09.04.2018

Berücksichtigung von Kuppelprodukten beim begünstigten Einsatz von Energieerzeugnissen zur Herstellung von Energieerzeugnissen?

Beim nach § 26 Abs.1 EnergieStG begünstigten Einsatz von Energiererzeugnissen zur Herstellung von Energieerzeugnissen bleiben sog. Kuppelprodukte, die zwangsläufig mit der Herstellung von Energieerzeugnissen anfallen, bei der Ermittlung des Umfangs der Steuerbefreiung unberücksichtigt, wenn die Kuppelprodukte nicht verkauft, sondern kostenpflichtig als Abfall entsorgt werden.

FG Düsseldorf 7.2.2018, 4 K 1172/17 VE
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betrieb eine Tierkörperbeseitigungsanstalt, in der tierische Rohstoffe (tierische Nebenprodukte der Kategorie 1 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002) zu Tiermehl und Tierfett verarbeitet wurden. Tiermehl verkaufte sie als Brennstoff, Tierfett zum Teil als Energieerzeugnis, zum Teil verwendete sie Tierfett auch als Heizstoff für die Erzeugung von Prozessdampf. Einen Teil des Tierfetts verkaufte sie an Unternehmen der Oleochemie.

Der Klägerin war eine Erlaubnis zur Herstellung von Energieerzeugnissen unter Steueraussetzung erteilt worden, nach der sie u.a. den Eigenverbrauch von Energieerzeugnissen zu ermitteln hatte. Der auch unter Einsatz von Tierfett erzeugte Dampf wurde bei der Sterilisation und der Trocknung eingesetzt. Erst nach der Trocknung der gesamten Masse erfolgte eine mechanische Trennung in Tierfett einerseits und einem Vorprodukt des Tiermehls, das dann zu Tiermehl verarbeitet wurde. Die Klägerin gab für das von ihr zum Heizstoff bestimmte und für die eigene Dampferzeugung verwendete Tierfett keine Steueranmeldung ab, da dieses Tierfett der Herstellung von Energieerzeugnissen gedient habe, § 26 EnergieStG.

Nach einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu der Auffassung, das Tierfett habe mit dem Einsatz oder dem Verkauf zum Verheizen die Zweckbestimmung Heizstoff erhalten und sei dadurch zu einem Energieerzeugnis nach §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 4 Nr. 1 EnergieStG geworden. Es könne daher nur insoweit steuerfrei gestellt werden, als es zur Herstellung von Energieerzeugnissen eingesetzt worden sei, d.h. für 2009 i.H.v. rd. 30 % und für 2010 i.H.v. rd. 18 %. Für den insoweit nicht begünstigten Teil des Tierfetts seien für 2009 und für 2010 Energiesteuer entstanden und noch zu erheben. Die Klägerin ist hingegen der Ansicht, der gesamte Einsatz von Tierfett sei steuerfrei.

Das FG gab der Klage teilweise statt. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Klägerin zu Recht für die 2010 entstandene Energiesteuer in Anspruch genommen. Hinsichtlich des Jahres 2009 war die Festsetzung der Energiesteuer allerdings aufzuheben, soweit mehr als 9.000 € festgesetzt worden ist.

Nach § 8 Abs. 1 EnergieStG entsteht die Energiesteuer dadurch, dass Energieerzeugnisse i.S.d. § 4 EnergieStG zum Verbrauch im Steuerlager entnommen werden. Das streitbefangene Tierfett, das die Klägerin für die Dampferzeugung in ihren Anlagen eingesetzt hat, ist ein Energieerzeugnis nach § 4 Nr. 1 EnergieStG, denn es ist eine Ware der Position 1518 der Kombinierten Nomenklatur, die dazu bestimmt war, als Heizstoff verwendet zu werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin führt die Steuerbefreiung nach § 26 Abs. 1 EnergieStG nicht dazu, dass das Tierfett, das sie in ihrem Betrieb als Heizstoff eingesetzt hat, gänzlich von der Energiesteuer befreit ist. Nach dieser Vorschrift darf der Inhaber des Herstellungsbetriebs Energieerzeugnisse, zu denen auch zum Verheizen bestimmtes Tierfett gehört, steuerfrei verwenden. Diese Begünstigung ist verwendungsbezogen dahingehend zu verstehen, dass der Einsatz des Tierfetts als Heizstoff die Herstellung eines Energieerzeugnisses fördern muss.

Erfolgt der Verbrauch jedoch zu Zwecken, die nicht mit der Herstellung von Energieerzeugnissen im Zusammenhang stehen, so gilt dies nach Art. 21 Abs. 3 S. 3 RL 2003/96 als ein Steuerentstehungstatbestand. Damit ist es den Mitgliedstaaten verwehrt, eine Steuerbegünstigung auch für solche Energieerzeugnisse zu gewähren, deren Verwendung nicht mit dem eigentlichen Herstellungsprozess zusammenhängt. In diesem Licht ist § 26 Abs. 1 EnergieStG auszulegen. Dies hat zur Folge, dass der Klägerin vorliegend die Steuerbefreiung nach § 26 Abs. 1 EnergieStG nur soweit gewährt werden kann, wie der Einsatz des Tierfetts als Heizstoff zur Herstellung von Energieerzeugnissen eingesetzt worden ist, nicht aber, soweit durch den Einsatz von Tierfett als Heizstoff andere Erzeugnisse, die keine Energieerzeugnisse sind, hergestellt worden sind.

Hinsichtlich des von ihr hergestellten Tierfetts hat die Klägerin auch solches produziert, das keine Energieerzeugnis war, weil es nicht zum Verheizen, sondern ohne diese Zweckbestimmung an Unternehmen der Oleochemie weiterverkauft worden ist. Insoweit diente der Einsatz von Tierfett als Heizstoff bezogen auf die Herstellung von Tierfett im Jahr 2009 nur zu rd. 87 % und im Jahr 2010 nur zu rd. 52 % der Herstellung von Energieerzeugnissen. Daher ist, selbst wenn der Argumentation der Klägerin zu folgen wäre, der Umfang der Steuerbefreiung entsprechend herabzusetzen. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, die Herstellung von Tiermehl sei bei der Herstellung von Tierfett nur ein sogenanntes Kuppelprodukt, das bei der Berechnung des Umfangs der Steuerbefreiung außer Acht zu lassen sei, kann dem nur zum Teil gefolgt werden.

Allein aus dem Umstand, dass bei der Herstellung von Energieerzeugnissen durch den Einsatz von Energieerzeugnissen i.S.d. § 26 Abs. 1 EnergieStG andere Produkte zwangsläufig anfallen, folgt nicht, dass die Herstellung dieser Produkte für das Ausmaß der Steuerbefreiung im Rahmen des Herstellerprivilegs unerheblich ist. Eine Einbeziehung der sog. Kuppelprodukte, hier des Tiermehls, in die Menge, die unter Einsatz des Tierfetts als Heizstoff hergestellt wurde, ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Kuppelprodukt nicht und auch nicht zu einem geringen Preis verkauft werden kann, sondern nur gegen Zahlungen der Klägerin entsorgt werden muss, mithin Abfall ist. Dies war nur beim Tiermehl im Jahr 2009 der Fall, weil die Klägerin für dessen Verwertung rd. 3,50 € Kosten je Tonne zu tragen hatte. Schon im Folgejahr konnte die Klägerin für das Tiermehl einen geringen Kaufpreis erzielen.

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