10.08.2011

Die Androhung von Verzögerungsgeld stellt keinen Verwaltungsakt dar

Die Androhung der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes ist kein Verwaltungsakt. Auch eine analoge Anwendung der Vorschriften über das Zwangsgeld kommt insoweit nicht in Betracht, da Zwangsgeld (vgl. §§ 328 ff AO) und Verzögerungsgeld (vgl. § 146 Abs. 2b AO) nicht vergleichbar sind.

FG Rheinland-Pfalz 29.7.2011, 1 V 1151/11
Der Sachverhalt:
Der Außenprüfer des Finanzamtes forderte im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung bei der Antragstellerin, einer GmbH, die Vorlage ganz bestimmter Unterlagen an. Nachdem diese Anforderung nicht erfüllt wurde, forderte das Finanzamt mit Schreiben vom 19.1.2011 die Vorlage verschiedener Belege/Unterlagen zur Fortsetzung der Außenprüfung an. Ergänzend wurde in dem Schreiben ausgeführt, dass beabsichtigt sei, ein Verzögerungsgeld von 2.500 € festzusetzen, wenn der Aufforderung in der gesetzten Frist nicht nachgekommen werde. Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.

Im daraufhin erhobenen Einspruch "gegen den Verwaltungsakt vom 19.1.2011" vertrat die Antragstellerin u.a. die Ansicht, dass der angefochtene Verwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt sei. Mit Einspruchsentscheidung vom 3.2.2011 wies das Finanzamt den Einspruch zurück und lehnte die gleichzeitig beantragte Aussetzung der Vollziehung ab. Dagegen wandte sich die Antragstellerin mit dem Begehren der Aussetzung der Vollziehung an das FG; sie führte u.a. aus, für den angefochtenen Verwaltungsakt gebe es keine Rechtsgrundlage. Über die gleichzeitig erhobene Klage ist noch nicht entschieden.

Das FG wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung liegen nicht vor.

Der Aussetzungsantrag hat im Ergebnis deshalb keinen Erfolg, weil es im Streitfall ersichtlich an einem der Aussetzung der Vollziehung fähigen Verwaltungsakt fehlt. Die Antragstellerin wendet sich ausschließlich gegen die Androhung der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes. Bei dem Schreiben des Finanzamts vom 19.1.2011 handelt es jedoch nicht um einen Verwaltungsakt. Nach dem klaren Wortlaut des Schreibens hat das Finanzamt ein Verzögerungsgeld gerade nicht festgesetzt, sondern lediglich auf die Folgen der Nichtvorlage der Unterlagen verwiesen. Diese lediglich vorbereitende Absichtserklärung entfaltet keinerlei Rechtswirkung.

Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Schreiben eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, denn das Vorhandensein einer solchen hat lediglich indizielle Bedeutung. Die Rechtsbehelfsbelehrung erwähnt zudem ausdrücklich die "bekannt gegebene Entscheidung". Zur Frage eines Verzögerungsgeldes hat das Finanzamt indes keine Entscheidung getroffen.

Etwas anderes kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass beim - hier nicht gegebenen - Zwangsgeld ein gesetzliches Gebot vorhanden ist, ein solches schriftlich anzudrohen. Die Androhung eines Zwangsgeldes ist zwar ein selbständiger Verwaltungsakt. Das Zwangsgeld hat jedoch präventiven Charakter, während das Verzögerungsgeld gerade kein Zwangsmittel ist. Das Verzögerungsgeld soll nach der Gesetzesbegründung den Steuerpflichtigen zur zeitnahen Mitwirkung anhalten, es ist ein Druckmittel eigener Art und hat auch repressiven Charakter.

Da Zwangsgeld (vgl. §§ 328 ff AO) und Verzögerungsgeld (vgl. § 146 Abs. 2b AO) nicht vergleichbar sind, kommt hier eine analoge Anwendung der Vorschriften über das Zwangsgeld nicht in Betracht. Handelt es sich demnach im Schreiben des Finanzamts vom 19.1.2011 nicht um eine Androhung im Sinne eines Zwangsmittels, kommt ihm auch nicht die rechtliche Wirkung eines selbständigen Verwaltungsaktes zu.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 10.8.2011
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