Ein-Prozent-Regelung: Zur Ermittlung des Entnahmewerts für die private Nutzung eines betrieblichen Pkw bei Fehlen eines Fahrtenbuchs
FG Rheinland-Pfalz v. 10.12.2019 - 3 K 1681/19
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr (2016) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erzielte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Bereich "Beratung Ingenieurwesen", die er im Wege der vereinfachten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Nachdem der Kläger das vorgenannte Einzelunternehmen Anfang 2015 gegründet hatte, leaste er im Januar 2015 im Rahmen seines freiberuflichen Einzelunternehmens einen Pkw der Marke BMW, (Bruttolistenpreis 55.800 €), mit einer Vertragslaufzeit von 36 Monaten. Neben einer im Jahr 2015 gezahlten Leasing-Sonderzahlung i.H.v. rd. 13.400 € netto zzgl. Umsatzsteuer waren mtl. Leasingraten i.H.v. 250 € zzgl. Umsatzsteuer vereinbart.
Der Kläger machte in seiner Einnahmenüberschussrechnung für das Jahr 2015 Leasingkosten i.H.v. rd. 16.700 € als Betriebsausgaben geltend, in denen die vorgenannte Leasing-Sonderzahlung ohne Umsatzsteuer enthalten war, und die das Finanzamt auch in voller Höhe als Betriebsausgaben für den Veranlagungszeitraum 2015 berücksichtigte. Ein Fahrtenbuch führte der Kläger im Streitjahr nicht.
Für das Streitjahr erklärte der Kläger Entnahmen aus privater Kfz-Nutzung i.H.v. insgesamt rd. 5.800 € sowie Betriebsausgaben für Kfz-Kosten i.H.v. insgesamt rd. 6.000 € (3.000 € für Leasingkosten; 1.200 € für Steuern, Versicherung, Maut; 1.800 € für sonstige Fahrtkosten ohne AfA). Insgesamt errechnete der Kläger einen Verlust aus seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit i.H.v. rd. 5.000 €. Das Finanzamt legte seiner Veranlagung einen Verlust des Klägers aus seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit i.H.v. lediglich rd. -4.100 € zugrunde. Der "Privatanteil an den Kfz-Kosten" sei nicht i.H.v. 5.800 €, sondern i.H.v. 7.000 € anzusetzen. Dies ergebe sich aus der fiktiven Verteilung der im Jahr 2015 geleisteten Leasing-Sonderzahlung i.H.v. rd. 13.400 € auf die zwölf Monate des Jahres 2016 als zusätzliche Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Kfz-Nutzung, sodass eine Kostendeckelung nicht erfolge.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Die Entscheidung des Finanzamts, die Nutzungsentnahme für die private Pkw-Nutzung des Klägers nicht auf die mit dem Pkw zusammenhängenden Betriebsausgaben des freiberuflichen Einzelunternehmens des Klägers zu beschränken, sondern von der Anwendung der Ein-Prozent-Methode auszugehen, stellt keine Verletzung zwingenden Rechts dar.
Die Kläger können die von ihnen begehrte sog. "Kostendeckelung" mit einer Beschränkung der Nutzungswertentnahme auf die Höhe der tatsächlich im Streitjahr gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG abgeflossenen Betriebsausgaben des klägerischen Einzelunternehmens schon deshalb nicht verlangen, weil hierfür eine gesetzliche Grundlage fehlt. Die Besteuerung der Nutzungsentnahme für private Pkw-Nutzungen erfolgt nach dem Regelungssystem des EStG also nur entweder durch den Ansatz der Ein-Prozent-Methode ohne weitere Voraussetzungen oder durch den Ansatz der tatsächlichen Aufwendungen der privaten Nutzung unter der Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt.
Die von den Klägern begehrte "Kostendeckelung" ist in diesem klaren Regelungssystem hingegen gesetzlich nicht vorgesehen. Dass das Finanzamt sie nicht angewendet hat, führt also entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu einem Verstoß gegen das EStG.
Die Kläger können einen Anspruch auf Anwendung der sog. Kostendeckelung auch nicht aus der Anwendung einer entsprechenden Billigkeitsregelung gem. BMF-Schreiben vom 18.11.2009, insbesondere nicht aus § 163 AO i.V.m. einer Allgemeinverfügungen der Finanzverwaltung herleiten. Im Übrigen hätten die Kläger auch in der Sache keinen Anspruch aus der zunächst für das Streitjahr geltenden Verwaltungsvorschrift auf Anwendung der Billigkeitsgrundsätze gem. BMF-Schreiben vom 18.11.2001, da die Voraussetzungen dieses Schreibens für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht erfüllt sind. Überdies könnte ein solcher Anspruch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr aus der früheren Erlasslage abgeleitet werden, da die Finanzverwaltung zu diesem Zeitpunkt ihre frühere Verwaltungsauffassung bereits geändert hatte.
