Ein auf dem Weg zur Arbeitsstätte entstandener Unfallschaden am privaten Pkw ist bei Veräußerung des unreparierten Fahrzeugs nur begrenzt abziehbar
BFH 21.8.2012, VIII R 33/09Der Kläger erlitt im Oktober 1999 auf dem Weg zwischen Arbeitsstätte und Wohnung einen Verkehrsunfall. An dem damaligen (erstmals 1992 zugelassenen) Fahrzeug entstand ein erheblicher Schaden. Die Reparaturkosten hätten rd. 10.000 DM betragen. Der Wagen hatte nach den Angaben des Klägers vor dem Unfall einen Zeitwert von 11.500 DM. Der Kläger veräußerte das Fahrzeug jedoch in nicht repariertem Zustand für 3.500 DM. Die Differenz von 8.000 DM zwischen dem Zeitwert vor Unfall und dem Veräußerungserlös machte der Kläger als Werbungskosten geltend.
Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Ansicht, der Kläger könne für den Fall, dass er keine Reparatur durchführen ließe, lediglich eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) geltend machen, sofern die gewöhnliche Nutzungsdauer des Kfz noch nicht abgelaufen sei. Eine Berücksichtigung als AfaA komme vorliegend aber nicht mehr in Betracht, weil das Kfz im Unfallzeitpunkt rechnerisch bereits vollständig abgeschrieben gewesen sei.
Das FG wies die gegen den Einkommensteuerbescheid gerichtete Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Kläger wegen der Kfz-Unfallkosten keinen Anspruch auf eine Minderung der Einkommensteuer haben. Bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit ist der Wertverlust seines Pkw in Höhe der Differenz zwischen den Zeitwerten vor und nach dem Unfall (nach Darstellung der Kläger 8.000 DM) nicht als Werbungskosten abzuziehen.
Erleidet ein nichtselbständiger Steuerpflichtiger mit seinem privaten Pkw auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Unfall, so kann er den hierdurch entstandenen Schaden zwar als Fahrtaufwand nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG abziehen. Dieser Abzug ist aber, wenn das Fahrzeug wie im Streitfall nach dem Unfall ohne vorhergehende Reparatur veräußert wird, nicht mit der Differenz zwischen den Wiederbeschaffungswerten für den Pkw vor und nach dem Unfall zu bemessen, sondern mit der Differenz zwischen dem rechnerischen Buchwert vor dem Unfall (Anschaffungskosten abzüglich fiktiver Absetzung für Abnutzung - AfA ) und dem Veräußerungserlös.
Dies ergibt sich aus der Regelung in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG zur Abziehbarkeit von "Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung und erhöhte Absetzungen" als Werbungskosten. Die Regelung nimmt damit zum einen für die AfA auf § 7 Abs. 1 S. 1 EStG Bezug; danach ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung zur Einkünfteerzielung sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (etwa bei Kfz), jeweils für ein Jahr (nur) der Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt.
Zum anderen nimmt sie durch ihren Verweis auf "erhöhte Absetzungen" auf die Regelung in § 7 Abs. 1 S. 6 EStG (heute § 7 Abs. 1 S. 7 EStG) zur Zulässigkeit einer AfaA Bezug. Diese AfaA ist aufgrund des systematischen Zusammenhangs mit der AfA-Regelung in Satz 1 der Vorschrift nach dem Wert zu bestimmen, um den der im Jahr des Schadenseintritts vorhandene Restbuchwert des geschädigten Wirtschaftsguts durch das schädigende Ereignis gemindert wird. Für ein bereits nach § 7 Abs. 1 S. 1 EStG abgeschriebenes Kfz kommt danach eine AfaA nicht mehr in Betracht. Dies gilt entsprechend auch im Streitfall.
Demnach ist die Höhe des steuerlich absetzbaren Unfallschadens auch im Streitfall, in dem es um ein Kfz des Privatvermögens geht, nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 S. 6 (heute S. 7) EStG mit der Differenz zwischen dem rechnerisch ermittelten fiktiven Buchwert vor dem Unfall (Anschaffungskosten abzgl. fiktiver AfA) und dem Wert des Fahrzeugs nach dem Unfall zu bemessen. Die frühere BFH-Rechtsprechung, wonach die Differenz zwischen Zeitwert vor und nach dem Unfall als Werbungskosten abgezogen werden konnte, ist somit durch neuere Rechtsprechung auch im Bereich der Überschusseinkünfte überholt.
Linkhinweis:
- Der Volltext ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.