Einordnung der Einkünfte bei Einziehung einer von einem Dritten unter dem Nominalwert erworbenen Erstattung eines KSt-Guthabens
FG Düsseldorf 20.11.2018, 13 K 2486/17 EDer Kläger hatte am 8.8.2012 mit der K-GmbH, an der er nicht beteiligt war und zu der er auch nicht in einem Anstellungsverhältnis stand, einen Forderungskauf- und Abtretungsvertrag abgeschlossen. Den vereinbarten Kaufpreis von 210.000 € zahlte der Kläger am selben Tag. Am 30.9.2015 zahlte der Fiskus einen Betrag von 200.683 € an den Kläger aus. Die Auszahlung entsprach dem Nominalwert der vom Kläger erworbenen Teilforderung betreffend das Körperschaftsteuerguthaben für 2015.
In einem Beiblatt zu ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2015 vertraten die Kläger die Auffassung, dass es sich bei den aus dem Forderungskauf erzielten Einnahmen um eine bloße private Vermögensmehrung handele, die unbesteuert bleiben müsse. Die Voraussetzungen eines Spekulationsgeschäfts lägen nicht vor. Dem folgte das Finanzamt allerdings nicht. Nach seiner Auffassung war ein Kapitalertrag gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG im Rahmen der Abgeltungssteuer gem. § 32d Abs. 1 EStG zu versteuern.
Der Kläger war der Ansicht, dass die Tatbestandsmerkmale des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht gegeben seien. Die Vorschrift setze voraus, dass die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden sei. Die K-GmbH habe von ihnen aber kein Kapital zur Verfügung gestellt bekommen, dass sie zurückzahlen müsse. Darüber hinaus habe die GmbH auch kein Entgelt für eine etwaige Überlassung von Kapital zur Nutzung bezahlen müssen. Dies gelte umso mehr, als das abgetretene Körperschaftsteuerguthaben gem. § 37 Abs. 5 Satz 7 KStG unverzinslich sei. Insofern sei auch der Tatbestand des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG nicht erfüllt.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Mit Recht hat das Finanzamt einen Gewinn bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.H.v. 116.683 € angesetzt und der Abgeltungssteuer unterworfen. Denn durch die Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens in der Höhe, die dem Nominalbetrag der vom Kläger unter dem Nominalwert erworbenen Teilforderung aus dem Körperschaftsteuerguthaben für 2015 entsprach, hat er im Streitjahr einen Gewinn aus einer - der Veräußerung einer Forderung gleichgestellten - Rückzahlung einer Kapitalforderung i.S.v. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7, Abs. 4 Satz 1 EStG erzielt.
Bei dem Körperschaftsteuerguthaben i.S.v. § 37 KStG handelt es sich um eine sonstige Kapitalforderung i.S.d. vorgenannten Vorschriften. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die Vorschrift ist durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 als Auffangtatbestand ausgestaltet worden, um die Besteuerung des Vermögenszuflusses aus der Veräußerung, Abtretung oder Endeinlösung von sonstigen Kapitalforderungen sicherzustellen. Die von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG in Bezug genommene Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG regelt ausschließlich die Besteuerung der laufenden Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Beide Vorschriften haben eigenständige Regelungskreise und stehen selbständig nebeneinander.
Sowohl § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG als auch § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG knüpfen an den Begriff der sonstigen Kapitalforderung jeder Art an. Hiervon umfasst sind nach ganz h.M. alle auf Geld gerichteten Forderungen. Es kommt somit weder darauf an, ob es sich um eine gesetzliche oder vertragliche Forderung, noch darauf, ob es sich um eine private oder öffentlich-rechtliche Forderung handelt. Bei der hier maßgeblichen Forderung auf Erstattung eines Körperschaftsteuerguthabens i.S.v. § 37 KStG handelt es sich um eine solche auf Geld gerichtete Kapitalforderung.
Aus der Verweisung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG auf § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG folgt, dass die Wertveränderungen des Vermögensstamms bei solchen Kapitalforderungen zu erfassen sind, bei denen die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, wobei die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts nicht sicher sein müssen, sondern von einem ungewissen Ereignis anhängen können. Vorliegend wurde kein Entgelt für die Überlassung der Forderung zugesagt, denn bei dem Anspruch auf das Körperschaftsteuerguthaben handelt es sich um eine unverzinsliche Forderung.
Allerdings ist dem Grunde nach die Rückzahlung des Kapitals zugesagt, was zur Erfüllung des Tatbestands des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ausreicht, da Rückzahlung und Entgeltzusage, wie sich dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen lässt ("oder"), in einem Alternativverhältnis stehen können. Der BFH hat insofern Steuererstattungsforderungen als sonstige Kapitalforderung angesehen, da sie so anzusehen seien, als habe die Finanzverwaltung ein Darlehen erhalten, das ihr der Steuerpflichtige gewährt habe. Nichts anderes kann in Bezug auf das Körperschaftsteuerguthaben i.S.v. § 37 KStG gelten. Dabei ist unbeachtlich, auf Grund welcher Umstände das Guthaben entstanden ist.
Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 EStG sind ebenfalls erfüllt. Zwar hat der Kläger keine Kapitalforderung "veräußert". Gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt als Veräußerung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG aber auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Mit dem Rückzahlungstatbestand erweitert die Vorschrift den Begriff der Veräußerung auf die vorzeitige oder vertragsgemäße Rückzahlung einer Kapitalforderung. Mit der Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens im Streitjahr ist daher vorliegend der Tatbestand der Rückzahlung i.S.v. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG erfüllt. Eine Steuerfreiheit der zu erfassenden Einnahmen aus Kapitalvermögen besteht nicht. Wie sich aus § 37 Abs. 7 Satz 1 i.V.m Abs. 5 Satz 1 KStG entnehmen lässt, besteht eine Steuerbefreiung nur für die ausschüttende Körperschaft, nicht aber für den Zessionar. Allerdings wurde die Revision zugelassen, da die Streitfrage, wie bei einer mehrfachen Abtretung von (Teil-)Forderungen aus einem Körperschaftsteuerguthaben die Anschaffungskosten aufzuteilen sind, grundsätzliche Bedeutung hat.
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