Landesrechtsprechung Rheinland-Pfalz
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr (2016) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erzielte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Bereich "Beratung Ingenieurwesen", die er im Wege der vereinfachten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Nachdem der Kläger das vorgenannte Einzelunternehmen Anfang 2015 gegründet hatte, leaste er im Januar 2015 im Rahmen seines freiberuflichen Einzelunternehmens einen Pkw der Marke BMW, (Bruttolistenpreis 55.800 €), mit einer Vertragslaufzeit von 36 Monaten. Neben einer im Jahr 2015 gezahlten Leasing-Sonderzahlung i.H.v. rd. 13.400 € netto zzgl. Umsatzsteuer waren mtl. Leasingraten i.H.v. 250 € zzgl. Umsatzsteuer vereinbart.
Der Kläger machte in seiner Einnahmenüberschussrechnung für das Jahr 2015 Leasingkosten i.H.v. rd. 16.700 € als Betriebsausgaben geltend, in denen die vorgenannte Leasing-Sonderzahlung ohne Umsatzsteuer enthalten war, und die das Finanzamt auch in voller Höhe als Betriebsausgaben für den Veranlagungszeitraum 2015 berücksichtigte. Ein Fahrtenbuch führte der Kläger im Streitjahr nicht.
Für das Streitjahr erklärte der Kläger Entnahmen aus privater Kfz-Nutzung i.H.v. insgesamt rd. 5.800 € sowie Betriebsausgaben für Kfz-Kosten i.H.v. insgesamt rd. 6.000 € (3.000 € für Leasingkosten; 1.200 € für Steuern, Versicherung, Maut; 1.800 € für sonstige Fahrtkosten ohne AfA). Insgesamt errechnete der Kläger einen Verlust aus seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit i.H.v. rd. 5.000 €. Das Finanzamt legte seiner Veranlagung einen Verlust des Klägers aus seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit i.H.v. lediglich rd. -4.100 € zugrunde. Der "Privatanteil an den Kfz-Kosten" sei nicht i.H.v. 5.800 €, sondern i.H.v. 7.000 € anzusetzen. Dies ergebe sich aus der fiktiven Verteilung der im Jahr 2015 geleisteten Leasing-Sonderzahlung i.H.v. rd. 13.400 € auf die zwölf Monate des Jahres 2016 als zusätzliche Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Kfz-Nutzung, sodass eine Kostendeckelung nicht erfolge.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Die Entscheidung des Finanzamts, die Nutzungsentnahme für die private Pkw-Nutzung des Klägers nicht auf die mit dem Pkw zusammenhängenden Betriebsausgaben des freiberuflichen Einzelunternehmens des Klägers zu beschränken, sondern von der Anwendung der Ein-Prozent-Methode auszugehen, stellt keine Verletzung zwingenden Rechts dar.
Die Kläger können die von ihnen begehrte sog. "Kostendeckelung" mit einer Beschränkung der Nutzungswertentnahme auf die Höhe der tatsächlich im Streitjahr gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG abgeflossenen Betriebsausgaben des klägerischen Einzelunternehmens schon deshalb nicht verlangen, weil hierfür eine gesetzliche Grundlage fehlt. Die Besteuerung der Nutzungsentnahme für private Pkw-Nutzungen erfolgt nach dem Regelungssystem des EStG also nur entweder durch den Ansatz der Ein-Prozent-Methode ohne weitere Voraussetzungen oder durch den Ansatz der tatsächlichen Aufwendungen der privaten Nutzung unter der Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt.
Die von den Klägern begehrte "Kostendeckelung" ist in diesem klaren Regelungssystem hingegen gesetzlich nicht vorgesehen. Dass das Finanzamt sie nicht angewendet hat, führt also entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu einem Verstoß gegen das EStG.
Die Kläger können einen Anspruch auf Anwendung der sog. Kostendeckelung auch nicht aus der Anwendung einer entsprechenden Billigkeitsregelung gem. BMF-Schreiben vom 18.11.2009, insbesondere nicht aus § 163 AO i.V.m. einer Allgemeinverfügungen der Finanzverwaltung herleiten. Im Übrigen hätten die Kläger auch in der Sache keinen Anspruch aus der zunächst für das Streitjahr geltenden Verwaltungsvorschrift auf Anwendung der Billigkeitsgrundsätze gem. BMF-Schreiben vom 18.11.2001, da die Voraussetzungen dieses Schreibens für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht erfüllt sind. Überdies könnte ein solcher Anspruch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr aus der früheren Erlasslage abgeleitet werden, da die Finanzverwaltung zu diesem Zeitpunkt ihre frühere Verwaltungsauffassung bereits geändert hatte.