10.02.2012

Doppelbelastung aus Grunderwerb- und Umsatzsteuer für Empfänger von Bauerrichtungsleistungen unzulässig

Ein Bauerrichtungsvertrag, der im Zusammenhang mit dem Erwerb eines unbebauten Grundstücks abgeschlossen wird und der für den Bauherrn eine Umsatzsteuerbelastung auslöst, unterliegt regelmäßig nicht der Grunderwerbsteuer. Das Niedersächsische FG hat gleichzeitig mit Zulassung der Revision angeregt, wegen der hierzu divergierenden Rechtsprechung innerhalb des BFH den Großen Senat des BFH anzurufen.

Niedersächsisches FG 26.8.2011, 7 K 192/09 u.a.
Der Sachverhalt:
Hintergrund des Verfahrens ist die Frage, ob die nach dem Erwerb des Grund und Bodens angefallenen Bauerrichtungskosten für ein Wohngebäude, die bereits der Umsatzsteuer unterliegen, zusätzlich noch der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen sind.

Die Kläger erwarben im Jahr 2005 ein unbebautes Grundstück. Zwei Wochen nach dem notariellen Grundstücksübertragungsvertrag schlossen sie mit einem Bauunternehmen einen Bauvertrag über eine Doppelhaushälfte, in dem der Bauträger Umsatzsteuer auswies, die die Kläger als Endverbraucher jedoch nicht als Vorsteuer in Abzug bringen konnten. Das Finanzamt legte als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht nur den Kaufpreis für das unbebaute Grundstück, sondern auch die Bausumme für das herzustellende Gebäude zugrunde.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt und setzte die Grunderwerbsteuer entsprechend herab. Die Revision zum BFH wurde zugelassen mit der Anregung, wegen der divergierenden Rechtsprechung innerhalb des BFH den Großen Senat des BFH anzurufen.

Die Gründe:
Die Aufwendungen aus einem Bauerrichtungsvertrag (zivilrechtlich: Werkvertrag), der im Zusammenhang mit dem Erwerb eines unbebauten Grundstücks abgeschlossen wird und der für den Bauherrn eine Umsatzsteuerbelastung auslöst, unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer. Insofern sind die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt, denn die Vorschrift verlangt ein Rechtsgeschäft, das den "Anspruch auf Übereignung" begründet. Diese Maßgabe erfüllt ein Bauerrichtungsvertrag nicht. Entsprechend ist Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer lediglich der Kaufpreis für das unbebaute Grundstück.

Das FG folgt damit der Rechtsprechung der für Umsatzsteuer zuständigen Senate des BFH, nach der die Verschaffung eines Grundstücks in einem Zustand, den dieses erst künftig durch Bebauung erhalten soll, nicht wie der Erwerb eines bebauten Grundstücks durch einen einheitlichen Erwerbsvertrag erfüllt werden kann (BFH 10.9.1992, V R 99/88). Im Gegensatz dazu fasst der für Grunderwerbsteuer zuständige Senat des BFH regelmäßig die noch auszuführenden Bauleistungen mit Lieferungen von unbebauten Grundstücken zu "einheitlichen Leistungsgegenständen" zusammen (z.B. BFH 27.10.1999, II R 17/99).

Für den Fall, dass der für Grunderwerbsteuer zuständige Senat des BFH weiter an seiner grunderwerbsteuerverschärfenden Rechtsprechung für Bauerrichtungsleistungen festhalten sollte, regt das FG an, die streitige Rechtsfrage zur Entscheidung dem Großen Senat des BFH vorzulegen.

Linkhinweis:

Für den in der der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Justiz veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

Niedersächsisches FG PM vom 7.2.2012
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