Beteiligung des Kommanditisten an Komplementär-GmbH als funktional (un)wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils
Kurzbesprechung
BFH v. 1.2.2024 - IV R 9/20
EStG § 6 Abs 3 S 1, § 6 Abs 6 S 1, § 16 Abs 3 S 1
UmwStG 2006 § 24 Abs 1, § 24 Abs 2 S 3
ZPO § 240
HGB § 161 Abs 2, § 116 Abs 1, § 131 Abs 3 S 1 Nr. 2 EStG
FGO § 60 Abs 3
Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine Personengesellschaft eingebracht und wird der Einbringende Mitunternehmer der Gesellschaft, gelten nach § 24 Abs. 1 UmwStG für die Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens die Absätze 2 bis 4. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG hat die Personengesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit dem gemeinen Wert anzusetzen; für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt § 6a EStG. Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG kann abweichend von Satz 1 das übernommene Betriebsvermögen auf Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem Wert im Sinne des Satzes 1, angesetzt werden, soweit das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des eingebrachten Betriebsvermögens nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Nach § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG gilt § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG entsprechend; danach ist der Antrag spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG gilt der Wert, mit dem das eingebrachte Betriebsvermögen in der Bilanz der Personengesellschaft einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter angesetzt wird, für den Einbringenden als Veräußerungspreis.
Im Streitfall war das FG zwar im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Steuerpflichtige seinen Mitunternehmeranteil nach § 24 Abs. 1 UmwStG ohne Rückbehalt einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage auf die B-KG übertragen hatte. Der BFH konnte aber nicht abschließend beurteilen, ob die Einbringung (insgesamt) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt ist.
Der Steuerpflichtige hatte seinen Mitunternehmeranteil im Sinne des § 24 Abs. 1 UmwStG auf die B-KG übertragen. Denn seine Beteiligung an der T-GmbH (Komplementär - GmbH) war ‑ selbst wenn sie notwendiges Sonderbetriebsvermögen II des Steuerpflichtigen bei der T-KG gewesen sein sollte ‑ nach der anzuwendenden funktionalen Betrachtungsweise weder infolge nachhaltiger Stärkung seines Einflusses auf die Geschäftsführung der T-KG noch aufgrund ihrer Erforderlichkeit zur Aufrechterhaltung der zweigliedrigen Struktur der T-KG eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils.
Der Tatbestand des § 24 Abs. 1 UmwStG setzt die Einbringung eines Mitunternehmeranteils voraus. Dies erfordert, dass neben dem Gesellschaftsanteil (Beteiligung an den Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens) zugleich die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des Anteils zählenden Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens eingebracht werden.
Ob Wirtschaftsgüter wesentliche Betriebsgrundlagen sind, richtet sich im Anwendungsbereich des § 24 UmwStG ‑ wie bei § 20 UmwStG ‑ ausschließlich nach der funktionalen Betrachtungsweise. Die quantitative Betrachtungsweise, das heißt das Vorhandensein stiller Reserven im Übertragungsobjekt, ist hierfür unerheblich.
Als funktional wesentlich werden gemeinhin alle Wirtschaftsgüter angesehen, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben und mithin für die Fortführung des Betriebs notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben.
Zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Mitunternehmeranteils können nicht nur die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens I, sondern auch diejenigen des Sonderbetriebsvermögens II und damit auch Kapitalbeteiligungen des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH gehören.
Die Frage, ob derartige Kapitalbeteiligungen funktional wesentlich sind, ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Denn auch sonst ist bei der Beurteilung der funktionalen Wesentlichkeit eines Wirtschaftsguts auf dessen tatsächliche Verwendung (vor der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung) abzustellen. Maßgeblich ist die konkrete Funktion dieser Kapitalbeteiligung für den Mitunternehmeranteil. Der Kapitalbeteiligung muss für die unmittelbare Stärkung oder Begründung der mitunternehmerischen Beteiligung ein erhebliches beziehungsweise nachhaltiges Gewicht zukommen.
