Devisentermingeschäfte: Abgrenzung zum privaten Veräußerungsgeschäft
BFH 24.10.2017, VIII R 35/15Die Kläger hatten in ihrer Steuererklärung für das Streitjahr 2011 u.a. in der Anlage SO Verluste i.H.v. 10.292 €, die aus Devisengeschäften des Klägers resultierten. Dieser hatte am 22.1.2010 bzw. 28.7.2010 jeweils zu einem in der Zukunft liegenden Stichtag (hier: 26.1.2011 bzw. 29.7.2011) für einen bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses festgelegten Betrag Devisen (JPY) an das Kreditinstitut veräußert. Die zum Ausgleich erforderlichen Devisen erwarb er erst später (hier: 26.1.2011 bzw. 7.3.2011) mit Wirkung zum Fälligkeitstag. Die Devisengeschäfte waren als Liefergeschäfte abgeschlossen und abgewickelt worden.
Das Finanzamt ließ die Verluste unberücksichtigt. Der Kläger machte im weiteren Verfahren geltend, es handele sich um Differenzausgleichsgeschäfte i.S.d. § 20 Abs. 2 EStG. Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH die Entscheidung auf und wies die Klage ab.
Gründe:
Das FG war rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die streitigen Verluste gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a EStG zu berücksichtigen sind.
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört auch der Gewinn bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt. Das Termingeschäft ist in § 20 Abs. 2 EStG nicht definiert. Nach BFH-Rechtsprechung folgt der Begriff den Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG); Termingeschäfte i.d.S. nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpHG u.a. Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines bestimmten Basiswertes ableitet.
Entsprechend seinem Wortlaut erfasst § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a EStG Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich erlangt. Maßgeblich ist insoweit die Zweckbestimmung des Termingeschäftes, die von dem anhand objektiver Umstände nachvollziehbaren Willen der Vertragsbeteiligten abhängt. Erfasst sind demnach Termingeschäfte, die auf die Erzielung eines Differenzausgleiches gerichtet sind, nicht aber Termingeschäfte, die auf die tatsächliche ("physische") Lieferung des Basiswertes am Ende der Laufzeit gerichtet sind.
Ein auf Differenzausgleich gerichtetes Devisentermingeschäft liegt vor, wenn die Vertragsbeteiligten ausdrücklich oder stillschweigend vereinbaren, dass keine effektive Lieferung, sondern ein Differenzausgleich erfolgen soll. Devisentermingeschäfte können auch dann auf einen Differenzausgleich gerichtet sein, wenn sie äußerlich in die Form eines Kaufvertrages gekleidet sind. Dies gilt auch bei Abschluss eines Eröffnungsgeschäftes mit nachfolgendem Gegengeschäft.
Das Termingeschäft muss allerdings auf einen Differenzausgleich in Bezug auf ein Gegengeschäft gerichtet sein, d.h. beide Geschäfte müssen derart miteinander verknüpft sein, dass der auf die Realisierung einer positiven oder negativen Differenz aus Eröffnungs- und Gegengeschäft gerichtete Wille der Vertragsbeteiligten erkennbar ist. Demgegenüber genügt es nicht, dass dem Eröffnungsgeschäft tatsächlich ein Gegengeschäft lediglich nachfolgt, das dessen Erfüllung dient.
Im vorliegenden Fall fehlte es an einer hinreichenden Verknüpfung von Eröffnungs- und Gegengeschäft. Für eine solche reicht es nicht aus, dass der Steuerpflichtige die Devisen vor ihrem Erwerb veräußert hat, ohne zu diesem Zeitpunkt über entsprechende Devisen zur Erfüllung des Eröffnungsgeschäftes zu verfügen (Leerverkauf). Allein die tatsächliche Notwendigkeit, zur Erfüllung des Eröffnungsgeschäftes entsprechende Devisen erwerben zu müssen und dies auch später tatsächlich zu tun, lässt nicht erkennen, dass es den Vertragsbeteiligten um die Realisierung einer (positiven oder negativen) Differenz aus Eröffnungs- und Gegengeschäft geht.
Eine hinreichende Verknüpfung von Eröffnungs- und Gegengeschäft ergibt sich auch nicht daraus, dass das Vorgehen den Vereinbarungen mit dem Kreditinstitut entsprochen hat, nach denen die Devisengeschäfte nur in Höhe eines eventuellen Verlustes in den dem Steuerpflichtigen gewährten Kreditrahmen einfließen sollten. Denn obwohl sich der Steuerpflichtige im Eröffnungsgeschäft gegenüber dem Kreditinstitut zur Lieferung der Devisen auf den Fälligkeitszeitpunkt verpflichtet hatte, stand es ihm frei, in welcher Weise er dieser Verpflichtung nachkommen wollte. Es war nicht erkennbar, dass der Steuerpflichtige in Bezug auf ein entsprechendes Deckungsgeschäft Beschränkungen oder Verpflichtungen unterlag. Eröffnungs- und Gegengeschäft standen demnach unabhängig nebeneinander; sie waren nicht auf die Erzielung eines Differenzausgleiches gerichtet.
Vorliegend kam es auch nicht zu einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG, da in 2011 unter § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG nur Wirtschaftsgüter fielen, bei denen die Anschaffung des entsprechenden Wirtschaftsgutes - anders als hier - vor dessen Veräußerung erfolgte. Erst mit dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12. 2016 (BGBl I 2016, 3000) wurde § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG erneut in das Gesetz aufgenommen, weil - so die Begründung - Fremdwährungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung früher erfolgt als der Erwerb (Leerverkäufe), derzeit steuerlich nicht erfasst seien.
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