26.11.2012

Eigener Hausstand kann auch im Rahmen eines Mehrgenerationenhaushaltes mit den Eltern vorliegen

Zwar sind Kinder zunächst in den Haushalt ihrer Eltern eingegliedert, und zwar regelmäßig auch dann, wenn sie nach Beendigung der Ausbildung - gegen Kostenbeteiligung - weiterhin im elterlichen Haus eigene Räume bewohnen. Der "kleinfamilientypische" Haushalt der Eltern kann sich aber zu einem wohngemeinschaftsähnlichen, gemeinsamen und mitbestimmten, Mehrgenerationenhaushalt oder gar zum Haushalt des erwachsenen Kindes, in den die Eltern beispielsweise wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit aufgenommen sind, wandeln.

BFH 26.7.2012, VI R 10/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger stammt ursprünglich aus M. Er hatte 2002 ein Studium in L. aufgenommen und zusammen mit einer damaligen Kommilitonin in Form einer Wohngemeinschaft eine ca. 86 qm große Wohnung bezogen. Der Kläger schloss sein Studium 2004 ab und ist seit Januar 2005 in L. nichtselbständig tätig. Seit November 2005 ist der Kläger alleiniger Mieter und Nutzer der Wohnung.

Der Kläger behielt während der gesamten Zeit einen Wohnsitz auf dem elterlichen Grundstück in M. bei. Das Haus verfügt über fünf Wohn- bzw. Schlafzimmer und zwei Badezimmer. Zwei Zimmer und ein Bad befinden sich im Keller befindet. Die Kellerräume sind über einen separaten Eingang erreichbar. In dem im Keller gelegenen Bad befindet sich die einzige Waschmaschine des Hauses. Der Kläger und seine Eltern bewohnten das Haus in den Streitjahren 2005 und 2006 in der Weise gemeinsam, dass dem Kläger die beiden im Keller gelegenen Räume zur alleinigen, ausschließlichen Nutzung überlassen waren; das Badezimmer stand den Eltern für die Nutzung der Waschmaschine, im Übrigen aber dem Kläger zur Verfügung. Die (einzige) Küche des Hauses nutzte der Kläger gemeinsam mit seinen Eltern. Das gleiche galt für den einzigen Telefonanschluss im Haus.

Der Kläger zahlte zwar keine Miete an seine Eltern, dafür er zunächst die Kosten für die Gebäudeversicherung, sämtliche im Haus anfallenden Reparaturrechnungen sowie die Grundsteuer. Im Oktober 2005 übertrug sein Vater ihm seinen Anteil an dem Grundstück.  In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger die ab Oktober 2005 getragenen Aufwendungen für die Wohnung in L. geltend. Das Finanzamt verweigerte den geltend gemachten Aufwendungen die Anerkennung.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Ob ein Steuerpflichtiger in einer Wohnung einen eigenen Hausstand i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG führt, kann nur unter Berücksichtigung insbesondere der Einrichtung, der Ausstattung und der Größe eben dieser Wohnung entschieden werden. Die dem Arbeitnehmer zur ausschließlichen Nutzung überlassenen Räumlichkeiten müssen dabei nicht den bewertungsrechtlichen Anforderungen an eine Wohnung gerecht werden. So ist es unerheblich, wenn sich der Arbeitnehmer in der ihm von seinen Eltern überlassenen Wohnung die Sanitäreinrichtung mit seiner Schwester teilen muss, oder, wenn dem Arbeitnehmer die Küche nicht zur alleinigen Verfügung steht. Infolgedessen kann ein eigener Hausstand auch dann unterhalten werden, wenn der Erst- oder Haupthausstand im Rahmen einer Wohngemeinschaft mit den Eltern geführt wird.

Weiter sind aber auch die persönlichen Lebensumstände, Alter und Personenstand des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. So wird regelmäßig ein junger Steuerpflichtiger, der nach Schulabschluss gerade eine Ausbildung begonnen hat, noch eher in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert sein, wenn er im Haus der Eltern wohnt, selbst wenn er dort auch eigene Räume zur Verfügung hat. Hatte der Steuerpflichtige dagegen schon - etwa im Rahmen einer gefestigten Beziehung oder Ehe - andernorts einen eigenen Hausstand geführt, ist es regelmäßig nicht fernliegend, dass er einen solchen auch dann weiter unterhalten und fortführen wird, wenn er diesen aufgibt und wieder eine Wohnung im Haus seiner Eltern bezieht oder gar den elterlichen Haushalt über- und seine Eltern wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit in den vormals elterlichen, nunmehr eigenen Haushalt aufnimmt.

Die Entscheidung des FG entsprach allerdings nicht diesen Grundsätzen. Zwar sind Kinder zunächst in den Haushalt ihrer Eltern eingegliedert, und zwar regelmäßig auch dann, wenn sie nach Beendigung der Ausbildung - gegen Kostenbeteiligung - weiterhin im elterlichen Haus eigene Räume bewohnen. Der "kleinfamilientypische" Haushalt der Eltern kann sich aber zu einem wohngemeinschaftsähnlichen, gemeinsamen und mitbestimmten, Mehrgenerationenhaushalt oder gar zum Haushalt des erwachsenen Kindes, in den die Eltern beispielsweise wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit aufgenommen sind, wandeln.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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