30.06.2016

Düsseldorfer Verfahren: Bordellbetreiber haben bei freiwillig Vorauszahlungen für Prostituierte keinen Erstattungsanspruch

Ein Bordellbetreiber, der im Rahmen des sog. Düsseldorfer Verfahrens freiwillig Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Umsatzsteuerschuld der bei ihm tätigen Prostituierten leistet, kann nicht nachträglich deren Rückzahlung an sich gem. § 37 Abs. 2 S. 1 AO verlangen. Erstattungsberechtigt nach dieser Norm ist nur der Steuerpflichtige selbst und nicht ein Dritter, der für Rechnung des Steuerschuldners leistet.

BFH 12.5.2016, VII R 50/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger war zwischen 2004 und 2010 Betreiber eines Bordells. Der Club verfügte über eine Bar und Zimmer, in denen weibliche Prostituierte auf Honorarbasis ihre Dienste anboten. Die Prostituierten waren nicht in den Betrieb des Clubs eingegliedert, sondern entschieden selbst, ob, an welchem Tag und wie viele Stunden sie arbeiten wollten.

Im Zusammenhang mit einer Umsatzsteuer-Nachschau erläuterte der Prüfer der damaligen Steuerberaterin des Klägers im November 2004 die Modalitäten für die Teilnahme am sog. Düsseldorfer Verfahren. Danach sollte der Kläger bei jeder Prostituierten pro Anwesenheitstag einen Betrag von 15 € einbehalten, ihren Namen, ihre Anschrift sowie das Datum der Anwesenheit notieren und nach Ablauf eines Monats den Gesamtbetrag unter Beifügung eines ausgefüllten Vordrucks an das Finanzamt abführen. Die Behörde hatte die Beträge unter einer gesonderten Steuernummer für den Betrieb des Klägers als Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Umsatzsteuern der Prostituierten zu vereinnahmen und bei Erteilung etwaiger Jahressteuerbescheide anteilig auf die festgesetzten Steuern anzurechnen. Der Kläger hatte die Beträge als durchlaufende Posten zu erfassen.

Daraufhin nahm der Kläger im Streitzeitraum durchgehend am Düsseldorfer Verfahren teil. Im März 2011 beantragte der Kläger dann die Erstattung der gezahlten Beträge i.H.v. insgesamt 113.047 €, was das Finanzamt allerdings ablehnte. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.

Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung des im Zeitraum von 2004 bis 2010 dem Finanzamt gezahlten Betrags.

Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat gem. § 37 Abs. 2 S. 1 AO derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt wurde, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Erstattungsberechtigt ist also derjenige, auf dessen Rechnung und nicht auf dessen Kosten gezahlt wurde. Es kommt nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte.

Den Finanzbehörden wird nicht zugemutet, im Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerschuldner und einem zahlenden Dritten daraufhin zu überprüfen, wer von ihnen - im Innenverhältnis - auf die zu erstattenden Beträge materiell-rechtlich einen Anspruch hat. In den Fällen, in denen ein Dritter für Rechnung des Steuerschuldners die Steuer zu entrichten hat, ist somit grundsätzlich der Steuerschuldner erstattungsberechtigt. Infolgedessen waren im vorliegenden Fall die im Club des Klägers tätigen Prostituierten und nicht der Kläger Steuerschuldner. Ein Bordellbetreiber, der im Rahmen des sog. Düsseldorfer Verfahrens freiwillig Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Umsatzsteuerschuld der bei ihm tätigen Prostituierten leistet, kann nicht nachträglich deren Rückzahlung an sich gem. § 37 Abs. 2 S. 1 AO verlangen. Erstattungsberechtigt nach dieser Norm ist nur der Steuerpflichtige selbst und nicht ein Dritter, der für Rechnung des Steuerschuldners leistet.

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