29.07.2021

Einkünfte aus (echten) Edelmetall-Pensionsgeschäften im Privatvermögen

1. Wird Edelmetall aus dem Privatvermögen im Wege eines echten Edelmetall-Pensionsgeschäfts übertragen und zurückübertragen, liegt mangels eines marktoffenbaren Vorgangs kein privates Veräußerungsgeschäft vor. Dies gilt auch für im Gegenzug übertragene Fremdwährungsguthaben. Der Pensionsgeber erzielt insoweit sonstige Einkünfte aus Leistungen.
2. Erfasst wird bei der Ermittlung der sonstigen Einkünfte des Pensionsgebers aus Leistungen nur der (positive oder negative) "Spread" aus dem Pensionsgeschäft. Auch im Falle eines negativen "Spread" liegt die Einkünfteerzielungsabsicht vor, wenn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände feststeht, dass das Pensionsgeschäft der Erwerbssphäre und nicht der Privatsphäre zuzuordnen ist.
3. Fließt der "Spread" in einer fremden Währung zu, muss der Betrag im Zeitpunkt des Zu- oder Abflusses (einmal) in inländische Währung umgerechnet werden. Ein positiver "Spread" fließt im Zeitpunkt der Zahlung des "Kaufpreises" zu, ein negativer "Spread" fließt im Zeitpunkt der Zahlung des "Rückkaufpreises" ab.

Kurzbesprechung
BFH v. 23.4.2021 - IX R 20/19

EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 2 S. 1, § 22 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 7
HGB § 340b
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1


Echte Edelmetall-Pensionsgeschäfte führen nicht zu Veräußerungsgeschäften im Sinne von § § 23 EStG, da es bei einem echten Edelmetall-Pensionsgeschäft im Hinblick auf die Übertragung und Rückübertragung von Wirtschaftsgütern jeweils an marktoffenbaren Vorgängen fehlt.

Von Pensionsgeschäften spricht man, wenn ein Pensionsgeber ihm gehörende Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter; hier: Edelmetallbestände) nach zivilrechtlichen Maßstäben auf Zeit gegen Entgelt auf einen anderen (Pensionsnehmer) überträgt. Ein echtes Pensionsgeschäft liegt vor, wenn der Pensionsnehmer die Wirtschaftsgüter zu einem vorbestimmten oder vom Pensionsgeber zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Entrichtung des empfangenen oder eines im Voraus vereinbarten Betrags auf den Pensionsgeber zurückzuübertragen hat. Dies war im Streitfall gegeben.

Ertragsteuerrechtlich ist das Edelmetall-Pensionsgeschäft als Einheit zu behandeln. Den (zivil-)rechtlich trennbaren Teilschritten --der Übertragung und Rückübertragung des Pensionsguts-- kommt bei der aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Gesamtbetrachtung keine eigenständige Bedeutung zu. Edelmetall-Pensionsgeschäfte sind danach nicht darauf gerichtet, den Sachwert der jeweils übertragenen und zurückübertragenen Wirtschaftsgüter (hier: Edelmetall, Fremdwährungsdarlehen) zu realisieren. Zwar kommt es im ersten Teilschritt dazu, wenn die vom Pensionsgeber erhaltene Geldleistung dem Verkehrswert des übertragenen Edelmetalls entspricht. Wegen der von vornherein fest vereinbarten Rückgabe des Empfangenen wird dieser Vorteil bei der Rückübertragung aber wieder rückgängig gemacht. Jedenfalls diese Rückübertragung ist kein marktoffenbarer Vorgang, denn ihre Konditionen werden von den Vertragspartnern ohne Rücksicht auf die Marktentwicklung im Zuge eines Termingeschäfts schon bei Abschluss des Vertrags fest vereinbart. Dadurch wird erreicht, dass die Preisgefahr --d.h. das Kursrisiko-- während der Pensionszeit beim ursprünglichen Eigentümer verbleibt.

Der Pensionsgeber muss das Pensionsgut zum vereinbarten "Preis" zurücknehmen, auch wenn er es sich mit dem erhaltenen Geld günstiger am Markt wieder beschaffen könnte. Für den Pensionsnehmer gilt umgekehrt Entsprechendes. Danach ist es letztlich unerheblich, ob im ersten Schritt der Sachwert realisiert wird. Bei zeitgleich abgeschlossenen "Kauf- und Rückkaufverträgen" unterliegen die vereinbarten "Preise" letztlich keiner Marktkontrolle. Dies ist auch nicht gewollt. Nach vollständiger Abwicklung des Vertrags verbleibt den Vertragspartnern aus dem Edelmetall-Pensionsgeschäft selbst nur der (positive oder negative) "Spread". Es handelt sich insofern um den Unterschied zwischen dem bei Übertragung des Pensionsguts hingeflossenen Geldbetrag ("Kaufpreis") und dem bei Rückübertragung des Pensionsguts zurückgeflossenen Betrag ("Rückkaufpreis"). In der Differenz zwischen diesen beiden Beträgen kommen vor allem die wechselseitigen Nutzungsentgelte zum Ausgleich.

Der Pensionsnehmer entrichtet der Sache nach für die zeitliche Übertragung des Pensionsguts einen Sachdarlehenszins; der Pensionsgeber einen Zins für die Überlassung von Geld. Diese wechselseitigen Positionen werden gegeneinander verrechnet und beeinflussen die Höhe des Geldbetrags, der am Ende des Geschäfts an den Pensionsnehmer zurückfließt. Das wirtschaftliche Ergebnis des Geschäfts hängt mithin vor allem von der Höhe der Geldleistung und dem Wert des Pensionsguts sowie den jeweiligen Zinssätzen, aber nicht davon ab, ob die Geldleistung dem Wert des Pensionsguts entspricht.

