27.03.2025

BVerfG: Solidaritätszuschlag 2020/2021 ist verfassungsgemäß

Mit Urteil v. 26.3.2025 hat der Zweite Senat des BVerfG eine Verfassungsbeschwerde gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG 1995) in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10.12.2019 zurückgewiesen.

BVerfG v. 26.3.2025 - 2 BvR 1505/20
Der zum 1.1.1995 eingeführte Solidaritätszuschlag stellt eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG dar. Eine solche Ergänzungsabgabe setzt einen aufgabenbezogenen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraus, der durch den Gesetzgeber allerdings nur in seinen Grundzügen zu umreißen ist. Im Fall des Solidaritätszuschlags ist dies der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes. Die Aufgabenbezogenheit der Ergänzungsabgabe hat zugleich eine zeitliche Komponente. Für die Berechtigung ihrer Weitererhebung kommt es nicht auf den Ablauf ausschließlich zeitlich definierter Fristen wie etwa diejenige eines "Generationenabstands" an, sondern allein darauf, ob der aufgabenbezogene Mehrbedarf evident weggefallen ist.

Fällt der Mehrbedarf weg, ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen. Insoweit trifft ihn bei einer länger andauernden Erhebung einer Ergänzungsabgabe eine Beobachtungsobliegenheit.

Das BVerfG entschied, dass ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zurückzuführenden Mehrbedarfs des Bundes auch heute (noch) nicht festgestellt werden kann. Denn der Bund verzeichnet weiterhin einen wiedervereinigungsbedingten zusätzlichen Finanzierungsbedarf. Diese Einschätzung hält sich im Rahmen des dem Bundesgesetzgeber bei der Bestimmung einer Aufgabe und des durch sie bedingten finanziellen Mehrbedarfs zukommenden Spielraums. Dieser besteht zwar angesichts der langen Erhebungszeit des Solidaritätszuschlags 1995 nicht mehr in dem ursprünglichen Umfang. Er bleibt dem Gesetzgeber aber insoweit erhalten, als das BVerfG lediglich nachprüfen kann, ob die Aufgabe, auf die die Einführung des Solidaritätszuschlags 1995 gestützt worden war, im Jahr 2020 oder danach offensichtlich in keiner Weise mehr einen finanziellen Mehrbedarf des Bundes begründet. Dies ist jedenfalls derzeit noch nicht der Fall.

Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Aufhebung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2020 bestand und besteht somit nicht. Entsprechend wies das BVerfG die Verfassungsbeschwerde als unbegründet zurück.
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