20.07.2017

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer beim Erwerb eines Grundstücks zur Errichtung einer Windkraftanlage

Bei dem Erwerb eines Grundstücks zur Errichtung einer Windkraftanlage gehört eine Entschädigungszahlung, die der Käufer an den Verkäufer für An- und Durchschneidungen und gegebenenfalls notwendige Baulasten und Dienstbarkeiten auf anderen Grundstücken des Verkäufers zahlt, nicht zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

BFH 10.5.2017, II R 16/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im September 2010 vom Land ein Grundstück zur Errichtung einer Windkraftanlage gekauft. Sie hatte neben dem vereinbarten Kaufpreis von 11.550 € einen "Entschädigungswert für das Recht zur Errichtung von einer Windkraftanlage incl. des Entschädigungswerts für An- und Durchschneidung und ggf. notwendiger Baulasten und Dienstbarkeiten" i.H.v. insgesamt 454.500 € zu zahlen. Das Land verpflichtete sich, auf den ihm weiterhin gehörenden Grundstücken in der Umgebung des verkauften Grundstücks die zum Betrieb der Windkraftanlage erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten zu bestellen.

Der Berechnung des "Entschädigungswerts" lag ein Sachverständigengutachten zu Grunde. Danach entfiel dieser Wert zu 93.800 € auf das verkaufte Grundstück und zu 360.700 € auf die anderen Grundstücke des Landes. Das Land schuldete nicht die Verwendbarkeit des an die Klägerin verkauften Grundstücks für deren Zwecke.

Das Finanzamt gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer i.H.v. 16.311 € fest. Als Bemessungsgrundlage legte es sowohl den Kaufpreis als auch den gesamten Entschädigungsbetrag zu Grunde. Das FG gab der auf Herabsetzung der Grunderwerbsteuer auf 404 € gerichteten Klage insoweit statt, als es die Grunderwerbsteuer auf 3.687 € festsetzte. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Gründe:
Das FG hatte zu Recht entschieden, dass die Entschädigung von 360.700 €, die auf die dem Land verbleibenden Grundstücke entfiel, nicht zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gehörte.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Die Steuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Bei einem Kauf gilt als Gegenleistung der Kaufpreis, d.h. das Entgelt für den Kaufgegenstand "Grundstück" (§ 433 BGB). Zum Kaufpreis gehört alles, was der Käufer vereinbarungsgemäß an den Verkäufer leisten muss, um den Kaufgegenstand zu erhalten.

Das gilt auch für "Entschädigungen", die der Verkäufer für mit dem Verlust des Grundstücks verbundene negative wirtschaftliche Folgen erhält. Zum Kaufpreis gehört beispielsweise der Betrag, den sich der Verkäufer eines Grundstücks vom Käufer zum Ausgleich einer zu erwartenden Wertminderung der ihm verbleibenden Nachbargrundstücke bezahlen lässt. Leistungen des Erwerbers, die nicht den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen, insbesondere also für eine andere Leistung aufgewendet werden als für die Verpflichtung, Besitz und Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen, scheiden demgegenüber aus der Gegenleistung aus.

Infolgedessen hatte das FG zu Recht angenommen, dass der auf die benachbarten Grundstücke des Landes entfallende Anteil am Entschädigungswert nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen war. Denn diesen Betrag hatte die Steuerpflichtige nicht bezahlt, um das Eigentum an dem gekauften Grundstück zu erhalten, sondern für davon zu unterscheidende Leistungen des Landes, nämlich die Bestellung der für den Betrieb der Windkraftanlage erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten an den ihm verbleibenden Grundstücken und die Duldung von An- und Durchschneidungen dieser Grundstücke. Es handelte sich somit nicht um eine Entschädigung für eine bloße Wertminderung dieser Grundstücke.

Linkhinweis:

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