Nach allem ist das echte Pensionsgeschäft jedenfalls kein Absatzgeschäft. Dabei kann offenbleiben, ob und ggf. unter welchen Umständen der Pensionsgeber wirtschaftlicher Eigentümer des Pensionsguts bleibt. Denn der BFH geht zum einen davon aus, dass § 39 Abs. 1 Nr. 2 AO für die persönliche Zurechnung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens ohne Bedeutung ist, und zwar ungeachtet der --umstrittenen-- Frage, ob es sich insofern nur um eine Spezialvorschrift für die Bilanzierung der Kreditinstitute oder um einen allgemeinen Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung handelt. Eine Maßgeblichkeit der handelsbilanziellen Behandlung für das Privatvermögen wäre in beiden Fällen nicht gegeben.

Zum anderen ist eine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 EStG unter den Umständen des Streitfalles schon mangels eines marktoffenbaren Vorgangs zu verneinen, so dass es nicht mehr darauf ankommen kann, ob das Pensionsgut dem Pensionsgeber --ungeachtet des Übergangs des zivilrechtlichen Eigentums auf den Pensionsnehmer-- als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen ist und bereits deshalb eine Veräußerung ausscheidet.

Im Streitfall wurde durch die Edelmetall-Pensionsgeschäfte auch nicht Fremdwährungsguthaben angeschafft und wieder veräußert. Auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung liegen nicht vor. Zwar liegt einem echten Edelmetall-Pensionsgeschäft wirtschaftlich zumindest auch eine entgeltliche Nutzungsüberlassung des Edelmetalls (in Gestalt eines Sachdarlehens) auf Zeit zugrunde. Dies rechtfertigt jedoch steuerrechtlich weder dessen isolierte Betrachtung noch erfüllt die Nutzungsüberlassung den Tatbestand der Norm, denn das zur Nutzung überlassene Edelmetall ist kein Sachinbegriff (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Auch Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG liegen im Streitfall nicht vor, da eine auf eine Sachleistung (hier: Rückübereignung von Edelmetall) gerichtete Forderung keine Kapitalforderung im Sinne der Vorschrift ist.

Im Streitfall waren jedoch die Voraussetzungen des § 22 Nr. 3 EStG erfüllt, dabei unterliegt nur der "Spread" der Besteuerung. Zwar handelt es sich der Sache nach um eine verdeckte "Swap"-Position. Die wechselseitigen Zinspositionen, die dahinterstehen, werden jedoch bei einem echten Pensionsgeschäft in der Regel nicht aufgedeckt, sind also kaum ermittelbar und können wegen der gebotenen einheitlichen Betrachtung auch steuerlich nicht (einzeln) erfasst werden. Steuerlich erfasst werden mithin nicht zwei wechselseitige Sachdarlehen, sondern vielmehr das wirtschaftliche Ergebnis aus dem als Einheit aufzufassenden Edelmetall-Pensionsgeschäft.

Erfasst werden hierbei der positive sowie der negative "Spread". § 2 EStG berücksichtigt im Grundsatz stets auch das negative Ergebnis des Wirtschaftens. Eine Einschränkung ergibt sich insoweit aus dem ungeschriebenen Merkmal der Einkünfteerzielungsabsicht. Die Absicht, aus einem Edelmetall-Pensionsgeschäft für sich betrachtet einen Einnahmenüberschuss zu erzielen, kann indes auch dann zu bejahen sein, wenn ein negativer "Spread" von vornherein feststeht. Denn das Merkmal der Einkünfteerzielungsabsicht hat vor allem die Funktion, die Erwerbssphäre von der Privatsphäre abzugrenzen. Ist die Handlungsweise des Steuerpflichtigen erkennbar wirtschaftlich vernünftig und fehlen private Gründe für sein Tun, bewegt es sich mithin offenbar in der Erwerbssphäre, so ist die Einkünfteerzielungsabsicht auch dann nicht zu verneinen, wenn der Steuerpflichtige bei dem isoliert zu betrachtenden Geschäft bewusst einen Verlust in Kauf nimmt.

Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Denn in die wirtschaftliche Betrachtung muss bei einem echten Pensionsgeschäft einbezogen werden, dass der Pensionsnehmer über das Pensionsgut während der Pensionszeit frei verfügen kann. Er kann das Pensionsgut insbesondere zur Einkünfteerzielung einsetzen. Entsprechendes gilt aus der Sicht des Pensionsgebers für den empfangenen Geldbetrag. Nimmt man die wirtschaftlichen Vorteile dieser Geschäfte, die steuerlich gesondert erfasst werden, ergänzend in den Blick, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass bei den streitigen Edelmetall-Pensionsgeschäften durchweg die Absicht bestand, Einkünfte zu erzielen.

Der positive "Spread" fließt mit der Hinzahlung ("Kaufpreis") zu, während der negative "Spread" erst mit der Rückzahlung ("Rückkaufpreis") abfließt. Im Fall des positiven "Spread" fließt dem Pensionsgeber das wirtschaftliche Ergebnis aus dem Geschäft bereits mit dem Erhalt des Kaufpreises für die Übertragung des Pensionsguts zu. Im Fall des negativen "Spread" tritt die wirtschaftliche Belastung erst mit der Zahlung des "Rückkaufpreises" ein. Fließt der (positive oder negative) "Spread" in einer fremden Währung zu oder ab, kommt es für die (lediglich einmalige) Umrechnung in Euro ebenfalls auf diese (unterschiedlichen) Zeitpunkte an.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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