Berechnung der 110 €-Freigrenze bei Betriebsveranstaltungen
Kurzbesprechung
BFH v. 28.4.2020 - VI R 41/17
EStG § 8 Abs. 2 S 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a
Die Bewertung von Leistungen des Arbeitgebers anlässlich von Betriebsveranstaltungen bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg ermittelt werden kann, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Der Wert der den Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen kann anhand der Kosten geschätzt werden, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat. Diese sind --soweit nicht individualisierbar-- zu gleichen Teilen auf sämtliche Teilnehmer und damit auch auf Familienangehörige und Gäste, die den Arbeitnehmer bei der Betriebsveranstaltung begleitet haben, aufzuteilen. Die genannte Freigrenze gilt auch in diesem Fall je Teilnehmer. Der auf die Familienangehörigen und Gäste entfallende Aufwand wird aber den Arbeitnehmern bei der Berechnung, ob die Freigrenze überschritten ist, nicht zugerechnet.
Im Streitfall war das FG zu Recht davon ausgegangen, dass in die Schätzungsgrundlage zur Bemessung des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen sind, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Nur wenn der Arbeitnehmer objektiv bereichert ist, kann Arbeitslohn vorliegen. Zu einer objektiven Bereicherung führen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen typischerweise nur solche Leistungen, die die teilnehmenden Arbeitnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung selbst betreffen, etwa Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters, bewirken bei den Teilnehmern dagegen keinen unmittelbaren Wertzugang; sie bleiben daher bei der angesprochenen Gesamtkostenermittlung grundsätzlich außer Betracht. Entsprechendes gilt für von der Steuerpflichtigen verauslagte Reiseaufwendungen. Denn die Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung ist beruflich veranlasst, so dass es sich insoweit um steuerfreien Werbungskostenersatz gemäß § 3 Nr. 16 EStG handelt.
Im Streitfall hatte das FG den Wert der den Arbeitnehmern anlässlich des Mitarbeiterfests 2011 zugewandten Leistungen fehlerhaft berechnet. Denn es hatte bei der Berechnung, ob die 110 €-Freigrenze überschritten ist, die Gesamtkosten der Steuerpflichtigen nicht auf die bei der Veranstaltung anwesenden 592 Mitarbeiter der Steuerpflichtigen und eines verbundenen Unternehmens aufgeteilt, sondern den Teilnehmerkreis rechtsfehlerhaft um vier Personen aus dem Kreis der weiteren Anwesenden (wie etwa Künstler, Eventmanager, Fotograf, Busfahrer u.a.) erweitert.
Diese beispielhaft aufgezählten Personen sind bei der Aufteilung der Gesamtkosten nicht als Teilnehmer zu berücksichtigen. Denn bei ihnen handelte es sich weder um Mitarbeiter der Steuerpflichtigen noch um berücksichtigungsfähige Begleitpersonen oder Gäste, denen die Steuerpflichtige anlässlich der streitigen Betriebsveranstaltung auf dem individuellen Dienstverhältnis gründende Vorteile zugewendet hatte. Diese Personen nahmen --jedenfalls wenn sie nicht der Belegschaft zugehören-- an der Betriebsveranstaltung nicht teil, sondern waren als Dritte mit der Durchführung der Veranstaltung betraut. Sie waren nicht Empfänger der im Rahmen der Betriebsveranstaltung durch den Arbeitgeber überbrachten (Sach-)Leistungen. Zuwendungen des Arbeitgebers an diesen Personenkreis sind daher nicht durch das Dienstverhältnis, sondern durch andere Rechtsverhältnisse veranlasst und können nicht zu Arbeitslohn führen.
Im zweiten Rechtsgang wird das FG nun zu prüfen haben, wie viele Personen tatsächlich in welcher Funktion an dem Mitarbeiterfest der Steuerpflichtigen im Jahr 2011 teilgenommen haben, und den Teilnehmerkreis belastbar zu quantifizieren. Zudem hat es die Gesamtkosten der Steuerpflichtigen für diese Betriebsveranstaltung in den Blick zu nehmen und um sämtliche Aufwendungen, die nur dem äußeren Rahmen dienten und daher bei den Teilnehmern der Betriebsveranstaltung keinen unmittelbaren Wertzugang bewirkten, zu bereinigen. Hierzu besteht zumindest betreffend die Bewirtungskosten für die Personen, die mit der Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung befasst waren, und die von der Steuerpflichtigen getragenen Reisekosten anlässlich der Betriebsveranstaltung Anlass. Denn insoweit bereichern Aufwendungen des Arbeitgebers die teilnehmenden Mitarbeiter nach den vorgenannten Grundsätzen nicht. Allein der Umstand, dass die Gesamtkosten zwischen den Beteiligten unstreitig sind, entbindet das FG hiervon erst dann, wenn sich die Beteiligten auch über die übrigen Rechengrößen für die Berechnung der 110 € - Grenze tatsächlich verständigt haben.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 8 Abs. 2 S 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a
Die Bewertung von Leistungen des Arbeitgebers anlässlich von Betriebsveranstaltungen bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg ermittelt werden kann, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Der Wert der den Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen kann anhand der Kosten geschätzt werden, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat. Diese sind --soweit nicht individualisierbar-- zu gleichen Teilen auf sämtliche Teilnehmer und damit auch auf Familienangehörige und Gäste, die den Arbeitnehmer bei der Betriebsveranstaltung begleitet haben, aufzuteilen. Die genannte Freigrenze gilt auch in diesem Fall je Teilnehmer. Der auf die Familienangehörigen und Gäste entfallende Aufwand wird aber den Arbeitnehmern bei der Berechnung, ob die Freigrenze überschritten ist, nicht zugerechnet.
