Elektronische Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist verfassungsgemäß
BFH 14.3.2012, XI R 33/09Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die Betriebsgrundstücke an verbundene Unternehmen vermietet. Sie erstellte ihre Buchführung handschriftlich und beantragte im Dezember 2004 beim Finanzamt, ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen weiterhin in Papierform abzugeben. Seit Januar 2005 müssen Umsatzsteuer-Voranmeldungen dem Finanzamt elektronisch übermittelt werden. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten darauf verzichten. Es muss dem Antrag entsprechen, wenn die elektronische Übermittlung für den Unternehmer wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist, etwa weil die Schaffung der technischen Voraussetzungen nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Unternehmer nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt dazu in der Lage ist.
Das Finanzamt lehnte den Antrag im vorliegenden Fall ab. Die Klägerin hielt dagegen, dass der Gesetzgeber einem Unternehmer nicht vorschreiben könne, wie er den notwendigen Schriftwechsel mit den Finanzbehörden zu führen habe. Dies stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit und die Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG dar. Außerdem fehle den Geschäftsführern A. und B. aufgrund des Alters die nötige Medienkompetenz. Auf die weiteren Geschäftsführer C. und D. könne nicht abgestellt werden, da diese "lediglich formal als solche bestellt" seien.
Das FG entschied, den Antrag der Klägerin neu zu bescheiden. Zwar habe die Klägerin keinen Anspruch, von der Verpflichtung befreit zu werden, Umsatzsteuer-Voranmeldungen in elektronischer Form abzugeben. Allerdings hatte das Finanzamt die Ermessensentscheidung nicht aufgrund einer erschöpfenden Ermittlung des Sachverhalts getroffen und die Ermessensentscheidung nicht mit einer hinreichenden Begründung versehen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.
Die Gründe:
Das FG hatte im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin vom Finanzamt neu zu bescheiden ist.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Regelung in § 18 Abs. 1 UStG i.V.m. § 150 Abs. 8 AO verfassungsgemäß. Die Regelung liegt innerhalb des verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers und wahrt insbesondere die Verhältnismäßigkeit. Außerdem dient die Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung nach § 18 Abs. 1 S. 1 UStG verfassungsrechtlich legitimen Zielen.
Die automatische Weiterverarbeitung der elektronischen Daten durch die Finanzämter dient u.a. der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und erleichtert die notwendige Kontrolle. Die Regelung ist auch nicht unverhältnismäßig, denn die Härtefallregelung berücksichtigt die berechtigten Belange der Steuerpflichtigen in ausreichendem Maße. Ob die Klägerin mit Erfolg eine unzumutbare Härte hätte geltend machen können, konnte offen bleiben. Ohne Erfolg hatte die Klägerin allerdings das hohe Alter und die mangelnde Computererfahrung ihrer Geschäftsführer geltend gemacht. Beides galt zumindest für zwei ihrer insgesamt vier Geschäftsführer nicht. Dass diese nur zum Schein bestellt seien, war unerheblich.
Soweit das Finanzamt die Klägerin hinsichtlich der erforderlichen technischen Ausstattung auf den Internetzugang anderer "Konzerngesellschaften" verwiesen hatte, war diese - vom FG grundsätzlich für zutreffend gehaltene - Erwägung nicht statthaft. Denn bei der Klägerin und den anderen "Konzerngesellschaften" handelt es sich um selbständige Rechtssubjekte. Folglich kann die technische Ausstattung anderer "Konzerngesellschaften" grundsätzlich nicht der Klägerin zugerechnet werden. Letztlich sprachen die sich aus dem Steuergeheimnis gem. § 30 AO ergebenden Grenzen dagegen.
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