Berichtigung eines Bescheides bei fehlender Berücksichtigung eines bescheinigten Verlustes aus der Veräußerung von Aktien
Niedersächsisches FG v. 19.2.2020 - 3 K 323/19
Der Sachverhalt:
das klagende Ehepaar hatte im Streitjahr 2017 seine Einkommensteuererklärungen selbst mithilfe eines EDV-Programms. Auf der Anlage KAP beantragten sie die Günstigerprüfung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und gaben Kapitalerträge und daraus einbehaltene Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag an. Diese Beträge übernahmen sie u.a. aus der Steuerbescheinigung einer Bank. Diese war zugleich eine Verlustbescheinigung i.S.v. § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG und wies Verluste aus der Veräußerung von Aktien i.H.v. 10.211 € aus. Diesen Wert übernahmen die Kläger jedoch nicht in ihre Steuererklärung, die sie dem Finanzamt authentifiziert auf elektronischem Wege übermittelten.
Das Finanzamt veranlagte die Kläger erklärungsgemäß. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Im Rahmen der Steuerveranlagung für 2018 begehrten die Kläger eine Verrechnung der im Jahr 2017 angefallenen Verluste aus den Aktiengeschäften mit im Jahr 2018 erzielten Gewinnen. Auf eine entsprechende Anfrage beim Finanzamt teilte dieses den Klägern mit, dass eine Verrechnung 2018 nicht erfolgt sei, da sie in 2017 keine Verluste erklärt hätten und hierzu auch keine Daten übermittelt worden seien.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Änderung des Einkommensteuerbescheides und die begehrte Feststellung eines Verlustes aus der Veräußerung von Aktien rechtswidrig abgelehnt. Der Einkommensteuerbescheid für 2017 kann auf Grundlage von § 129 AO berichtigt werden.
Liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, ist die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 Satz 1 AO nicht von Verschuldensfragen abhängig, weshalb die oberflächliche Behandlung eines Steuerfalls grundsätzlich eine Berichtigung nach dieser Vorschrift nicht hindert. Diese Grundsätze gelten auch bei der Einreichung elektronischer Steuererklärungen. Der BFH hat bereits mehrfach Fälle mit elektronischen Steuererklärungen entschieden und dabei die Grundsätze der bisherigen Rechtsprechung angewendet.
Im Streitfall liegt durch die Nichtberücksichtigung des Verlustes aus den Aktiengeschäften eine offenbare Unrichtigkeit i.S.v. § 129 AO vor. Den Klägern ist insoweit, als sie die Zeile 11 der Anlage KAP der Steuererklärung nicht ausgefüllt hatten, eine ähnliche Unrichtigkeit i.S.v. § 129 AO unterlaufen. Für den Senat besteht kein Zweifel, dass die Berücksichtigung des Verlustes aus den Aktiengeschäften bei der Erstellung der Steuererklärung nur aufgrund eines mechanischen Versehens unterblieb und keinesfalls auf rechtliche oder tatsächliche Erwägungen zurückzuführen ist. Entweder hatten die Kläger übersehen, den Betrag in die Steuererklärung einzutragen oder sie hatten übersehen, dass der in der EDV erfasste Betrag letztlich in dieser nicht mehr auftauchte.
Es kann ausgeschlossen werden, dass die Kläger den Betrag aus rechtlichen Gründen nicht erklärt haben könnten. Denn die Kläger hatten die Anlage KAP zu der Steuererklärung ausgefüllt. Es ist kein Anknüpfungspunkt außer einem Übersehen ersichtlich, der den fehlenden Eintrag der bescheinigten Verluste auf der Anlage KAP erklären könnte. Die Verlustbescheinigung der Bank erfolgte einzig zu dem Zweck, dass dort nicht ausgeglichene Verluste ausgewiesen wurden, damit sie im Rahmen der Steuerveranlagung Berücksichtigung finden konnten. Ohne eine solche Bescheinigung ist die Verlustberücksichtigung außerhalb des beim Kreditinstitut geführten Verrechnungstopfes nicht möglich.
Die Verlustbescheinigung wird nach § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG nur auf Verlangen des Gläubigers der Kapitalerträge (in diesem Fall des Klägers) von der Bank erteilt. Damit wird ein Wahlrecht gegenüber der Bank dahingehend ausgeübt, dass nicht diese die aufgelaufenen Verluste mit dort entstehenden Gewinnen verrechnen soll, sondern dass der Gläubiger die Verluste in der Steuererklärung geltend machen möchte. Ein solcher Antrag an die Bank ist gem. § 43a Abs. 3 Satz 5 EStG unwiderruflich. Fern liegt die Erwägung, der Kläger habe auf die Verlustverrechnung bei der Bank durch die Anforderung der Verlustbescheinigung verzichtet, um dann auch darauf zu verzichten, diese Beträge in der Steuererklärung geltend zu machen.
