumsanteile im Alleineigentum stehenden Grundstücke zu beschränken und für diese Grundstücke in voller Höhe zu gewähren. Schließlich war auch die Steuerbegünstigung für das selbst genutzte Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) in dem beantragten Umfang zu gewähren.