Einkünfte aus Photovoltaikanlage bei Ehegatten regelmäßig ohne gesonderte Gewinnfeststellung
BFH v. 6.2.2020 - IV R 6/17
Der Sachverhalt:
Die klagende GbR besteht aus den Eheleuten F und M. F und M werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin betreibt auf einem von den Ehegatten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundstück eine Photovoltaikanlage (PVA). Die dabei erzeugte Energie nutzen F und M zum Teil privat, zum Teil wird sie an einen Stromversorger veräußert und in das öffentliche Stromnetz eingespeist.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 erklärten F und M u.a. Einkünfte aus dem Betrieb der PVA. Sie ermittelten auf Grundlage einer Einnahmen-Überschussrechnung Einkünfte i.H.v ./. 3.402 €. Die Klägerin reichte eine Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr bei dem Finanzamt ein. Ebenfalls gab sie eine Umsatzsteuererklärung ab, mit der ein Vorsteuerüberhang geltend gemacht wurde, der zu einer entsprechenden Festsetzung durch das Finanzamt führte. Eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellung) reichte die Klägerin nicht ein.
Das Finanzamt schätzte die Besteuerungsgrundlagen der Klägerin und stellte deren Einkünfte mit Gewinnfeststellungsbescheid 2014 fest. Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Art oder Höhe der festgestellten Einkünfte, sondern gegen die Vornahme einer gesonderten und einheitlichen Feststellung als solche. Nach Ansicht der Klägerin war die Durchführung eines Gewinnfeststellungsverfahrens nicht erforderlich.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Es liegt ein Fall von geringer Bedeutung vor, der keiner Durchführung eines eigenständigen Gewinnfeststellungsverfahrens bedarf.
Nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO werden insbesondere die einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Vorliegend handelt es sich um eine Ehegatten-GbR, die eine Fotovoltaikanlage (PVA) betrieb, so dass diese Voraussetzungen grundsätzlich vorlagen. Keine gesonderte Feststellung ist allerdings nach § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 AO durchzuführen, wenn es sich nach den Verhältnissen im Feststellungszeitraum um einen Fall von geringer Bedeutung handelt, insbesondere weil die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn - wie im Streitfall - zusammen veranlagte Ehegatten eine PVA auf ihrem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus betreiben und kein Streit über die Höhe und Aufteilung der Einkünfte aus der PVA besteht. Eine einheitliche Rechtsanwendung gegenüber allen Beteiligten der gemeinschaftlichen Einkunftserzielung ist dann sichergestellt.
Zwar soll allein der Umstand, dass es sich bei den potenziellen Feststellungsbeteiligten um Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner handelt, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, noch nicht zur Annahme eines Falles von geringer Bedeutung führen. Ebenso wenig ist ein Fall des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO schon allein deshalb anzunehmen, weil mehrere Personen an Einkünften beteiligt sind und das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt auch für die Festsetzung der Einkommensteuer aller an den Einkünften beteiligten natürlichen Personen zuständig ist. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Vereinfachungszweck des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 AO sowohl im Interesse des Steuerpflichtigen, dem Aufwand für die Erstellung und Abgabe einer eigenen Feststellungserklärung und das Durchlaufen eines weiteren Verfahrens neben seiner Veranlagung zur Einkommensteuer erspart werden soll, als auch im Interesse der Finanzverwaltung besteht, die nicht gezwungen sein soll, unnötige Verfahren durchführen zu müssen.
Bewirken die gesetzlichen Zuständigkeitsregeln, dass dasselbe Amt für die Ertragsbesteuerung der Gesellschafter zuständig ist, das auch für die gesonderte Feststellung zuständig wäre und damit die maßgebliche Betriebsnähe hat sowie regelmäßig auch für die Umsatzbesteuerung und den Gewerbesteuermessbescheid zuständig ist, so ist durch diese Zuständigkeitsregelungen mit hinreichender Sicherheit gewährleistet, dass der zuständige Entscheidungsträger widerspruchsfreie Entscheidungen treffen kann. Die Behörde hat es dann selbst in der Hand, durch organisatorische Maßnahmen eine hinreichende Sicherheit für die Vermeidung widersprüchlicher Verfahrensergebnisse zu schaffen. Es obliegt ihrer Organisationshoheit, die internen Abläufe so zu gestalten, dass die erforderlichen Informationen aus der Sphäre der Personengesellschaft in einem Fall von geringer Bedeutung auch dem Bearbeiter der Einkommensteuerveranlagung zugänglich gemacht werden.
Unschädlich für die Annahme eines Falles von geringer Bedeutung i.S.v. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 AO ist es, dass die Voraussetzungen hierfür in jedem Veranlagungszeitraum vorliegen müssen und deshalb - insbesondere abhängig von dem Entstehen von Streit zwischen den Beteiligten über die Höhe der Einkünfte, aber ggf. auch von der Fortdauer der Voraussetzungen der Zusammenveranlagung - nicht fortlaufend gegeben sein müssen. Im Streitfall standen die Art und Aufteilung der Einkünfte zwischen den hälftig an den Einkünften aus dem Betrieb der PVA beteiligten Eheleuten fest und es bestand hierüber kein Streit. Streit bestand auch nicht über die Höhe der Einkünfte. Die Ehegatten werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (§ 26b EStG). Das Finanzamt ist nicht nur für die Einkommensteuerveranlagung zuständig, sondern wäre es auch für die Gewinnfeststellung der Klägerin, wenn eine solche durchzuführen wäre.
