24.04.2013

Doppelte Haushaltsführung bei gemeinsamen Haushalt von Eltern mit erwachsenen und wirtschaftlich eigenständigen Kindern möglich

Erwachsene, berufstätige Kinder, die zusammen mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, können Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend machen, wenn ihnen die Zweitwohnung am Beschäftigungsort lediglich als Schlafstätte dient. Hierfür können etwa Unterkunftskosten von weniger als 200 € monatlich sprechen.

BFH 16.1.2013, VI R 46/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein 43 Jahre alter promovierter Diplomchemiker. Er hatte im Jahr 2006 seine neue Beschäftigung angetreten  und am Beschäftigungsort seinen Zweitwohnsitz begründet. Seinen Hauptwohnsitz behielt er und wohnte zusammen mit seiner Mutter in einem Einfamilienhaus, das im Streitjahr 2007 seiner (im Streitjahr 71 Jahre alten) Mutter zu 3/4 und dem Kläger und seiner Schwester zu jeweils 1/8 gehörte. Er nutzte nach eigenen Angaben in dem Einfamilienhaus ein Schlaf- und Arbeitszimmer sowie ein Badezimmer allein. Die Küche, das Ess- und Wohnzimmer wurden von ihm und seiner Mutter gemeinsam genutzt.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger erfolglos Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung i.H.v. insgesamt 7.053 € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das FG wies die Klage ab. Es war der Ansicht, der Kläger habe bei seiner Mutter keinen eigenen Hausstand unterhalten, sondern sei lediglich ihren Haushalt eingegliedert gewesen. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 S. 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Keinen eigenen Hausstand unterhält nach der bisherigen Rechtsprechung z.B., wer in den Haushalt der Eltern eingegliedert ist, ohne die Haushaltsführung wesentlich mitzubestimmen. Das gilt insbesondere für junge Arbeitnehmer, die nach Beendigung ihrer Ausbildung, wenn auch gegen Kostenbeteiligung, weiterhin im Haushalt der Eltern ein Zimmer bewohnen.

Anders als bei jungen Arbeitnehmern ist bei einem erwachsenen und wirtschaftlich eigenständigen Kind allerdings grundsätzlich davon auszugehen, dass es die gemeinsame Haushaltsführung mit den Eltern oder einem Elternteil wesentlich mitbestimmt. Es kann deshalb im elterlichen Haushalt auch einen "eigenen Hausstand" unterhalten und eine steuerliche doppelte Haushaltsführung begründen.

Die Entscheidung des FG entsprach nicht diesen Grundsätzen. Das FG muss deshalb im weiteren Verfahren entsprechende weitere Feststellungen zu dem behaupteten Haupthausstand, insbesondere zu den Wohnsituationen des Klägers am Heimat- wie Beschäftigungsort treffen. Sollte es dabei zu der Erkenntnis gelangen, dass der Kläger am Beschäftigungsort nur über eine kleine bescheidene Unterkunft (Schlafstätte) verfügt - wofür die geltend gemachten Unterkunftskosten von weniger als 200 € monatlich sprechen - und am Heimatort bei seiner Mutter zwei Zimmer und ein Badezimmer alleine nutzt, liegt es nahe, aufgrund des Alters des Klägers und seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit sowie dem Umstand, dass der Lebensmittelpunkt von den Beteiligten unstreitig am Heimatort verortet wird, vom Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG auszugehen.

Linkhinweis:

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BFH PM Nr. 23 vom 24.4.2013
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