Im Streitfall hatten sich die Gesellschafter der T- GmbH ‑ der Steuerpflichtige und die T-KG ‑ verpflichtet, insbesondere bei Beschlüssen, welche die Geschäftsführung der T-GmbH betreffen, ihre Stimmen einheitlich abzugeben. Dabei ist die Stimmabgabe der T-KG als Konsortialführerin maßgeblich, die durch den beziehungsweise die Kommanditisten der T-KG ‑ im Streitfall den Steuerpflichtigen ‑ vertreten wird. In der Gesellschafterversammlung der T-GmbH wird daher das Stimmrecht der T-KG durch den Kommanditisten, nicht durch die Komplementärin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, ausgeübt. Diese Stimmabgabe des Kommanditisten gibt den Inhalt für die Stimmabgabe des Steuerpflichtigen als Gesellschafter der T-GmbH vor.
Damit versetzt den Steuerpflichtige jedoch gerade nicht seine Kapitalbeteiligung an der T-GmbH, sondern seine Stellung als Kommanditist der T-KG in die Lage, über Fragen der laufenden Geschäftsführung der T-KG zu bestimmen. Die Kapitalbeteiligung des Steuerpflichtigen an der T-GmbH begründet nicht seinen Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der T-KG.
Im Streitfall konnte der BFH mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob § 24 UmwStG insgesamt zur Anwendung kommt. Denn § 24 Abs. 1 UmwStG verlangt die Einräumung einer Mitunternehmerstellung als Gegenleistung für die Einbringung der Sachgesamtheit. Eine derartige Einräumung wäre im Streitfall zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Steuerpflichtige gegebenenfalls sowohl vor als auch nach der Einbringung zu 100 % am Vermögen, am Gewinn und Verlust und an den Stimmrechten beteiligt gewesen ist. Der BFH konnte aber nicht abschließend prüfen, ob die Einbringung (insgesamt) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder auch gegen Einräumung eines sonstigen Entgelts (zum Beispiel einer Darlehensforderung) erfolgt war.
Entsprechend wurde der Streitfall an die Vorinstanz zurückverwiesen, um dem FG Gelegenheit zu geben, im zweiten Rechtsgang die bisher fehlenden erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachzuholen, welche die Beurteilung ermöglichen, ob die Gutschriften auf den Gesellschafterkonten des Steuerpflichtigen insgesamt zur Gewährung von Gesellschaftsrechten geführt haben.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 6 Abs 3 S 1, § 6 Abs 6 S 1, § 16 Abs 3 S 1
UmwStG 2006 § 24 Abs 1, § 24 Abs 2 S 3
ZPO § 240
HGB § 161 Abs 2, § 116 Abs 1, § 131 Abs 3 S 1 Nr. 2 EStG
FGO § 60 Abs 3
Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine Personengesellschaft eingebracht und wird der Einbringende Mitunternehmer der Gesellschaft, gelten nach § 24 Abs. 1 UmwStG für die Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens die Absätze 2 bis 4. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG hat die Personengesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit dem gemeinen Wert anzusetzen; für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt § 6a EStG. Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG kann abweichend von Satz 1 das übernommene Betriebsvermögen auf Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem Wert im Sinne des Satzes 1, angesetzt werden, soweit das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des eingebrachten Betriebsvermögens nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Nach § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG gilt § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG entsprechend; danach ist der Antrag spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG gilt der Wert, mit dem das eingebrachte Betriebsvermögen in der Bilanz der Personengesellschaft einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter angesetzt wird, für den Einbringenden als Veräußerungspreis.
Im Streitfall war das FG zwar im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Steuerpflichtige seinen Mitunternehmeranteil nach § 24 Abs. 1 UmwStG ohne Rückbehalt einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage auf die B-KG übertragen hatte. Der BFH konnte aber nicht abschließend beurteilen, ob die Einbringung (insgesamt) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt ist.
Der Steuerpflichtige hatte seinen Mitunternehmeranteil im Sinne des § 24 Abs. 1 UmwStG auf die B-KG übertragen. Denn seine Beteiligung an der T-GmbH (Komplementär - GmbH) war ‑ selbst wenn sie notwendiges Sonderbetriebsvermögen II des Steuerpflichtigen bei der T-KG gewesen sein sollte ‑ nach der anzuwendenden funktionalen Betrachtungsweise weder infolge nachhaltiger Stärkung seines Einflusses auf die Geschäftsführung der T-KG noch aufgrund ihrer Erforderlichkeit zur Aufrechterhaltung der zweigliedrigen Struktur der T-KG eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils.
