17.06.2021

Bonuszahlungen einer privaten Krankenkasse als Beitragserstattung

Bonuszahlungen einer privaten Krankenkasse mindern als Beitragserstattung die nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abzugsfähigen Sonderausgaben, wenn diese unabhängig davon gezahlt werden, ob dem Versicherungsnehmer finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht. Der mit den Bonuszahlungen einhergehende teilweise Verlust eines Erstattungsanspruchs für Gesundheitsaufwendungen berührt nicht die für § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG maßgebliche Beitragsebene.

Kurzbesprechung
BFH v. 16.12.2020 - X R 31/19

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Buchst. a, § 33 Abs. 1, § 33 Abs. 3
SGB 5 § 65a


Beiträge zu Krankenversicherungen sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 1 EStG als Sonderausgaben abzugsfähig, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die --mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile-- in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) vergleichbar sind.

Zu den Beiträgen gehören nicht nur die eigentlichen Prämien, sondern auch die üblichen mit dem Versicherungsverhältnis zusammenhängenden und vom Versicherten zu tragenden Nebenleistungen. Aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG, der Beiträge "zu" einer Krankenversicherung voraussetzt, folgt allerdings, dass nur solche Beiträge tatbestandlich sind, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen. Dies ist z.B. für einen vom Steuerpflichtigen vereinbarten und getragenen Selbstbehalt nicht der Fall, da die Krankenversicherung insoweit nicht das Risiko übernimmt, für künftige Schadensfälle einzutreten.

Nach dem Eingangssatz des § 10 Abs. 1 EStG sind nur "Aufwendungen" als Sonderausgaben abzugsfähig. Hieraus und aus dem Zweck des § 10 EStG, bestimmte --die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mindernde-- Privatausgaben vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen, folgt, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Werden dem Steuerpflichtigen Versicherungsbeiträge erstattet, mindert die Erstattung im Jahr des Zuflusses den Sonderausgabenabzug. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Zahlung des Versicherungsunternehmens nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt auch als Beitragserstattung und nicht als eine hiervon losgelöste Leistung zu werten ist. Hierbei ist weder die von dem Versicherungsunternehmen gewählte Bezeichnung seiner Zahlung noch deren sozialrechtliche Qualifikation erheblich.

Daher stellt eine Prämienzahlung, die eine gesetzliche Krankenkasse ihrem Mitglied im Rahmen eines Wahltarifs gemäß § 53 Abs. 1 SGB V gewährt, keine Versicherungsleistung, sondern eine Beitragserstattung dar, weil diese im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes steht. Durch die Prämie ändert sich die Gegenleistung, die vom Mitglied zu erbringen ist, um den vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten. Die Prämie wird gezahlt, da die Krankenversicherung vom Mitglied entweder nicht oder in einem geringeren Umfang in Anspruch genommen worden ist, als dies der Fall gewesen wäre, wenn es keine Prämie gegeben hätte; hierdurch wird im Ergebnis der Beitrag des Mitglieds und damit dessen wirtschaftliche Belastung reduziert.

Dagegen hat der BFH bereits mehrfach entschieden, dass die Bonuszahlung einer gesetzlichen Krankenkasse gemäß § 65a SGB V nicht als Beitragserstattung zu qualifizieren ist, sofern hierdurch konkret der Gesundheitsmaßnahme zuzuordnender finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Derartige Boni stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, sondern sind als Erstattung der vom Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen und damit als eine nicht die Höhe des Sonderausgabenabzugs beeinflussende Leistung der Krankenkasse anzusehen. Diese Boni mindern daher --unabhängig von der Art ihrer Ausgestaltung-- nicht die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge, sondern lediglich den zusätzlichen Gesundheitsaufwand des Steuerpflichtigen.

Im Streitfall stellten die Boni jedoch keine von den Versicherungsbeiträgen der Steuerpflichtigen unabhängige Leistungen der Krankenversicherung dar. Sie minderten vielmehr laufend die Gegenleistung, die die Ehefrau für sich und der Ehemann für die beiden Kinder zu erbringen hatten, um den vertraglich vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten. Dies ergab sich bereits daraus, dass die Krankenversicherung die als Bonus bezeichneten monatlichen Zahlungen von 30 € je versicherter Person nach den im Streitfall geltenden Versicherungsbedingungen unabhängig davon erbrachte, ob den Steuerpflichtigen erstattungsfähiger Gesundheitsaufwand entstanden war oder nicht. Die Bonuszahlungen als solche waren somit garantiert.

Die von den Steuerpflichtigen vereinnahmten Zahlungen waren auch nicht vergleichbar mit solchen Boni, die von gesetzlichen Krankenkassen nach Maßgabe von § 65a SGB V gezahlt werden können. Während es dort darum geht, Anreize für ein gesundheitsbewusstes Verhalten der Versicherten zu schaffen, zielte die Bonusregelung im Streitfall --letztlich gegenteilig-- darauf ab, die Versicherten zu einem kostenbewussten bzw. sogar -vermeidenden Verhalten zu bewegen.

Denn dem Versicherungsnehmer bleiben die Boni in dem Umfang wirtschaftlich erhalten, in dem seine grundsätzlich erstattungsfähigen Gesundheitsaufwendungen jährlich unter 360 € liegen. Die Vereinbarung schafft somit einen Anreiz, der - vergleichbar einer "klassischen" Beitragserstattung - bewirken soll, dass die Versicherung vertraglich vereinbarte Leistungen nicht erbringen muss, weil der Versicherungsnehmer entweder keinen versicherten Schaden erlitten hat oder einen hieraus resultierenden Aufwand nicht geltend macht. Der Versicherungsnehmer erhält den Bonus, weil er die Versicherung bis zu einem Beitrag von 360 € nicht in Anspruch nimmt, d.h. in diesem Umfang das wirtschaftliche Risiko für Gesundheitsaufwendungen selbst trägt.

Ein vertraglich vereinbarter Selbstbehalt führt nicht zu "Beiträgen zu Krankenversicherungen" i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG. Entsprechendes gilt, wenn - wie im Streitfall - ein garantierter Bonus Grund dafür ist, dass der Versicherungsnehmer Gesundheitsaufwendungen bis zur Bonushöhe wirtschaftlich selbst zu tragen hat. Dem Grunde nach kann solcher Aufwand jedoch eine außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 1 EStG darstellen. Dem Grunde nach kann solcher Aufwand jedoch eine außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 1 EStG darstellen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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