29.07.2022

Besteuerung der Umsätze eines Freizeitparks

Innenumsätze innerhalb eines Organkreises sind keine Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 1 und 3 UStG. Die Organträgerin hat sich auch nicht auf die Unionsrechtswidrigkeit hinsichtlich der Zurechnung der Umsätze der Organgesellschaft berufen. Die Einräumung der Berechtigung zum Eintritt in einen Freizeitpark unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG.

Kurzbesprechung
BFH v. 17.3.2022 - XI R 23/21 (XI R 4/21)

UStG § 2 Abs. 1, UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d, § 25 Abs. 1, § 25 Abs. 3, § 25 Abs. 4
UStDV § 30
EGRL 112/2006 Art. 98 Abs 2, 112/2006 Art. 306ff


Streitig war, ob die Einräumung einer Berechtigung zum Eintritt in einen Freizeitpark mit diversen Fahrgeschäften dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Die Steuerpflichtige ist alleinige Gesellschafterin und umsatzsteuerrechtliche Organträgerin der N-GmbH. Sie betrieb im Jahr 2011 (Streitjahr) einen Freizeitpark mit diversen Fahrgeschäften. Die Eintrittskarten, die zum Eintritt in den Park berechtigten, verkaufte sie vor Ort sowie online.

Daneben verkaufte die N-GmbH sog. Kombitickets. Dieses Ticket berechtigte in der Regel zum Besuch des Freizeitparks sowie zur Übernachtung in einem Hotel, mit dessen Inhaber die N-GmbH eine wirtschaftliche Partnerschaft unterhielt. Die N-GmbH betrieb selbst keine Hotels. Die Kunden konnten den Inhalt des Kombitickets um weitere Komponenten (z.B. Verpflegung oder privilegierte Inanspruchnahme von Fahrgeschäften) erweitern. Um die Leistungen, zu deren Bezug das Kombiticket berechtigte, an die Kunden erbringen zu können, erwarb die N-GmbH von der Steuerpflichtigen Eintrittskarten. Die Hotelbetreiber stellten der N-GmbH ihre Beherbergungsleistungen in Rechnung.

Die Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten meldete die Steuerpflichtige in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr zum Regelsteuersatz an. Auf die Umsätze der N-GmbH wendete sie die Margenbesteuerung für Reiseleistungen nach § 25 UStG an. Die von der Steuerpflichtigen bezogenen Eintrittsberechtigungen sowie die Beherbergungsleistungen der Hoteliers seien als Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 3 Satz 1 UStG anzusehen, so dass die Aufwendungen für die Reisevorleistungen von den Erlösen aus dem Verkauf der Kombitickets abzuziehen seien. Die verbleibende Differenz sei Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.

Das FA vertrat die Auffassung, aufgrund der Organschaft seien die Eintrittsberechtigungen der Steuerpflichtigen keine Reisevorleistungen mehr, sondern nicht steuerbare Innenumsätze, so dass sie nicht mehr margenmindernd zu berücksichtigen seien. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit ihrem Einspruch begehrte die Steuerpflichtige erfolglos neben der Einstufung der Eintrittsberechtigungen als Reisevorleistungen erstmals die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG auf ihre Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten.

Der BFH entschied, dass die Eintrittsberechtigungen in die Reiseleistungen an die Erwerber der Kombitickets eingehen. Insoweit ist der Verkauf der Kombitickets als Innenumsatz der Steuerpflichtigen an die N-GmbH nicht steuerbar. Da in Fällen der Organschaft nur die von Dritten bezogenen Leistungen Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 1 und 3 UStG sein können, sind die hier streitigen Innenumsätze nicht in die sog. Margenbesteuerung einzubeziehen. Als Ausgangsleistungen mit eigenen Mitteln (Eigenleistungen) unterliegen sie auch nicht der Margenbesteuerung des § 25 Abs. 1 UStG.

Auf die verbleibenden Leistungen der Steuerpflichtigen an die Erwerber der Kombitickets, die unter § 25 Abs. 1 UStG fallen, ist der Regelsteuersatz anzuwenden, weil Reiseleistungen weder in § 12 Abs. 2 UStG noch in Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) als ermäßigt zu besteuernde Umsätze aufgeführt sind.

Ebenfalls zu Recht hatte das FG entschieden, dass die Einräumung der Eintrittsberechtigung in den von der Steuerpflichtigen betriebenen Freizeitpark nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG ermäßigt ist. Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich der Steuersatz auf sieben Prozent u.a. für die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller. Gemäß § 30 UStDV gelten als Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen.

Der BFH hat "Schausteller" als Personen definiert, die mit ihren der Unterhaltung dienenden Unternehmen gewerbsmäßig Jahrmärkte, Volksfeste usw. beschicken, damit von Ort zu Ort ziehen. Begünstigt ist jedoch nur eine tätigkeits- und nicht eine personenbezogene Leistung, die voraussetzt, dass der jeweilige Umsatz auf einer ambulanten, d.h. nicht ortsfest ausgeführten schaustellerischen Leistung beruht.

Auf dieser Grundlage hatte das FG zu Recht entschieden, dass Eintrittsberechtigungen in einen ortsgebundenen Freizeitpark nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG unterliegen. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des FG wurden von der Steuerpflichtigen erbrachten Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten nicht auf Jahrmärkten, Volksfesten oder ähnlichen Veranstaltungen erbracht, denn der Freizeitpark der Steuerpflichtigen als Schaustellungsunternehmen ist ortsgebunden.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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