Darlehensverzicht - Übergangsvorschrift - Begründung der Rückzahlungsforderung
Kurzbesprechung
BFH v. 18.6.2024 - VIII R 25/23
EStG § 52 Abs. 28 Satz 15 und 16, § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7
HGB § 355
Die Kläger sind Eheleute und werden für das Jahr 2018 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Vertrag vom 1.8.2006 verpachtete die Klägerin der Q Ltd. das ihr gehörende und mit einem Hotelgebäude bebaute Grundstück X Straße 1 sowie einen Pkw. Der Kläger war Direktor der Q Ltd. mit Sitz in London und Zweigniederlassung in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2011 war der Kläger auch Alleingesellschafter der Q Ltd. Die Q Ltd. wurde im Jahr 2019 aufgelöst und die Zweigniederlassung aufgehoben. Am 1.1.2008 gewährte die Klägerin der Q Ltd. ein Darlehen über maximal 150.000 €, rückzahlbar zum Ende des Vertrags. Mit Auflösungsvereinbarung vom 31.12.2018 verzichtete die Klägerin zum 31.12.2018 vollständig auf die Rückzahlung des Darlehens. Das Darlehen valutierte am 31.12.2018 mit 111.865,11 €. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger den Darlehensverzicht als der tariflichen Einkommensteuer unterliegenden Verlust in voller Höhe bei den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen geltend.
Das beklagte FA erkannte den Verlust aus dem Darlehensverzicht im Einkommensteuerbescheid vom 3.11.2020 nicht an. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des Art. 1 UntStRefG 2008 sei erstmals anwendbar auf Kapitalforderungen, die nach dem 31.12.2008 begründet worden seien. Die Kapitalforderung, auf die die Klägerin verzichtet habe, sei aber mit Abschluss des Darlehensvertrags am 1.1.2008 begründet worden. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger Klage erhoben und das FG hat der Klage stattgegeben.
Auf die Revision des FA hin hat der BFH entschieden, dass die Revision begründet ist und zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage führt. Das FG hat den Verzicht auf die Darlehensrückzahlung zu Unrecht als steuerbar erachtet. Dem angefochtenen Urteil liegt die Annahme zugrunde, "begründet" im Sinne der Übergangsregel (§ 52 Abs. 28 Satz 16 EStG) sei eine Kapitalforderung erst, wenn sie entstanden sei. Bei einem Kontokorrent entstehe die Rückzahlungsforderung des Darlehensgebers erst mit der Inanspruchnahme des Darlehens durch den Darlehensnehmer. Werde die Forderung im Kontokorrent vollständig getilgt, bestehe sie nicht mehr. Durch erneute Inanspruchnahme des Kreditrahmens entstehe eine neue Forderung. Nach diesen Maßstäben habe die Klägerin die Rückzahlungsforderung erst im Jahr 2014 und danach erworben, denn es sei im Jahr 2014 vorübergehend zu einer vollständigen Tilgung des Darlehens gekommen.
Nach Auffassung des BFH halten diese Ausführungen des FG revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, denn der Anwendungsbereich des durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 neu eingeführten Veräußerungstatbestands in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG sei im Streitfall jedoch nicht eröffnet. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 ist für private Darlehens- und Gesellschafterforderungen gem. § 52 Abs. 28 Satz 16 EStG nur dann anwendbar, wenn die Forderung nach dem 31.12.2008 angeschafft oder begründet wurde. Denn nach dieser Regelung ist für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum Zeitpunkt des vor dem 1.1.2009 erfolgten Erwerbs zwar Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31.12.2008 anzuwendenden Fassung (EStG 2008), nicht aber Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2008 sind, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG nicht anzuwenden, so die Begründung des VIII. Senats.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 52 Abs. 28 Satz 15 und 16, § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7
HGB § 355
Die Kläger sind Eheleute und werden für das Jahr 2018 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Vertrag vom 1.8.2006 verpachtete die Klägerin der Q Ltd. das ihr gehörende und mit einem Hotelgebäude bebaute Grundstück X Straße 1 sowie einen Pkw. Der Kläger war Direktor der Q Ltd. mit Sitz in London und Zweigniederlassung in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2011 war der Kläger auch Alleingesellschafter der Q Ltd. Die Q Ltd. wurde im Jahr 2019 aufgelöst und die Zweigniederlassung aufgehoben. Am 1.1.2008 gewährte die Klägerin der Q Ltd. ein Darlehen über maximal 150.000 €, rückzahlbar zum Ende des Vertrags. Mit Auflösungsvereinbarung vom 31.12.2018 verzichtete die Klägerin zum 31.12.2018 vollständig auf die Rückzahlung des Darlehens. Das Darlehen valutierte am 31.12.2018 mit 111.865,11 €. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger den Darlehensverzicht als der tariflichen Einkommensteuer unterliegenden Verlust in voller Höhe bei den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen geltend.
Das beklagte FA erkannte den Verlust aus dem Darlehensverzicht im Einkommensteuerbescheid vom 3.11.2020 nicht an. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des Art. 1 UntStRefG 2008 sei erstmals anwendbar auf Kapitalforderungen, die nach dem 31.12.2008 begründet worden seien. Die Kapitalforderung, auf die die Klägerin verzichtet habe, sei aber mit Abschluss des Darlehensvertrags am 1.1.2008 begründet worden. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger Klage erhoben und das FG hat der Klage stattgegeben.
Auf die Revision des FA hin hat der BFH entschieden, dass die Revision begründet ist und zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage führt. Das FG hat den Verzicht auf die Darlehensrückzahlung zu Unrecht als steuerbar erachtet. Dem angefochtenen Urteil liegt die Annahme zugrunde, "begründet" im Sinne der Übergangsregel (§ 52 Abs. 28 Satz 16 EStG) sei eine Kapitalforderung erst, wenn sie entstanden sei. Bei einem Kontokorrent entstehe die Rückzahlungsforderung des Darlehensgebers erst mit der Inanspruchnahme des Darlehens durch den Darlehensnehmer. Werde die Forderung im Kontokorrent vollständig getilgt, bestehe sie nicht mehr. Durch erneute Inanspruchnahme des Kreditrahmens entstehe eine neue Forderung. Nach diesen Maßstäben habe die Klägerin die Rückzahlungsforderung erst im Jahr 2014 und danach erworben, denn es sei im Jahr 2014 vorübergehend zu einer vollständigen Tilgung des Darlehens gekommen.
Nach Auffassung des BFH halten diese Ausführungen des FG revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, denn der Anwendungsbereich des durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 neu eingeführten Veräußerungstatbestands in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG sei im Streitfall jedoch nicht eröffnet. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 ist für private Darlehens- und Gesellschafterforderungen gem. § 52 Abs. 28 Satz 16 EStG nur dann anwendbar, wenn die Forderung nach dem 31.12.2008 angeschafft oder begründet wurde. Denn nach dieser Regelung ist für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum Zeitpunkt des vor dem 1.1.2009 erfolgten Erwerbs zwar Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31.12.2008 anzuwendenden Fassung (EStG 2008), nicht aber Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2008 sind, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG nicht anzuwenden, so die Begründung des VIII. Senats.