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Die klagende GbR besteht aus den Eheleuten F und M. F und M werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin betreibt auf einem von den Ehegatten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundstück eine Photovoltaikanlage (PVA). Die dabei erzeugte Energie nutzen F und M zum Teil privat, zum Teil wird sie an einen Stromversorger veräußert und in das öffentliche Stromnetz eingespeist.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 erklärten F und M u.a. Einkünfte aus dem Betrieb der PVA. Sie ermittelten auf Grundlage einer Einnahmen-Überschussrechnung Einkünfte i.H.v ./. 3.402 €. Die Klägerin reichte eine Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr bei dem Finanzamt ein. Ebenfalls gab sie eine Umsatzsteuererklärung ab, mit der ein Vorsteuerüberhang geltend gemacht wurde, der zu einer entsprechenden Festsetzung durch das Finanzamt führte. Eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellung) reichte die Klägerin nicht ein.
Das Finanzamt schätzte die Besteuerungsgrundlagen der Klägerin und stellte deren Einkünfte mit Gewinnfeststellungsbescheid 2014 fest. Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Art oder Höhe der festgestellten Einkünfte, sondern gegen die Vornahme einer gesonderten und einheitlichen Feststellung als solche. Nach Ansicht der Klägerin war die Durchführung eines Gewinnfeststellungsverfahrens nicht erforderlich.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Es liegt ein Fall von geringer Bedeutung vor, der keiner Durchführung eines eigenständigen Gewinnfeststellungsverfahrens bedarf.
Nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO werden insbesondere die einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Vorliegend handelt es sich um eine Ehegatten-GbR, die eine Fotovoltaikanlage (PVA) betrieb, so dass diese Voraussetzungen grundsätzlich vorlagen. Keine gesonderte Feststellung ist allerdings nach § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 AO durchzuführen, wenn es sich nach den Verhältnissen im Feststellungszeitraum um einen Fall von geringer Bedeutung handelt, insbesondere weil die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn - wie im Streitfall - zusammen veranlagte Ehegatten eine PVA auf ihrem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus betreiben und kein Streit über die Höhe und Aufteilung der Einkünfte aus der PVA besteht. Eine einheitliche Rechtsanwendung gegenüber allen Beteiligten der gemeinschaftlichen Einkunftserzielung ist dann sichergestellt.
Zwar soll allein der Umstand, dass es sich bei den potenziellen Feststellungsbeteiligten um Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner handelt, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, noch nicht zur Annahme eines Falles von geringer Bedeutung führen. Ebenso wenig ist ein Fall des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO schon allein deshalb anzunehmen, weil mehrere Personen an Einkünften beteiligt sind und das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt auch für die Festsetzung der Einkommensteuer aller an den Einkünften beteiligten natürlichen Personen zuständig ist. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Vereinfachungszweck des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 AO sowohl im Interesse des Steuerpflichtigen, dem Aufwand für die Erstellung und Abgabe einer eigenen Feststellungserklärung und das Durchlaufen eines weiteren Verfahrens neben seiner Veranlagung zur Einkommensteuer erspart werden soll, als auch im Interesse der Finanzverwaltung besteht, die nicht gezwungen sein soll, unnötige Verfahren durchführen zu müssen.
Bewirken die gesetzlichen Zuständigkeitsregeln, dass dasselbe Amt für die Ertragsbesteuerung der Gesellschafter zuständig ist, das auch für die gesonderte Feststellung zuständig wäre und damit die maßgebliche Betriebsnähe hat sowie regelmäßig auch für die Umsatzbesteuerung und den Gewerbesteuermessbescheid zuständig ist, so ist durch diese Zuständigkeitsregelungen mit hinreichender Sicherheit gewährleistet, dass der zuständige Entscheidungsträger widerspruchsfreie Entscheidungen treffen kann. Die Behörde hat es dann selbst in der Hand, durch organisatorische Maßnahmen eine hinreichende Sicherheit für die Vermeidung widersprüchlicher Verfahrensergebnisse zu schaffen. Es obliegt ihrer Organisationshoheit, die internen Abläufe so zu gestalten, dass die erforderlichen Informationen aus der Sphäre der Personengesellschaft in einem Fall von geringer Bedeutung auch dem Bearbeiter der Einkommensteuerveranlagung zugänglich gemacht werden.
Unschädlich für die Annahme eines Falles von geringer Bedeutung i.S.v. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 AO ist es, dass die Voraussetzungen hierfür in jedem Veranlagungszeitraum vorliegen müssen und deshalb - insbesondere abhängig von dem Entstehen von Streit zwischen den Beteiligten über die Höhe der Einkünfte, aber ggf. auch von der Fortdauer der Voraussetzungen der Zusammenveranlagung - nicht fortlaufend gegeben sein müssen. Im Streitfall standen die Art und Aufteilung der Einkünfte zwischen den hälftig an den Einkünften aus dem Betrieb der PVA beteiligten Eheleuten fest und es bestand hierüber kein Streit. Streit bestand auch nicht über die Höhe der Einkünfte. Die Ehegatten werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (§ 26b EStG). Das Finanzamt ist nicht nur für die Einkommensteuerveranlagung zuständig, sondern wäre es auch für die Gewinnfeststellung der Klägerin, wenn eine solche durchzuführen wäre.