30.05.2011

BVerfG soll über Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG entscheiden

Das FG Hamburg ist der Auffassung, dass die in § 8c KStG vorgesehene Versagung der Verlustverrechnung im Fall eines Gesellschafterwechsels gegen den im GG verankerten Gleichheitssatz und das in ihm begründete Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstößt. Es hat daher dem BVerfG die Prüfung des § 8c KStG zur Entscheidung vorgelegt.

FG Hamburg 4.4.2011, 2 K 33/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft. Sie wurde 2006 gegründet, Gründungsgesellschafter waren R mit einem Stammkapital von 13.000 € und W mit einem Stammkapital von 12.000 €. Nach Maßgabe ihres Gesellschaftszwecks veranstaltete die Klägerin Pauschalreisen, deren Vertrieb über einen Kooperationspartner, eine Zeitschrift, erfolgte.

Die Klägerin tätigte in den beiden ersten Geschäftsjahren erhebliche betriebliche Aufwendungen für angekaufte Reisen und erzielte demgegenüber nur geringe Umsatzerlösen. Erst im dritten Jahr ihrer Tätigkeit erwirtschaftete sie einen Gewinn. Dieser Gewinn würde steuerfrei bleiben, wenn die Verluste aus den ersten beiden Geschäftsjahren gegengerechnet würden. Weil aber einer der beiden Gesellschafter ausgestiegen war, gingen die auf seinen Anteil (48 Prozent) entfallenden Verluste nach § 8c S. 1 KStG verloren - mit der Folge, dass die Klägerin nun Steuerbescheide über zusammen rund 100.000 € erhielt.

Das FG stellte per Zwischengerichtsbescheid die Zulässigkeit der Klage fest und setzte das Verfahren aus und legte dem BVerfG die Prüfung des § 8c KStG zur Entscheidung vor.

Die Gründe:
Die maßgebliche Vorschrift des § 8c S. 1 KStG ist zur Überzeugung des Senats insoweit verfassungswidrig, als bei der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 Prozent (im Streitfall 48 Prozent) des gezeichneten Kapitals an einer Körperschaft an einen Erwerber (schädlicher Beteiligungserwerb) insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar sind.

Der Senat ist der Auffassung, dass die in § 8c KStG vorgesehene Versagung der Verlustverrechnung im Fall eines Gesellschafterwechsels gegen den im GG verankerten Gleichheitssatz und das in ihm begründete Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstößt. Die Regelung wird demnach den verfassungsrechtlichen Vorgaben an eine folgerichtige Umsetzung der steuerlichen Belastungsentscheidungen nicht gerecht und verletzt damit das objektive Nettoprinzip.

Verfassungsrechtlich hinreichende sachliche Gründe hierfür ergeben sich weder aus dem Gesichtspunkt der Missbrauchsbekämpfung noch aus den gesetzgeberischen Typisierungsbefugnissen. Es liegt auch kein verfassungskonformer Systemwechsel vor, der den Gesetzgeber von der Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die folgerichtige Umsetzung steuerlicher
Belastungsentscheidungen befreien könnte.

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FG Hamburg PM vom 25.5.2011
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