Beitrittsaufforderung an das BMF: Unentgeltliche Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen bei Übergabe von nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG a.F. begünstigtem Vermögen?
Kurzbesprechung
BFH-Beschluss v. 28.4.2020 - IX R 11/19
EStG § 10 Abs. 1a Nr. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 S. 2 , § 22 Nr. 1 S. 1
Streitig ist, wie die unentgeltliche Übertragung eines vermieteten Grundstücks auf einen Abkömmling gegen lebenslängliche Versorgungsleistungen steuerlich zu behandeln ist. Da die in 2011 erfolgte Übertragung die Voraussetzungen des §10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F.) nicht erfüllt, geht die Finanzverwaltung in derartigen Fällen von einer entgeltlichen Übertragung in Form der erbrachten Versorgungsleistungen aus (BMF- Schreiben vom 11.03.2010, BStBl I 2010, 227 Tz 57 und 65).
Der BFH nimmt nun das Revisionsverfahren zum Anlass, sich grundlegend mit der Rechtsfrage zu befassen, ob wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Übertragung von nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG n.F. begünstigtem Vermögen grundsätzlich als Entgelt (bzw. im Ausnahmefall als Unterhaltsleistung) anzusehen sind oder gleichwohl als nicht begünstigte (d.h. nicht zum Sonderausgabenabzug berechtigende), aber dem Grunde nach unentgeltliche "Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen" gelten können.
Die Rechtsfrage ist --so auch im Streitfall-- u.a. von Bedeutung, wenn die Entgeltlichkeit einer Vermögensübertragung, welche die Voraussetzungen eines Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG n.F. nicht erfüllt, Tatbestandsvoraussetzung für die Berücksichtigung steuerlichen Aufwands bildet. Vor diesem Hintergrund hält es der BFH für angezeigt, das BMF an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen und zum Beitritt aufzufordern (§ 122 Abs. 2 Satz 3 FGO).
In diesem Zusammenhang gibt der BFH noch folgende Hinweise:
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 10 Abs. 1a Nr. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 S. 2 , § 22 Nr. 1 S. 1
Streitig ist, wie die unentgeltliche Übertragung eines vermieteten Grundstücks auf einen Abkömmling gegen lebenslängliche Versorgungsleistungen steuerlich zu behandeln ist. Da die in 2011 erfolgte Übertragung die Voraussetzungen des §10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F.) nicht erfüllt, geht die Finanzverwaltung in derartigen Fällen von einer entgeltlichen Übertragung in Form der erbrachten Versorgungsleistungen aus (BMF- Schreiben vom 11.03.2010, BStBl I 2010, 227 Tz 57 und 65).
Der BFH nimmt nun das Revisionsverfahren zum Anlass, sich grundlegend mit der Rechtsfrage zu befassen, ob wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Übertragung von nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG n.F. begünstigtem Vermögen grundsätzlich als Entgelt (bzw. im Ausnahmefall als Unterhaltsleistung) anzusehen sind oder gleichwohl als nicht begünstigte (d.h. nicht zum Sonderausgabenabzug berechtigende), aber dem Grunde nach unentgeltliche "Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen" gelten können.
Die Rechtsfrage ist --so auch im Streitfall-- u.a. von Bedeutung, wenn die Entgeltlichkeit einer Vermögensübertragung, welche die Voraussetzungen eines Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG n.F. nicht erfüllt, Tatbestandsvoraussetzung für die Berücksichtigung steuerlichen Aufwands bildet. Vor diesem Hintergrund hält es der BFH für angezeigt, das BMF an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen und zum Beitritt aufzufordern (§ 122 Abs. 2 Satz 3 FGO).
In diesem Zusammenhang gibt der BFH noch folgende Hinweise:
- Bei der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG durch das JStG 2008 (nunmehr § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 1 EStG n.F.) hat der Gesetzgeber den Begriff der Versorgungsleistungen und die hierzu von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der vor dem 01.01.2008 geltenden a.F. entwickelten Rechtsgrundsätze übernommen. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber des JStG 2008 erkennbar den Wunsch nach Beibehaltung der Unentgeltlichkeit der Vermögensübergabe in seinen gesetzgeberischen Reformwillen aufgenommen. Motiviert durch Überlegungen zur Förderung von Vermögensübergängen im Zuge vorweggenommener Erbfolge und zum Erhalt vorhandener Arbeitsplätze hat der Gesetzgeber ferner die überkommene, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägte Struktur des Rechtsinstituts der unentgeltlichen Vermögensübergabe in die neue Gesetzesregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 2008 aufgenommen und lediglich die Grenzen des Anwendungsbereiches --d.h. die Reichweite des Sonderausgabenabzugs bei der Vereinbarung von Versorgungsleistungen-- in Satz 2 der Regelung neu definiert.
- Die Bestimmungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG n.F. sind ihrem Wortlaut getreu auszulegen; eine teleologische Extension des Gesetzeswortlauts kommt vor dem Hintergrund der Gesetzeshistorie grundsätzlich nicht in Betracht. Denn der Gesetzgeber wollte das Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen mit den durch das JStG 2008 eingeführten Änderungen auf seinen Kernbereich zurückführen und Mitnahmeeffekte und missbräuchliche Gestaltungen verhindern. In diesem Zusammenhang wird der BFH zu prüfen haben, ob der Auffassung im BMF- Schreiben in BStBl I 2010, 227 Tz 57 und 65, wonach regelmäßig von einer (teil-)entgeltlichen Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen auszugehen sei, wenn kein begünstigtes Vermögen i.S. des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG n.F. übertragen wird und mithin der Sonderausgabenabzug für die wiederkehrenden Leistungen nicht eröffnet ist, vor dem Hintergrund des Wortlauts der Norm gefolgt werden kann.