09.09.2011

Berufsausbildungskosten können auch bei späterer Auslandstätigkeit vorweggenommene Werbungskosten darstellen

Aufwendungen einer erstmaligen Berufsausbildung (hier: Pilotenausbildung) können als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. Allein die Möglichkeit, dass diese Berufstätigkeit später auch im Ausland ausgeübt werden könnte, begründet noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang i.S.d. § 3c Abs. 1 1. Hs. EStG zwischen den Berufsausbildungskosten und später tatsächlich erzielten steuerfreien Auslandseinkünften.

BFH 28.7.2011, VI R 5/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte nach dem Abitur und dem anschließenden Zivildienst im Februar 2004 eine nicht vergütete Piloten-Ausbildung aufgenommen. Nachdem er die Ausbildung im Jahr 2005 erfolgreich abgeschlossen hatte, war er ab Februar 2006 als First Officer bei einer türkischen Airline tätig und gab seinen inländischen Wohnsitz auf, um in die Türkei zu ziehen. Seit Oktober 2007 ist der Kläger bei einer deutschen Fluggesellschaft beschäftigt und wohnt auch wieder im Inland.

Der Kläger beantragte für das Streitjahr 2004 die Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs i.H.v. 71.813 €, den er im Wesentlichen mit den ihm entstandenen Ausbildungskosten von rund 59.000 € begründete. Das Finanzamt lehnte dies allerdings unter Hinweis auf § 12 Nr. 5 EStG ab.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hatte die Aufwendungen des Klägers für dessen Ausbildung als Flugzeugführer zu Unrecht vom Abzug als vorweggenommene Werbungskosten gem. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG ausgeschlossen.

Aufwendungen einer erstmaligen Berufsausbildung können als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. § 12 Nr. 5 EStG lässt ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den Vorrang des Werbungskostenabzugs und Betriebsausgabenabzugs unberührt. Der Senat hält nicht mehr an der in seinen Urteilen vom 18.6.2009 (Az.: VI R 31/07 u.a.) vertretenen fest, wonach § 12 Nr. 5 EStG in typisierender Weise bestimme, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung - von dem in Hs. 2 der Vorschrift genannten Fall abgesehen - noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stehen. Diese Auffassung könnte zwar der Sichtweise der Begründung des § 12 Nr. 5 EStG im Ausschussbericht entsprechen, findet aber, keine hinreichende Grundlage im Wortlaut der Norm.

Die Sache war allerdings noch nicht entscheidungsreif, da das FG hat noch nicht geprüft hatte, ob und welche der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für seine Pilotenausbildung tatsächlich entstanden und inwieweit sie beruflich veranlasst waren. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen vorweggenommenen Werbungskosten i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG und nachfolgender Berufstätigkeit ist regelmäßig gegeben, wenn die Ausbildung Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist. Dies war hier der Fall, denn zwischen den Aufwendungen, die dem Kläger für seine Pilotenausbildung entstanden waren, und seiner nachfolgenden beruflichen Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer bestand offenkundig ein solcher Veranlassungszusammenhang.

Dem stand § 3c Abs. 1  1. Hs. EStG nicht entgegen. Danach dürfen zwar Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Allerdings begründet allein die Möglichkeit, dass diese Berufstätigkeit - wie hier - später auch im Ausland ausgeübt werden könnte, noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang i.S.d. § 3c Abs. 1 1. Hs. EStG zwischen den Berufsausbildungskosten und später tatsächlich erzielten steuerfreien Auslandseinkünften. In solchen Fällen fehlt es an einer erkennbaren und abgrenzbaren Beziehung zwischen Aufwendungen und künftigen Einnahmen. Schließlich hatte der Kläger die Aufwendungen nicht im Hinblick auf die konkrete Anstellung in der Türkei, sondern zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation getätigt.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH online
Zurück