Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht: Erkennbarkeit eines abgestimmten Verhaltens nicht erforderlich
BFH 19.6.2013, II R 3/12Der Kläger erwarb im März 2005 von der B-Bank ein näher bezeichnetes unbebautes Grundstück zu einem Kaufpreis i.H.v. 24.750 €. Das Geschäft wurde von der B-GmbH vermittelt, einer Immobiliengesellschaft mehrerer Banken, u.a. der Verkäuferin. Im April 2005 schloss der Kläger mit der C-GmbH einen Vertrag über die Errichtung einer Doppelhaushälfte auf seinem Grundstück zum Festpreis i.H.v. 99.000 €. Gegenüber dem Finanzamt erklärte der Kläger, er habe sich das Grundstück und den Vertragspartner der Bebauung selbst ausgesucht.
Ermittlungen des Finanzamts ergaben, dass die B-GmbH mit der C-GmbH für das Objekt des Klägers einen Immobilienvermittlungsvertrag abgeschlossen hatte. Für die Vermittlung des Grundstücks berechnete die B-GmbH vereinbarungsgemäß eine Provision, die mit dem Verkauf der zweiten Doppelhaushälfte fällig wurde. Auf Rückfrage des Finanzamts erklärte der Kläger, er habe die C-GmbH beauftragt, weil sie ihm vom Architekten, einem Cousin seines Vaters, empfohlen worden sei. Mit der Planung habe er bereits eineinhalb Jahre vor dem Kauf des Grundstücks angefangen. Das Finanzamt bezog die Bauerrichtungskosten dennoch in die Bemessungsgrundlage mit ein und setzte entsprechend Grunderwerbsteuer fest.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG kommt es für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsvorgangs bei mehreren Anbietern auf der Veräußererseite nur darauf an, dass diese objektiv zusammenwirken, ohne dass das Zusammenwirken für den Erwerber erkennbar sein muss.
Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gem. § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung richtet, wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand.
Auf der Veräußererseite können dabei auch mehrere Personen als Vertragspartner auftreten, so dass sich die Ansprüche des Erwerbers auf Übereignung des Grundstücks und auf Errichtung des Gebäudes zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten. In diesen Fällen hat der BFH in früheren Entscheidungen für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsvorgangs gefordert, dass das Zusammenwirken für den Erwerber objektiv erkennbar war. Ungeachtet dessen, dass in den zitierten Entscheidungen das Zusammenwirken tatsächlich anhand objektiver Merkmale für den Erwerber erkennbar war, handelt es sich dabei nicht um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal.
Für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsvorgangs kommt es vielmehr allein auf das objektiv vorliegende Zusammenwirken auf der Veräußererseite zur Abgabe eines einheitlichen Angebots an, ohne dass dies für den Erwerber erkennbar sein muss. Ausreichend ist, wenn dieses Zusammenwirken anhand äußerer Merkmale objektiv festgestellt werden kann. Selbst wenn der Erwerber trotz des Zusammenwirkens auf der Veräußererseite davon ausgeht, ein unbebautes Grundstück zu erwerben und dieses eigenverantwortlich zu bebauen, erwirbt er das bebaute Grundstück, wenn er - unerkannt - das tatsächlich vorliegende, einheitliche Angebot der Veräußererseite auf Erwerb des bebauten Grundstücks annimmt.
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