Berichtigung eines unrichtigen Steuerausweises im Fall der zwischenzeitlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechnungsausstellers
FG Münster v. 8.10.2020 - 5 K 20/17 U
Der Sachverhalt:
Über das Vermögen der N-GmbH war am 30.3.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Die N-GmbH hatte in den Jahren 2004 und 2005 Bauleistungen für die Firma D KG erbracht, eine als Generalunternehmerin (Bebauung von fremden Grundstücken) tätige Bauprojektentwicklungsfirma, und stellte diese einschließlich ausgewiesener Umsatzsteuer gegenüber der D KG in Rechnung. Diese zahlte die Rechnungen einschließlich der ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge und machte diese anschließend als Vorsteuer geltend.
Das für die D KG zuständige Finanzamt M beanstandete dieses Vorgehen mit der Begründung, dass die D KG als Leistungsempfängerin gem. § 13b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG die Umsatzsteuer schulde und erließ gegenüber der D KG geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005. Die D KG überwies die Umsatzsteuerzahllast aus den von der Insolvenzschuldnerin erbrachten Bauleistungen im Jahr 2013 an das Finanzamt M.
Der Kläger übermittelte am 1.8.2014 die Umsatzsteuererklärung 2013 für die Insolvenzschuldnerin an das beklagte Finanzamten, in der Erklärung wurden weder Umsätze erklärt noch Vorsteuerbeträge geltend gemacht. Am 9.10.2014 beantragte der Kläger die Berichtigung (Erstattung) eines Umsatzsteuerbetrages von 213.411 € gem. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG. Zur Begründung führte er aus, er habe die ursprünglich gegenüber der D KG ausgestellten Rechnungen im Original zurückgefordert und ihr korrigierte Rechnungen, die nur noch Nettobeträge enthielten, übermittelt. Die Berichtigung sei im Jahr 2013 durchzuführen, da mit der Zahlung der Umsatzsteuer durch die D KG die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden sei.
Das Finanzamt lehnte den Antrag gem. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG ab. Es war der Ansicht, der offene USt-Ausweis in den Ausgangsrechnungen stelle einen unrichtigen Steuerausweis gem. § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG dar. Die Berichtigungsmöglichkeit bestehe daher nach § 14c Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG. Die Berichtigung sei danach für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem dem Leistungsempfänger die berichtigten Rechnungen erteilt worden seien. Die korrigierten Rechnungen seien am 18.1.2008 erstellt und im Anschluss daran an die D KG übersandt worden, so dass eine Berichtigung grundsätzlich im Rahmen der USt-Festsetzung 2008 zu erfolgen habe. Insoweit sei aber die Festsetzungsfrist bereits am 31.12.2013 abgelaufen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Steuerbetrages nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG i.Vm. § 17 Abs. 1 UStG lagen nicht vor.
Hat der leistende Unternehmer das Geld bereits vereinnahmt, kommt es zur Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG nicht bereits durch eine Änderung der Entgeltvereinbarung, sondern erst durch eine zusätzliche Entgeltrückgewähr und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt. Auch die Berichtigung beim unrichtigen Steuerausweis gem. § 14c Abs. 1 UStG setzt nach der Rechtsprechung die Rückzahlung der Umsatzsteuer an den Rechnungsempfänger voraus.
Da der Leistende den berichtigten Steuerbetrag vom Leistungsempfänger bereits vereinnahmt hat, würde eine Erstattung durch das Finanzamt allein aufgrund der Rechnungsberichtigung ohne Rückzahlung der Steuer den Leistenden ungerechtfertigt bereichern. Dieser würde doppelt begünstigt; denn einerseits hat er das Entgelt zzgl. Umsatzsteuer regelmäßig bereits vereinnahmt und andererseits könnte er im Fall einer bedingungslosen Erstattung den berichtigten Steuerbetrag vom Finanzamt nochmals verlangen. Dies ginge allein zu Lasten des Leistungsempfängers. Gleichzeitig müsste der Fiskus befürchten, vom Leistungsempfänger auf Erstattung der Umsatzsteuer an ihn in Anspruch genommen zu werden.
