DBA-Ungarn (2011): Keine Besteuerung der Pension eines in Ungarn lebenden deutschen Beamten
FG Köln 24.5.2016, 1 K 1796/13Der Kläger ist Deutscher und war als Beamter in Deutschland beschäftigt. Er bezieht Ruhegehalt und lebt seit Mai 2004 mit seiner Frau ausschließlich in Ungarn. Im Oktober 2010 erteilte das Finanzamt der das Ruhegehalt auszahlenden Bundesfinanzdirektion eine Bescheinigung darüber, dass der Arbeitslohn des Klägers nach § 39d Abs. 3 S. 4 i.V.m. § 39b Abs. 6 EStG und dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen Deutschland und Ungarn nicht dem Steuerabzug unterliegt.
Im November 2010 änderte die Steuerbehörde das auf dem Bescheid falsch vermerkte Geburtsdatum des Klägers von 1954 auf 1945 und widerrief mit Bescheid vom 27.9.2012 die Freistellung gegenüber der Bundesfinanzdirektion mit Wirkung ab dem 1.10.2012, da nach Art. 18 Abs. 2 b) des neuen DBA-Ungarn dem Wohnsitzstaat für Ruhegehaltszahlungen aus öffentlichen Kassen nur dann das ausschließliche Besteuerungsrecht zustehe, wenn die natürliche Person dort ansässig und ein Staatsangehöriger dieses Staates sei. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, da dieser die deutsche Staatsangehörigkeit habe.
Der Kläger war der Ansicht, dass Art. 18 Abs. 2 DBA-Ungarn unter dem Vorbehalt des Art. 17 Abs. 2 DBA-Ungarn stehe. Hier werde geregelt, dass dieser nicht gelte, wenn der Empfänger am Tag des Austauschs der Ratifizierungsurkunden des Abkommens im anderen Vertragsstaat ansässig war. Dies sei bei ihm der Fall. Sollte Art. 17 Abs. 2 DBA-Ungarn nicht zur Anwendung kommen, liege eine Ungleichbehandlung von Rentnern und Beamten mit Versorgungsbezügen vor.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung des Verfahrens die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az.: I R 49/16 anhängig.
Die Gründe:
Der Widerruf der Freistellung vom Lohnsteuerabzug mit Bescheid vom 27.9.2012 war rechtswidrig.
Auch nach der Neuregelung des DBA-Ungarn (2011) mit Wirkung ab 2012 war für die Besteuerung des vom Kläger von der Bundesfinanzdirektion bezogenen Ruhegehalts nicht das sog. Kassenstaatsprinzip anwendbar, sondern die Besteuerung erfolgte nach der Ansässigkeit bzw. dem Wohnsitz. Nach Art. 18 Abs. 2 a) DBA-Ungarn (2011) werden Ruhegehälter, die vom Vertragsstaat gezahlt werden, nur in diesem besteuert (sog. Kassenstaatsprinzip). Hiervon macht Art. 18 Abs. 2 b) DBA-Ungarn (2011) nur für den Fall eine Ausnahme, dass der Ruhegehaltsempfänger im anderen Vertragsstaat ansässig und auch dessen Staatsangehöriger ist.
Diese Voraussetzungen lagen hier zwar nicht vor. Der Kläger konnte sich jedoch nach Art. 18 Abs. 2 DBA-Ungarn (2011) auf die Vertrauensschutzregelung das Art. 17 Abs. 2 2. HS DBA-Ungarn (2011) berufen, da er am Tage des Austauschs der Ratifizierungsurkunden zum DBA-Ungarn (2011) am 30.12.2011 in Ungarn und damit im anderen Vertragsstaat ansässig war. Art. 18 Abs. 2 DBA-Ungarn (2011) verweist auf die Regelung des Vertrauensschutzes in Art. 17 Abs. 2 2. HS DBA-Ungarn (2011). Im Übrigen wäre eine Verweisung nur auf Art. 17 Abs. 2 1. HS DBA-Ungarn (2011) entbehrlich, da diese Regelung ebenfalls das Kassenstaatsprinzip formuliert, das auch Art. 18 Abs. 2 a) DBA-Ungarn (2011) vorsieht. Es würde sich mithin um einen Verweis auf eine identische Rechtsfolge handeln.
Daneben regelt Art. 17 Abs. 2 2. HS DBA-Ungarn (2011) auch nicht, dass neben der Besteuerung im Kassenstaat (Art. 17 Abs. 1 1. HS DBA-Ungarn (2011)) auch eine Besteuerung im Ansässigkeitsstatt möglich ist. Nach dieser Ansicht würde die Vorschrift eine Doppelbesteuerung ermöglichen, die das DBA aber gerade vermeiden will. Entgegen den Ausführungen des BMF-Schreiben vom 22.3.2013 ist nicht ersichtlich, dass die Regelung des Art. 17 Abs. 2 2. HS DBA-Ungarn (2011) nur für den kleinen Personenkreis von Sozialversicherungsrentnern gelte, die in Zeiten des kalten Krieges nach Deutschland ausgewandert waren und hier einen Rentenanspruch erworben hatten. Eine solche Einschränkung sieht die Regelung nicht vor. Vielmehr umfasst sie sämtliche Sozialversicherungsrentner, die an oder vor dem Tag des Austausches der Ratifizierungsurkunden im anderen Vertragsstaat ansässig waren, und zwar unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.
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