21.03.2011

Einkommensteuer: Volle Steuerpflicht für private Versorgungsbezüge vor Vollendung des 63. Lebensjahres

Ein Steuerpflichtiger, der Versorgungsbezüge aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis bezieht und noch nicht das 63. Lebensjahr vollendet hat, hat keinen Anspruch auf einen Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG. Die in der Vorschrift vorgesehene Übergangsregelung, die Arbeitnehmer gegenüber Beziehern öffentlicher Versorgungsbezüge zeitweise steuerlich schlechter stellt, ist verfassungsgemäß.

FG Münster 11.2.2011, 14 K 787/09 E
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Versorgungsfreibetrages nebst Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gem. § 19 Abs. 2 EStG 2007. Der im Streitjahr 2007 60-Jährige Kläger bezog neben einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Versorgungsbezüge aus einem früheren privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Für diese Versorgungsbezüge beanspruchte er einen Versorgungsfreibetrag, den das Finanzamt ablehnte, da der Kläger noch nicht - wie vom Gesetz in § 19 Abs. 2 Nr. 2 EStG vorausgesetzt - das 63. Lebensjahr vollendet habe.

Hierin sieht der Kläger einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da der Freibetrag bei Versorgungsbezügen aus einem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis unabhängig vom Lebensalter gewährt werde. Die unterschiedliche Behandlung von Beamten und Arbeitnehmern in Bezug auf den Versorgungsfreibetrag des § 19 Abs. 2 EStG sei bereits bzgl. der bis zum 31.12.2004 geltenden Regelung in der Rechtsprechung als verfassungswidrig angesehen worden.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat es zu Recht abgelehnt, bei der Besteuerung der Versorgungsbezüge des Klägers einen Versorgungsfreibetrag nebst Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gem. § 19 Abs. 2 EStG zu berücksichtigten. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 EStG sind im Streitfall nicht erfüllt; die dort festgeschriebene Altersgrenze stellt zudem keinen verfassungswidrigen Verstoß gegen Art. 3 GG dar.

Die Zahlung öffentlicher Versorgungsbezüge setzt voraus, dass der Anspruchsberechtigte u.a. die Altersgrenze von 63 Jahren erreicht hat. Steuerrechtlich musste diese Grenze somit - anders als im Fall des Bezugs privater Ruhegelder - nicht erneut festgelegt werden. Durch die Neuregelung der Besteuerung der Altersbezüge durch das Alterseinkünftegesetz hat der Gesetzgeber zudem ab dem Jahr 2005 eine Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Versorgungsbezügen in Vollzug gesetzt, die zukünftig aufgrund des Prinzips der nachgelagerten Besteuerung insgesamt zum Wegfall des Versorgungsfreibetrags führt.

Auch die in § 19 Abs. 2 EStG vorgesehene Übergangsregelung, die den Kläger gegenüber Beziehern öffentlicher Versorgungsbezüge zeitweise steuerlich schlechter stellt, ist verfassungsgemäß. Es ist dem Kläger zwar zuzugeben, dass es in der - relativ langen - Übergangszeit zu einer Ungleichbehandlung von privaten und öffentlichen Versorgungsbezügen kommt. Diese ist allerdings unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie aus einer dem Grunde nach sachgerechten und notwendigen Übergangsregelung resultiert, gerechtfertigt.

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