Einbeziehung eines negativen Kapitalkontos in die Berechnung des Veräußerungsgewinns eines gegen Entgelt ausscheidenden Kommanditisten
BFH 9.7.2015, IV R 19/12Der Kläger war von 1981 bis zu seinem Ausscheiden Ende 1999 Kommanditist der zwischenzeitlich in Liquidation geratenen X-GmbH & Co. KG (X-GmbH) mit einer Kapitaleinlage von 105.000 DM. Gegenstand des Unternehmens war im Streitjahr 1999 die Verpachtung eines mit einer Pflegeeinrichtung bebauten Grundstücks.
Der Gesellschaftsvertrag der X-GmbH sah keine Nachschusspflicht der Gesellschafter vor. Es war vielmehr vorgesehen, dass das nach Abzug einer Vorwegvergütung zugunsten der Komplementärin verbleibende Geschäftsergebnis auf alle Gesellschafter entsprechend der Höhe ihrer Einlagen verteilt werden sollte. Der zu verteilende Gewinn sollte an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, es sei denn, dass das Verlustvortragskonto noch nicht wieder ausgeglichen war oder die Liquiditätslage der Gesellschaft eine Ausschüttung nicht zuließ.
Von 1981 bis 1990 wurden dem Kläger im Wesentlichen Verlustanteile und seit 1991 Gewinnanteile zugewiesen. Der auf den Kläger insgesamt entfallende Verlustanteil - nach Verrechnung mit den Gewinnanteilen - betrug 75.377 DM. Seit 1984 nahm die X-GmbH sog. "Ausschüttungen aus der Liquidität" für alle Kommanditisten vor. Die jeweiligen Beträge verbuchte sie als Entnahmen der jeweiligen Anteilseigner auf deren Kapitalkonten. Der auf den Kläger verbuchte Anteil betrug insgesamt 77.903 DM. Den auf den Kläger anlässlich seines Ausscheidens entfallenden Veräußerungsgewinn ermittelte das Finanzamt mit 71.473 DM.
Das FG gab der Klage, mit der der Kläger begehrte, für ihn keinen Veräußerungsgewinn festzustellen, statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Recht bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns des Klägers anlässlich seines Ausscheidens aus der Beigeladenen den Gewinn aus der Auflösung seines negativen Kapitalkontos auch insoweit berücksichtigt, als das Kapitalkonto (auch) durch Liquiditätsausschüttungen negativ geworden war.
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist. Nach § 16 Abs. 2 S. 1 EStG ist der dabei zu berücksichtigende Veräußerungsgewinn oder -verlust der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt.
Der Wert des Anteils am Betriebsvermögen ist für den Zeitpunkt des Ausscheidens nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 S. 2 EStG). Scheidet ein Kommanditist aus einer KG aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen kraft Gesetzes den verbleibenden Gesellschaftern zu. Steuerlich ist hierin grundsätzlich eine Veräußerung des Gesellschaftsanteils an die verbleibenden Gesellschafter zu sehen, sofern dieser Vorgang entgeltlich erfolgt. Scheidet ein Kommanditist gegen Entgelt aus einer KG aus, ergibt sich der Veräußerungsgewinn daher aus der Differenz zwischen den dem Ausscheidenden aus diesem Anlass zugewandten Leistungen und seinem Kapitalkonto.
Dem Veräußerungspreis war im vorliegenden Fall der Wert des Anteils am Betriebsvermögen, d.h. das Kapitalkonto des Klägers gegenüberzustellen. Dieses war zum maßgeblichen Stichtag (31.12.1999) negativ. Auch ein negatives Kapitalkonto ist dem Veräußerungspreis gegenüberzustellen und führt damit rechnerisch zur Erhöhung eines Veräußerungsgewinns, soweit es nicht ausgeglichen wird. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des FG nicht darauf an, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist.
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