23.01.2013

Beteiligungsgrenze von 1 Prozent i.S.v. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG verfassungsgemäß

Die Beteiligungsgrenze von 1 Prozent gem. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG (i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000) ist verfassungsgemäß. Danach sind Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft steuerpflichtig, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft zu mindestens 1 Prozent beteiligt war.

BFH 24.10.2012, IX R 36/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Gründungsgesellschafter einer im Jahr 1993 errichteten GmbH, die im Jahr 2000 in eine AG umgewandelt wurde. Seine Beteiligung bewegte sich bis zu der streitbefangenen Anteilsveräußerung im August 2003 zwischen 4,9 und 7 Prozent. Aus dieser Veräußerung erzielte der Kläger unstreitig einen Veräußerungsgewinn von rd. 390.000 €, den das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2003 unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens mit rd. 195.000 € als Einkünfte i.S.v. § 17 EStG erfasste.

Ein im März 2011 ergangener Änderungsbescheid erfasst diese Einkünfte nur noch mit rd. 142.000 €; der Teil des vom Kläger erzielten Gewinns aus der Aktienveräußerung, der auf den Zeitraum bis zum 26.10.2000, dem Tag der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes entfällt, wird nicht mehr besteuert. Der Kläger macht demgegenüber geltend, die Regelung in § 17 Abs. 1 S. 1 EStG verstoße gegen das GG. Seine in 2003 angefallenen Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf der Aktien der AG seien daher ohne Rechtsgrund versteuert worden.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Gründe:
Das FG hat den angegriffenen Einkommensteuerbescheid zutreffend für rechtmäßig und § 17 Abs. 1 S. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (1-Prozent-Grenze) für verfassungsgemäß erachtet.

Die Beteiligungsgrenze von 1 Prozent gem. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG ist verfassungsgemäß. Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft sind demnach steuerpflichtig, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft zu mindestens 1 Prozent beteiligt war.

Die Entscheidung, ob Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens besteuert werden, ist eine politische. § 17 EStG kommt eine neue Funktion zu, nämlich grundsätzlich sicherzustellen, dass es nicht durch Veräußerung der Beteiligung möglich ist, die Halbeinkünftebesteuerung auf der Ebene des Anteilseigners, der seine Anteile nicht in einem Betriebsvermögen hält, zu vermeiden. Die Wahl der Untergrenze von 1 Prozent ist insoweit von der Gestaltungsfreiheit und Typisierungsbefugnis des Steuergesetzgebers umfasst.

Nicht zu beanstanden ist auch die steuerliche Erfassung von Wertsteigerungen im Zeitraum von der Gesetzesverkündung bis zum Inkrafttreten der 1-Prozent-Grenze. Die Erfassung von Wertsteigerungen von der Verkündung bis zum Inkrafttreten der 1-Prozent-Grenze ist eine solche des Vertrauensschutzes, nicht eine von Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Gleichheitswidrigkeit ist insoweit nicht ersichtlich.

Hintergrund:
Seit Einführung der Abgeltungssteuer auf Kapitaleinkünfte im Veranlagungszeitraum 2009 unterliegen die Gewinne aus der Veräußerung von Aktien auch bei einer Beteiligung von unter 1 Prozent der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Die damit im Zusammenhang stehenden Fragen waren nicht Gegenstand des Urteils.

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BFH PM Nr. 4 vom 23.1.2013
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