Im Streitfall war das FG zu Recht davon ausgegangen, dass in die Schätzungsgrundlage zur Bemessung des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen sind, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Nur wenn der Arbeitnehmer objektiv bereichert ist, kann Arbeitslohn vorliegen. Zu einer objektiven Bereicherung führen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen typischerweise nur solche Leistungen, die die teilnehmenden Arbeitnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung selbst betreffen, etwa Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters, bewirken bei den Teilnehmern dagegen keinen unmittelbaren Wertzugang; sie bleiben daher bei der angesprochenen Gesamtkostenermittlung grundsätzlich außer Betracht. Entsprechendes gilt für von der Steuerpflichtigen verauslagte Reiseaufwendungen. Denn die Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung ist beruflich veranlasst, so dass es sich insoweit um steuerfreien Werbungskostenersatz gemäß § 3 Nr. 16 EStG handelt.
Im Streitfall hatte das FG den Wert der den Arbeitnehmern anlässlich des Mitarbeiterfests 2011 zugewandten Leistungen fehlerhaft berechnet. Denn es hatte bei der Berechnung, ob die 110 €-Freigrenze überschritten ist, die Gesamtkosten der Steuerpflichtigen nicht auf die bei der Veranstaltung anwesenden 592 Mitarbeiter der Steuerpflichtigen und eines verbundenen Unternehmens aufgeteilt, sondern den Teilnehmerkreis rechtsfehlerhaft um vier Personen aus dem Kreis der weiteren Anwesenden (wie etwa Künstler, Eventmanager, Fotograf, Busfahrer u.a.) erweitert.
Diese beispielhaft aufgezählten Personen sind bei der Aufteilung der Gesamtkosten nicht als Teilnehmer zu berücksichtigen. Denn bei ihnen handelte es sich weder um Mitarbeiter der Steuerpflichtigen noch um berücksichtigungsfähige Begleitpersonen oder Gäste, denen die Steuerpflichtige anlässlich der streitigen Betriebsveranstaltung auf dem individuellen Dienstverhältnis gründende Vorteile zugewendet hatte. Diese Personen nahmen --jedenfalls wenn sie nicht der Belegschaft zugehören-- an der Betriebsveranstaltung nicht teil, sondern waren als Dritte mit der Durchführung der Veranstaltung betraut. Sie waren nicht Empfänger der im Rahmen der Betriebsveranstaltung durch den Arbeitgeber überbrachten (Sach-)Leistungen. Zuwendungen des Arbeitgebers an diesen Personenkreis sind daher nicht durch das Dienstverhältnis, sondern durch andere Rechtsverhältnisse veranlasst und können nicht zu Arbeitslohn führen.
Im zweiten Rechtsgang wird das FG nun zu prüfen haben, wie viele Personen tatsächlich in welcher Funktion an dem Mitarbeiterfest der Steuerpflichtigen im Jahr 2011 teilgenommen haben, und den Teilnehmerkreis belastbar zu quantifizieren. Zudem hat es die Gesamtkosten der Steuerpflichtigen für diese Betriebsveranstaltung in den Blick zu nehmen und um sämtliche Aufwendungen, die nur dem äußeren Rahmen dienten und daher bei den Teilnehmern der Betriebsveranstaltung keinen unmittelbaren Wertzugang bewirkten, zu bereinigen. Hierzu besteht zumindest betreffend die Bewirtungskosten für die Personen, die mit der Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung befasst waren, und die von der Steuerpflichtigen getragenen Reisekosten anlässlich der Betriebsveranstaltung Anlass. Denn insoweit bereichern Aufwendungen des Arbeitgebers die teilnehmenden Mitarbeiter nach den vorgenannten Grundsätzen nicht. Allein der Umstand, dass die Gesamtkosten zwischen den Beteiligten unstreitig sind, entbindet das FG hiervon erst dann, wenn sich die Beteiligten auch über die übrigen Rechengrößen für die Berechnung der 110 € - Grenze tatsächlich verständigt haben.