Dagegen wird der leistende Unternehmer, der den unrichtigen Steuerausweis in einer Rechnung gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigt und diesem den vereinnahmten Steuerbetrag zurückzahlt, nicht belastet; denn die grundsätzlich erforderliche Rückzahlung an den Leistungsempfänger kann, um eine Vorfinanzierung des berichtigten Steuerbetrags durch den Rechnungsaussteller bis zur Erstattung zu vermeiden, auch im Wege der Abtretung und Verrechnung erfolgen. Nur die Rückzahlung des berichtigten Steuerbetrags an den Leistungsempfänger führt in der Regel zu einem gerechten Interessenausgleich im Dreiecksverhältnis zwischen Finanzamt und Leistendem bzw. Leistungsempfänger und gewährleistet so letztlich auch die Neutralität der Mehrwertsteuer. Außerdem verhindert eine in diesem Sinne bedingte Berichtigung des Steuerbetrags, dass das Finanzamt z.B. in Fällen der Insolvenz des Rechnungsausstellers oder nicht erkannter Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers doppelt erstatten oder auf Steuer verzichten muss.
Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Mehrbetrages an den Leistungsempfänger besteht nach Ansicht des Senates auch in den Fällen, in denen über das Vermögen des Rechnungsausstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Denn würde in den Fällen der Insolvenz des Rechnungsausstellers das Rückzahlungserfordernis nicht gelten, dann wären der Rechnungsaussteller bzw. dessen Gläubiger auf Kosten des Leistungsempfängers dadurch (doppelt) begünstigt, dass zum einen der Mehrbetrag an ihn erstattet würde und zum anderen er den Mehrbetrag aber nicht an den Leistungsempfänger zurückzahlen müsste, weil der Anspruch des Leistungsempfängers gegen den Insolvenzschuldner nur eine quotal zu erfüllende Insolvenzforderung darstellen würde. Ein Umsatzsteuererstattungsanspruch des Rechnungsausstellers besteht daher nur bzw. insoweit, wie der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat.
Zu der Frage des Erfordernisses der Rückzahlung des Mehrbetrages an den Leistungsempfänger in den Fällen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechnungsausstellers gibt es keine aktuelle höchstrichterliche Entscheidung und in der Literatur sowie der finanzgerichtlichen Rechtsprechung werden insoweit unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten. Infolgedessen wurde die Revision zugelassen.
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Über das Vermögen der N-GmbH war am 30.3.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Die N-GmbH hatte in den Jahren 2004 und 2005 Bauleistungen für die Firma D KG erbracht, eine als Generalunternehmerin (Bebauung von fremden Grundstücken) tätige Bauprojektentwicklungsfirma, und stellte diese einschließlich ausgewiesener Umsatzsteuer gegenüber der D KG in Rechnung. Diese zahlte die Rechnungen einschließlich der ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge und machte diese anschließend als Vorsteuer geltend.
Das für die D KG zuständige Finanzamt M beanstandete dieses Vorgehen mit der Begründung, dass die D KG als Leistungsempfängerin gem. § 13b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG die Umsatzsteuer schulde und erließ gegenüber der D KG geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005. Die D KG überwies die Umsatzsteuerzahllast aus den von der Insolvenzschuldnerin erbrachten Bauleistungen im Jahr 2013 an das Finanzamt M.
Der Kläger übermittelte am 1.8.2014 die Umsatzsteuererklärung 2013 für die Insolvenzschuldnerin an das beklagte Finanzamten, in der Erklärung wurden weder Umsätze erklärt noch Vorsteuerbeträge geltend gemacht. Am 9.10.2014 beantragte der Kläger die Berichtigung (Erstattung) eines Umsatzsteuerbetrages von 213.411 € gem. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG. Zur Begründung führte er aus, er habe die ursprünglich gegenüber der D KG ausgestellten Rechnungen im Original zurückgefordert und ihr korrigierte Rechnungen, die nur noch Nettobeträge enthielten, übermittelt. Die Berichtigung sei im Jahr 2013 durchzuführen, da mit der Zahlung der Umsatzsteuer durch die D KG die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden sei.