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das klagende Ehepaar hatte im Streitjahr 2017 seine Einkommensteuererklärungen selbst mithilfe eines EDV-Programms. Auf der Anlage KAP beantragten sie die Günstigerprüfung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und gaben Kapitalerträge und daraus einbehaltene Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag an. Diese Beträge übernahmen sie u.a. aus der Steuerbescheinigung einer Bank. Diese war zugleich eine Verlustbescheinigung i.S.v. § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG und wies Verluste aus der Veräußerung von Aktien i.H.v. 10.211 € aus. Diesen Wert übernahmen die Kläger jedoch nicht in ihre Steuererklärung, die sie dem Finanzamt authentifiziert auf elektronischem Wege übermittelten.
Das Finanzamt veranlagte die Kläger erklärungsgemäß. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Im Rahmen der Steuerveranlagung für 2018 begehrten die Kläger eine Verrechnung der im Jahr 2017 angefallenen Verluste aus den Aktiengeschäften mit im Jahr 2018 erzielten Gewinnen. Auf eine entsprechende Anfrage beim Finanzamt teilte dieses den Klägern mit, dass eine Verrechnung 2018 nicht erfolgt sei, da sie in 2017 keine Verluste erklärt hätten und hierzu auch keine Daten übermittelt worden seien.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Änderung des Einkommensteuerbescheides und die begehrte Feststellung eines Verlustes aus der Veräußerung von Aktien rechtswidrig abgelehnt. Der Einkommensteuerbescheid für 2017 kann auf Grundlage von § 129 AO berichtigt werden.
Liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, ist die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 Satz 1 AO nicht von Verschuldensfragen abhängig, weshalb die oberflächliche Behandlung eines Steuerfalls grundsätzlich eine Berichtigung nach dieser Vorschrift nicht hindert. Diese Grundsätze gelten auch bei der Einreichung elektronischer Steuererklärungen. Der BFH hat bereits mehrfach Fälle mit elektronischen Steuererklärungen entschieden und dabei die Grundsätze der bisherigen Rechtsprechung angewendet.
Im Streitfall liegt durch die Nichtberücksichtigung des Verlustes aus den Aktiengeschäften eine offenbare Unrichtigkeit i.S.v. § 129 AO vor. Den Klägern ist insoweit, als sie die Zeile 11 der Anlage KAP der Steuererklärung nicht ausgefüllt hatten, eine ähnliche Unrichtigkeit i.S.v. § 129 AO unterlaufen. Für den Senat besteht kein Zweifel, dass die Berücksichtigung des Verlustes aus den Aktiengeschäften bei der Erstellung der Steuererklärung nur aufgrund eines mechanischen Versehens unterblieb und keinesfalls auf rechtliche oder tatsächliche Erwägungen zurückzuführen ist. Entweder hatten die Kläger übersehen, den Betrag in die Steuererklärung einzutragen oder sie hatten übersehen, dass der in der EDV erfasste Betrag letztlich in dieser nicht mehr auftauchte.
Es kann ausgeschlossen werden, dass die Kläger den Betrag aus rechtlichen Gründen nicht erklärt haben könnten. Denn die Kläger hatten die Anlage KAP zu der Steuererklärung ausgefüllt. Es ist kein Anknüpfungspunkt außer einem Übersehen ersichtlich, der den fehlenden Eintrag der bescheinigten Verluste auf der Anlage KAP erklären könnte. Die Verlustbescheinigung der Bank erfolgte einzig zu dem Zweck, dass dort nicht ausgeglichene Verluste ausgewiesen wurden, damit sie im Rahmen der Steuerveranlagung Berücksichtigung finden konnten. Ohne eine solche Bescheinigung ist die Verlustberücksichtigung außerhalb des beim Kreditinstitut geführten Verrechnungstopfes nicht möglich.
Die Verlustbescheinigung wird nach § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG nur auf Verlangen des Gläubigers der Kapitalerträge (in diesem Fall des Klägers) von der Bank erteilt. Damit wird ein Wahlrecht gegenüber der Bank dahingehend ausgeübt, dass nicht diese die aufgelaufenen Verluste mit dort entstehenden Gewinnen verrechnen soll, sondern dass der Gläubiger die Verluste in der Steuererklärung geltend machen möchte. Ein solcher Antrag an die Bank ist gem. § 43a Abs. 3 Satz 5 EStG unwiderruflich. Fern liegt die Erwägung, der Kläger habe auf die Verlustverrechnung bei der Bank durch die Anforderung der Verlustbescheinigung verzichtet, um dann auch darauf zu verzichten, diese Beträge in der Steuererklärung geltend zu machen.