Dem Vorsteuerabzug aus einer Lieferung steht die Betrugsabsicht des Lieferers nicht entgegen
BFH 8.9.2011, V R 43/10Die Klägerin ist eine GmbH und im Leasinggeschäft tätig. Seit 1993 kaufte sie Maschinensysteme, die jeweils mit eigenen Ident-Nrn. versehen waren, von der K-KG und verleaste diese an die F-KG. Ihre Forderungen aus den Leasingverträgen trat die Klägerin unter gleichzeitiger Sicherungsübereignung der Systeme an Banken ab, die der Klägerin Darlehen für die Finanzierung des Kaufpreises für den Erwerb der Systeme von der K-KG gewährten. Entsprechend diesem Geschäftsmodell erwarb die Klägerin auch im Januar 2000 fünf Systeme von der K-KG und verleaste sie an die F-KG.
Innerhalb mehrerer Jahre hatte die F-KG mit mehreren Leasinggesellschaften - wie der Klägerin - insgesamt über 3.000 Leasingverträge abgeschlossen, von denen aber nur ca. 300 tatsächlich vorhanden waren. Denn wie sich herausstellte, waren die K-KG und die F-KG Teil eines Betrugssystems, bei dem die einzelnen Systeme mehrfach an Leasinggesellschaften verkauft und von diesen verleast wurden. Die Kaufpreise, die die K-KG von den Leasinggesellschaften vereinnahmte, verwendete die F-KG für die Leasingzahlungen. Die Geschäftsführer der F-KG wurden verhaftet und zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.
Infolgedessen ging das Finanzamt davon aus, dass Vorsteuerabzug und Verfügungsmacht nicht gutgläubig erlangt werden könnten und versagte der Klägerin den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der fünf Systeme aus dem Jahr 2000. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.
Die Gründe:
Die Klägerin war aus der Lieferung der fünf Systeme zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Das FG war nach Maßgabe der EuGH- und BFH-Rechtsprechung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin aus den erbrachten Leistungen im Januar 2000 zum Vorsteuerabzug berechtigt war, da die K-KG an dem bestimmten Tag die fünf Systeme an die Klägerin geliefert hatte. Dem Vorsteuerabzug aus einer Lieferung i.S.v. § 15 Abs. 1, § 3 Abs. 1 UStG steht nicht entgegen, dass der Lieferer zivilrechtlich nicht Eigentümer des Liefergegenstands ist und darüber hinaus beabsichtigt, den gelieferten Gegenstand vertragswidrig nochmals an einen anderen Erwerber zu liefern.
Einer Lieferung durch die K-KG stand auch nicht entgegen, dass diese die ggf. vorhandene, aber jedenfalls der Klägerin nicht offengelegte Absicht hatte, die der Klägerin im Januar 2000 übertragenen Gegenstände durch weitere Übereignungen an andere Leasinggesellschaften zu unterschlagen. Denn die Absicht einer späteren Unterschlagung ist für die nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Lieferung maßgebliche Beurteilung unerheblich.
Letztlich stand auch der § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG dem Vorsteuerabzug der Klägerin nicht entgegen. Denn die von dieser Vorschrift vorausgesetzte Rückgängigmachung einer Lieferung führt nur zu einer nachträglichen Berichtigung des Vorsteuerabzugs und setzt voraus, dass der Liefernde oder der Lieferungsempfänger das der Lieferung zugrunde liegende Umsatzgeschäft beseitigt oder sich auf dessen Unwirksamkeit beruft, die zuvor begründete Erwartung des Lieferers auf ein Entgelt dadurch entfällt und der Abnehmer den empfangenen Gegenstand in Rückabwicklung des Umsatzgeschäftes zurückgibt. Diese Voraussetzungen lagen hier allerdings nicht vor. Insbesondere war das der Lieferung zugrunde liegende Umsatzgeschäft nicht beseitigt worden.
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