Der Tatbestand des § 24 Abs. 1 UmwStG setzt die Einbringung eines Mitunternehmeranteils voraus. Dies erfordert, dass neben dem Gesellschaftsanteil (Beteiligung an den Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens) zugleich die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des Anteils zählenden Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens eingebracht werden.
Ob Wirtschaftsgüter wesentliche Betriebsgrundlagen sind, richtet sich im Anwendungsbereich des § 24 UmwStG ‑ wie bei § 20 UmwStG ‑ ausschließlich nach der funktionalen Betrachtungsweise. Die quantitative Betrachtungsweise, das heißt das Vorhandensein stiller Reserven im Übertragungsobjekt, ist hierfür unerheblich.
Als funktional wesentlich werden gemeinhin alle Wirtschaftsgüter angesehen, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben und mithin für die Fortführung des Betriebs notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben.
Zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Mitunternehmeranteils können nicht nur die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens I, sondern auch diejenigen des Sonderbetriebsvermögens II und damit auch Kapitalbeteiligungen des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH gehören.
Die Frage, ob derartige Kapitalbeteiligungen funktional wesentlich sind, ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Denn auch sonst ist bei der Beurteilung der funktionalen Wesentlichkeit eines Wirtschaftsguts auf dessen tatsächliche Verwendung (vor der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung) abzustellen. Maßgeblich ist die konkrete Funktion dieser Kapitalbeteiligung für den Mitunternehmeranteil. Der Kapitalbeteiligung muss für die unmittelbare Stärkung oder Begründung der mitunternehmerischen Beteiligung ein erhebliches beziehungsweise nachhaltiges Gewicht zukommen.
Im Streitfall hatten sich die Gesellschafter der T- GmbH ‑ der Steuerpflichtige und die T-KG ‑ verpflichtet, insbesondere bei Beschlüssen, welche die Geschäftsführung der T-GmbH betreffen, ihre Stimmen einheitlich abzugeben. Dabei ist die Stimmabgabe der T-KG als Konsortialführerin maßgeblich, die durch den beziehungsweise die Kommanditisten der T-KG ‑ im Streitfall den Steuerpflichtigen ‑ vertreten wird. In der Gesellschafterversammlung der T-GmbH wird daher das Stimmrecht der T-KG durch den Kommanditisten, nicht durch die Komplementärin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, ausgeübt. Diese Stimmabgabe des Kommanditisten gibt den Inhalt für die Stimmabgabe des Steuerpflichtigen als Gesellschafter der T-GmbH vor.
Damit versetzt den Steuerpflichtige jedoch gerade nicht seine Kapitalbeteiligung an der T-GmbH, sondern seine Stellung als Kommanditist der T-KG in die Lage, über Fragen der laufenden Geschäftsführung der T-KG zu bestimmen. Die Kapitalbeteiligung des Steuerpflichtigen an der T-GmbH begründet nicht seinen Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der T-KG.
Im Streitfall konnte der BFH mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob § 24 UmwStG insgesamt zur Anwendung kommt. Denn § 24 Abs. 1 UmwStG verlangt die Einräumung einer Mitunternehmerstellung als Gegenleistung für die Einbringung der Sachgesamtheit. Eine derartige Einräumung wäre im Streitfall zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Steuerpflichtige gegebenenfalls sowohl vor als auch nach der Einbringung zu 100 % am Vermögen, am Gewinn und Verlust und an den Stimmrechten beteiligt gewesen ist. Der BFH konnte aber nicht abschließend prüfen, ob die Einbringung (insgesamt) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder auch gegen Einräumung eines sonstigen Entgelts (zum Beispiel einer Darlehensforderung) erfolgt war.
Entsprechend wurde der Streitfall an die Vorinstanz zurückverwiesen, um dem FG Gelegenheit zu geben, im zweiten Rechtsgang die bisher fehlenden erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachzuholen, welche die Beurteilung ermöglichen, ob die Gutschriften auf den Gesellschafterkonten des Steuerpflichtigen insgesamt zur Gewährung von Gesellschaftsrechten geführt haben.