Das Finanzamt lehnte den Antrag gem. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG ab. Es war der Ansicht, der offene USt-Ausweis in den Ausgangsrechnungen stelle einen unrichtigen Steuerausweis gem. § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG dar. Die Berichtigungsmöglichkeit bestehe daher nach § 14c Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG. Die Berichtigung sei danach für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem dem Leistungsempfänger die berichtigten Rechnungen erteilt worden seien. Die korrigierten Rechnungen seien am 18.1.2008 erstellt und im Anschluss daran an die D KG übersandt worden, so dass eine Berichtigung grundsätzlich im Rahmen der USt-Festsetzung 2008 zu erfolgen habe. Insoweit sei aber die Festsetzungsfrist bereits am 31.12.2013 abgelaufen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Steuerbetrages nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG i.Vm. § 17 Abs. 1 UStG lagen nicht vor.
Hat der leistende Unternehmer das Geld bereits vereinnahmt, kommt es zur Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG nicht bereits durch eine Änderung der Entgeltvereinbarung, sondern erst durch eine zusätzliche Entgeltrückgewähr und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt. Auch die Berichtigung beim unrichtigen Steuerausweis gem. § 14c Abs. 1 UStG setzt nach der Rechtsprechung die Rückzahlung der Umsatzsteuer an den Rechnungsempfänger voraus.
Da der Leistende den berichtigten Steuerbetrag vom Leistungsempfänger bereits vereinnahmt hat, würde eine Erstattung durch das Finanzamt allein aufgrund der Rechnungsberichtigung ohne Rückzahlung der Steuer den Leistenden ungerechtfertigt bereichern. Dieser würde doppelt begünstigt; denn einerseits hat er das Entgelt zzgl. Umsatzsteuer regelmäßig bereits vereinnahmt und andererseits könnte er im Fall einer bedingungslosen Erstattung den berichtigten Steuerbetrag vom Finanzamt nochmals verlangen. Dies ginge allein zu Lasten des Leistungsempfängers. Gleichzeitig müsste der Fiskus befürchten, vom Leistungsempfänger auf Erstattung der Umsatzsteuer an ihn in Anspruch genommen zu werden.
Dagegen wird der leistende Unternehmer, der den unrichtigen Steuerausweis in einer Rechnung gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigt und diesem den vereinnahmten Steuerbetrag zurückzahlt, nicht belastet; denn die grundsätzlich erforderliche Rückzahlung an den Leistungsempfänger kann, um eine Vorfinanzierung des berichtigten Steuerbetrags durch den Rechnungsaussteller bis zur Erstattung zu vermeiden, auch im Wege der Abtretung und Verrechnung erfolgen. Nur die Rückzahlung des berichtigten Steuerbetrags an den Leistungsempfänger führt in der Regel zu einem gerechten Interessenausgleich im Dreiecksverhältnis zwischen Finanzamt und Leistendem bzw. Leistungsempfänger und gewährleistet so letztlich auch die Neutralität der Mehrwertsteuer. Außerdem verhindert eine in diesem Sinne bedingte Berichtigung des Steuerbetrags, dass das Finanzamt z.B. in Fällen der Insolvenz des Rechnungsausstellers oder nicht erkannter Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers doppelt erstatten oder auf Steuer verzichten muss.
Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Mehrbetrages an den Leistungsempfänger besteht nach Ansicht des Senates auch in den Fällen, in denen über das Vermögen des Rechnungsausstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Denn würde in den Fällen der Insolvenz des Rechnungsausstellers das Rückzahlungserfordernis nicht gelten, dann wären der Rechnungsaussteller bzw. dessen Gläubiger auf Kosten des Leistungsempfängers dadurch (doppelt) begünstigt, dass zum einen der Mehrbetrag an ihn erstattet würde und zum anderen er den Mehrbetrag aber nicht an den Leistungsempfänger zurückzahlen müsste, weil der Anspruch des Leistungsempfängers gegen den Insolvenzschuldner nur eine quotal zu erfüllende Insolvenzforderung darstellen würde. Ein Umsatzsteuererstattungsanspruch des Rechnungsausstellers besteht daher nur bzw. insoweit, wie der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat.
Zu der Frage des Erfordernisses der Rückzahlung des Mehrbetrages an den Leistungsempfänger in den Fällen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechnungsausstellers gibt es keine aktuelle höchstrichterliche Entscheidung und in der Literatur sowie der finanzgerichtlichen Rechtsprechung werden insoweit unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten. Infolgedessen wurde die Revision zugelassen.